Fußball

Arminia clever ins Halbfinale Bielefeld flippt aus, Meier geht ins Bett

Am Ende war Jubel: Bielefeld wirft den dritten Bundesligisten aus dem Rennen und steht im DFB-Pokal-Halbfinale.

Am Ende war Jubel: Bielefeld wirft den dritten Bundesligisten aus dem Rennen und steht im DFB-Pokal-Halbfinale.

(Foto: picture alliance / dpa)

Wenn Ostwestfalen feiern, als gebe es kein Morgen mehr, dann muss etwas Besonderes passiert sein. Drittligist Arminia Bielefeld wirft Borussia Mönchengladbach aus den Pokal und zieht ins Halbfinale ein. Das ist eine echte Sensation.

Bielefeld gegen Gladbach

Bielefeld - Mönchengladbach 5:4 i. E. (1:1, 1:1)

Tore: 1:0 Junglas (26.), 1:1 Max Kruse (32., Handelfmeter).
Elfmeterschießen: 1:0 Klos, Raffael verschießt, 2:0 Dick, 2:1 Johnson, 3:1 Ulm, 3:2 Xhaka, 4:2 Brinkmann, 4:3 Brouwers, Lorenz verschießt, 4:4 Kruse, 5:4 Burmeister, Traoré verschießt
DSC Arminia Bielefeld: Schwolow - Dick, Burmeister, Salger, Schuppan - Junglas (46. Brinkmann), Schütz - Hemlein, Christian Müller (100. Ulm), Mast (76. Lorenz) - Klos
VfL Borussia Mönchengladbach: Sommer - Jantschke, Brouwers, Dominguez, Wendt - Kramer, Xhaka - Herrmann (69. Traore), Hazard (99. Johnson) - Hahn (79. Raffael), Kruse
Schiedsrichter: Wolfgang Stark (Ergolding)
Zuschauer: 26.137 (ausverkauft)

Und dann explodierte das Stadion. Fünfmal hatten die Bielefelder im Elfmeterschießen getroffen, viermal die Mönchengladbacher. Beide Mannschaften hatten je einen Strafstoß vergeben. Als Ibrahima Traoré um 21.42 Uhr zum Punkt ging, war ihm und allen anderen klar, dass er treffen musste, um sein Team weiter in der Verlosung zu halten. Tat er aber nicht. Alexander Schwolow hielt den gar nicht so schlecht geschossenen Ball - 5:4, Schluss, aus, vorbei. Die Sensation war perfekt. Klein schlägt Groß, der Drittligist den Erstligisten. Der DSC Arminia Bielefeld steht im Halbfinale des DFB-Pokals und trifft dort am 29. April auf den VfL Wolfsburg.

Nicht nur auf der Südtribüne, Heimat derer, die immer kommen, flippten heißblütige Ostwestfalen schier aus. "Europapokal, Europapokal!" Ganz so weit ist es noch nicht, aber es war ein Fest. Und falls sich irgendjemand fragt, was der Sinn des Pokals ist, sollte er sich die Bilder dieses denkwürdigen Abends anschauen. Nur einer war sichtlich bemüht, sich nicht der Euphorie hinzugeben, sondern - ganz der Profi - ans nächste Spiel zu denken.

Im Anschluss Dynamo-Videos

Bielefelds Trainer Norbert Meier sagte: "Bielefeld wird sicherlich heute feiern in der Stadt. Ich gehe jetzt nach Hause." Dort wolle er sich noch einige Videos mit Dynamo Dresden anschauen, dem Gegner am Samstag. Und sich dann hinlegen. Schließlich will die Arminia als Tabellenführer der dritten Liga am Ende der Saison aufsteigen. "Das ist unser Kerngeschäft."

22 Mann, 120 Minuten plus Zugabe - und am Ende reden alle über ihn: Bielefelds Keeper Alexander Schwolow hält den letzten Elfmeter.

22 Mann, 120 Minuten plus Zugabe - und am Ende reden alle über ihn: Bielefelds Keeper Alexander Schwolow hält den letzten Elfmeter.

(Foto: picture alliance / dpa)

Aber stolz war Meier schon, auch wenn er es zu verbergen suchte. "Das ist ein ganz besonderer Moment im Leben eines Fußballers. Die Spieler sollen das genießen und auch mit ins Bett nehmen." Schließlich hatte seine Arminia nach der Berliner Hertha und dem SV Werder Bremen den dritten Bundesligisten aus dem Wettbewerb gekegelt. Und zwar nicht irgendeinen, sondern den Tabellendritten, der eine sehr gute Saison spielt, auf dem Weg in die Champions League ist, jüngst beim FC Bayern gewonnen hat und auch beim 4:1 bei der TSG Hoffenheim am Wochenende eine famose Leistung zeigte.

Erklären kann man das letztlich nicht

Was direkt zu der Frage führt: Wie kann so etwas wie die Niederlage in Bielefeld passieren? Die Antwort darauf fällt schwer. Fest steht nur, dass die Arminen sehr clever spielten. Und nicht nur für einen Drittligisten erstaunlich abgezockt. Mit zwei Viererketten verteidigten sie ihr Tor, liefen viel, gingen engagiert in die Zweikämpfe, überließen den Gladbachern zu mehr als 75 Prozent den Ball, aber den Gegner selten damit kombinieren oder gar zu Torchancen kommen.

Sie selbst suchten immer wieder entschlossen ihre Chance in der Offensive, und fanden sie erfolgreich nach einer knappen halben Stunde, als Manuel Junglas den Außenseiter in Führung und die Alm erstmals zum Beben brachte. Ein in jeder Hinsicht traumhaftes Tor. War doch das in Erfüllung gegangen, was sich die allermeisten der 26.137 Zuschauer auf der ausverkauften Alm gewünscht hatten. Da kommt die Borussia nach Bielefeld - und ihre Arminia erzielt in diesem Viertelfinale den ersten Treffer.

Die Mönchengladbacher aber kamen aufgrund eines berechtigten Handelfmeters nur sechs Minuten später zu ihrem Tor. Max Kruse verwandelte wie stets und auch später im Strafstoßschießen sicher. Viel mehr kam dann aber vom Favoriten nicht, wie überhaupt in der restlichen Spielzeit inklusive der halbstündigen Verlängerung sich beide Teams kaum ernsthafte Torchancen erarbeiteten. Aber es war spannend, wie es sich für ein ordentliches Pokalspiel gehört.

"ich bin kein Professor"

Und auch wenn eine Niederlage in der Elfmeter-Lotterie immer unglücklich ist, müssen sich die Borussen vorwerfen lassen, dass ihnen gegen eine bissige und taktisch reife Arminia letztlich nichts, oder zumindest zu wenig eingefallen ist. Ihr Trainer Lucien Favre formulierte das so: "Wir haben probiert, Fußball zu spielen - und die Lücke nicht gefunden. Wir haben zu wenige Torchancen gehabt, um zu gewinnen. Wir sind viel gelaufen, aber nicht immer richtig und haben bei Ballbesitz oft ein wenig die Orientierung verloren."

Aber reicht das als Erklärung für diesen Coup? Die Bielefelder sind ans Limit gegangen und die Gladbacher hatten einen schlechten Tag? Selbst Meier war sich da nicht so sicher. Klar: "Jeder ist in der Lage gewesen, das Letzte aus sich rauszuholen." Und: "Wir haben wenige Chancen zugelassen." Natürlich: "Wir haben 120 Minuten absolut diszipliniert gespielt. Ich denke, das haben sie super gemacht." Hm.

Also, letzter Versuch: Herr Meier, wie haben sie das gemacht? Doch der Trainer mochte nicht "über Taktik dozieren. Ich bin kein Professor". Hatten Sie irgendwann das Gefühl, dass Ihr Plan aufgeht? "Das weiß man als Trainer nie. Das kann alles in fünf Minuten über den Haufen geworfen werden." Sprach’s, bedankte sich beim "fantastischen Publikum" - und machte sich auf den Heimweg, während die letzten Aufrechten rund ums Stadion noch feierten.

Sie standen an den Bierständen und sangen: "Ein Schuss, ein Schrei, ein Tor, Bielefeld vor. Dass unsere Stürmer spitze sind, weiß jedes Kind. Und samstags in dem Stadion, da machen wir Furore, Arminia, Arminia, wie schön sind deine Tore." Fortsetzung folgt - am 29. April. Auf dass sie Alm wieder bebe.

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen