Fußball

Pfeilschnell und schmerzbefreit "Blitzkugel" verzückt Hertha in 30 Minuten

Nationalspieler Süle hatte mit Radonjic ordentlich zu tun.

Nationalspieler Süle hatte mit Radonjic ordentlich zu tun.

(Foto: imago images/ActionPictures)

Im Heimspiel gegen den FC Bayern überzeugt die Hertha, kann den Rekordmeister aber nicht ärgern. Ein Winterneuzugang, der nicht Sami Khedira heißt, begeistert die Blau-Weißen innerhalb von 30 Minuten.

Lange brauchte Nemanja Radonjic nicht, um im verschneiten Olympiastadion auf Betriebstemperatur zu kommen. Gegen die FC Bayern stand der serbische Nationalspieler keine 30 Sekunden auf dem Platz, da warf er zum ersten Mal den Turbo an. Arsenal -Leihe Matteo Guendouzi schickte Dodi Lukebakio, der legte quer auf den Neuzugang: Seinen ersten Ballkontakt versenkte Radonjic direkt im Tor der Münchner. Dass der Debüttreffer wegen gleich doppelter Abseitspositionen (Lukebakio und Radonjic) nicht zählt - geschenkt. Obwohl er erst in der 63. Minute eingewechselt wurde, stach er aus einer starken Hertha-Mannschaft noch einmal heraus.

Wo seine Stärken liegen, weiß der Winterzugang genau: Schnelligkeit, gutes Dribbling und Beidfüßigkeit. Bei seiner Vorstellung prahlte der Serbe, dass er in seinem letzten Spiel für Olympique Marseille mit einer Höchstgeschwindigkeit von 37 km/h gemessen wurde. Gegen die Bayern lieferte er in seinen 30 Minuten eine beeindruckende Kostprobe seiner Qualitäten ab. Immer wieder überholte er Niklas Süle mühelos, beschäftigte den Defensivverbund des Rekordmeisters ständig und zwang sogar Leroy Sané zum Aushelfen am eigenen Sechszehner. Wenige Minuten später hebelte er die rot-weiße Defensivreihe mit einem Pass aus und setzte Guendouzi in Szene.

Verpflichtet vom Chaos-Klub

Hertha-Trainer Pal Dardai war nach dem Schlusspfiff sichtlich erfreut über seine neue pfeilschnelle "Blitzkugel": "Für die Fans wird das noch viel Spaß sein." Erst am Montag, dem letzten Tag der Wintertransferphase, wurde der Serbe vom französischen Chaos-Klub Olympique Marseille verpflichtet. Mit seinen nur sporadischen Einsätzen war der 24-Jährige nicht mehr zufrieden. Er habe immer wieder gute Spiele gemacht, wusste dann aber nicht, ob er beim nächsten Mal wieder in der Startelf stehe.

In Berlin soll das anders werden. Auch, wenn es mit der Hertha nicht unbedingt eine Liebe auf den ersten Blick war. Übergangs-Sportdirektor Arne Friedrich beteuert zwar, dass man den flinken Flügelspieler schon länger "auf dem Zettel" hatte, zur ganzen Wahrheit gehört aber auch, dass eigentlich ein viel prominenterer Name an die Spree gelockt werden sollte. Zusammen mit der halben Bundesliga und einigen Premier-League-Klubs jagte man schon im Sommer den Bremer Milot Rashica. Werder blockte jedoch sämtliche Wechselversuche nach Leipzig oder zu Aston Villa ab. Nach Rashicas enttäuschender Werder-Hinrunde klopfte die "Alte Dame" im Winter erneut in Bremen an. Diesmal schienen die Chancen auf einen Transfer besser, scheiterten aber letztendlich erneut an Bremer Ablöseforderungen.

Nun also Hertha. Der "kleine Bulle" (Zitat Friedrich) soll das Flügelproblem der Hertha beheben. Für die linke Seite war eigentlich der hochtalentierte Javairo Dilrosun vorgesehen. Dessen frustrierende Unzuverlässigkeit kostet inzwischen auch Dardai Nerven: "Er ist ständig verletzt. Er macht ein ordentliches Spiel, dann ein gutes Spiel. Und dann verletzt er sich wieder." Auf der linken Offensivseite gab es deshalb im Laufe der Saison allerhand Experimente. Auch dem geschuldet, dass Ex-Trainer Bruno Labbadia die Positionsbeschreibungen einiger Spieler eher frei interpretierte. Am häufigsten lief es dann auf Matheus Cunha hinaus.

Solche "verrückten Typen" will Dardai

Auf der rechten Seite sieht es ähnlich dünn aus. Dodi Lukebakio, einst Herthas Rekordtransfer, sollte dort eigentlich für Gefahr sorgen. Doch an seiner Form verzweifelte Labbadia immer wieder. Häufig traf der Belgier im Offensivspiel falsche Entscheidungen oder arbeitete in der Rückwärtsbewegung eher sporadisch mit. Bei der 1:4-Klatsche gegen Werder warf er Lukebakio aus "sportlichen Gründen" sogar aus dem Kader. Unter Dardai trat der 23-Jährige zuletzt deutlich motivierter auf und zeigt auch gegen die Bayern eine engagierte Leistung. Joker Matthew Leckie kam zuletzt eher selten für einen Startelfplatz infrage.

Jetzt ist Radonjic also da. In seinem ersten Kurzeinsatz zeigte er, dass er sich einiges vorgenommen hat. "Solche verrückte Jungs brauche ich", so Dardai bei "DAZN". Taktisch bietet Radonjic' Ankunft dem Trainer mehr Variabilität im Offensivspiel, einen ersten Fingerzeig gab es schon gegen die Bayern. Statt auf die eher klassischen Strafraumstürmer Jhon Cordoba oder Krzysztof Piatek zu setzen, die fürs Kontern eher nicht die richtigen sind, gibt es nun die Möglichkeit, Dodi Lukebakio zentral und Radonjic und Cunha über die Flügel aufzustellen und so deutlich mehr Tempo im Spiel nach vorne zu haben.

Neben Sami Khedira ist der Serbe der zweite Winterneuzugang der Hertha. Für Dardai bringt er etwas Ungewohntes mit. "Er ist gut angekommen", so der Ungar über seinen neuen Flügelspieler. Auch, weil er wohl keine lange Eingewöhnungszeit brauchte. "Einfach schmerzfrei hat er so getan, als wäre er schon 100 Jahre hier gewesen", plaudert der verwunderte Dardai aus. Radonjic ist halt nicht nur auf dem Platz pfeilschnell.

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen