Fußball

0:37-Niederlage wegen Corona "Böhmermann hat damit nichts zu tun"

Gleich 37-mal schlug der Ball im Tor ein.

Gleich 37-mal schlug der Ball im Tor ein.

(Foto: Jan Woitas/dpa-Zentralbild/dpa/Symbolbild)

Das Spiel der Woche kommt aus dem Amateurfußball: Aus Angst vor dem Coronavirus tritt die SG Ripdorf Molzen II mit nur sieben Spielern an. Der Gegner SV Holdenstedt II kennt keine Gnade und gewinnt 37:0. Patrick Ristow, der 2. Vorsitzende von Germania Ripdorf, erklärt im ntv.de-Interview, warum seinem Team die Abstands- wichtiger ist als die Abseitsregel.

Zunächst mal: Das war kein abgemachter Spaß, ein Fake, also ein im wahrsten Sinne des Wortes abgekartetes Spiel?

Ristow (lacht): Die Frage hat noch niemand gestellt. Aber egal. Das war ...

Na halt mal, es könnte doch Jan Böhmermann oder irgendeine Fernsehshow dahinter stecken.

Patrick Ristow ist 2. Vorsitzender von Germania Ripdorf.

Patrick Ristow ist 2. Vorsitzender von Germania Ripdorf.

(Foto: Ristow)

(lacht noch doller) Lustiger Gedanke. Aber nein, so war es nicht. Auch Böhmermann hat mit der Sache nichts zu tun. Das war wirklich so, wie es die Medien berichtet haben. Wir wussten, dass ein Spieler von Holdenstedt kürzlich Kontakt zu einem Corona-Infizierten hatte und die üblichen zwei Wochen Inkubationszeit noch nicht rum waren.

Das war für Ihren Verein ein zu hohes Risiko?

Unsere Spieler haben sich unsicher gefühlt. Einer ist gerade Papa geworden, der Vater eines anderen Mannschaftsmitglieds hat eine Lungenentzündung. Wir haben gebeten, die Partie zu verschieben. Wir hätten uns schon mit einer Woche zufriedengegeben. Unser Gegner wollte das aber nicht, weil das Team und Personen drumherum getestet worden waren.

Warum haben Sie nicht einfach abgesagt?

Das ging nicht, da wir dann Strafe hätten zahlen müssen. 150 bis 200 Euro sind für einen kleinen Verein wie unseren eine Menge Geld, erst recht in Zeiten wie diesen. Deshalb haben die Spieler gesagt: "Wir treten zwar an, halten aber Mindestabstand." Das fand die Vereinsführung akzeptabel. Allen war klar, dass das ein unsinniges Spiel wird und so zu Ende geht, wie es dann passiert ist.

Stimmt es, dass nur sieben statt elf Spieler Ihrer Mannschaft auf dem Platz standen?

Ja. Sieben hatten sich freiwillig gemeldet. Das ist das Minimum an Spielern, das antreten muss, um eine Strafe zu verhindern.

Dann ist ja 37:0 noch recht ordentlich, oder?

Das kann man so sehen. Wir hätten auch höher verlieren können.

Das Ganze war also kein Protest gegen was auch immer?

Nein, ganz und gar nicht. Ich betone auch ausdrücklich, dass wir mit unserem Verhalten Holdenstedt nichts Böses wollten. Der Verein wird nun angefeindet mit der Begründung, die hätten das Spiel nicht verlegt. Das tut mir echt leid.

Können sie verstehen, dass Ihr Gegner immer weiter auf Torejagd ging, obwohl Ripdorf auf jeden Körpereinsatz verzichtete?

Damit mussten wir rechnen, haben wir auch getan. Klar, Holdenstedt hätte auch anders handeln können. Wir machen denen trotzdem keinen Vorwurf, dass die 90 Minuten Tore geschossen haben. Auch wir hätten uns anders verhalten können.

Wie denn?

Wir hätten mit mehr Nachdruck darauf dringen können, das Spiel zu verlegen. Hinterher ist man eben immer schlauer.

Christian Röhling, Vorsitzender des Fußball-Kreises Heide-Wendland, sprach von einer "absoluten Frechheit". Er ist auf die Teams sauer und sagte dem SID: "Beide in den Sack, Knüppel drauf - da triffst du immer den Richtigen."

Wir haben schon mit ihm gesprochen und die Sache ausgeräumt. Er will auf eine Strafe verzichten, hat sich für seine Wortwahl entschuldigt, aber auch an uns appelliert, die Angelegenheit im Gespräch zwischen den Vereinen zu klären. Das tun wir. Deshalb können wir alle wieder langsam entspannt sein.

Was sagen Ihre Fans?

Als Vorstadtverein haben wir keine große Fanbase. Unsere Mitglieder sind vor allem überrascht über den riesigen Medien-Hype.

Haben Sie damit gerechnet, weltweit Schlagzeilen zu machen?

Niemals. Dass die örtliche Presse darüber berichtet, ja. Aber nicht, dass der NDR dazu was macht. Das war schon ein Schritt, wo ich dachte: Okay, warum jetzt? Als dann die dpa eine Meldung brachte, lief es bundesweit. Und nun erhalten wir Anfragen von Medien aus aller Welt.

Kriegen sie wütende Mails von Außenstehenden?

Ja, sowohl beleidigende, die uns unterstellen, wir seien hysterisch, als auch Lobeshymnen auf unser Verhalten. Wir wissen natürlich, dass man das so oder so sehen kann.

Ihr Team hat schon die Woche davor gegen den MTV Römstedt II zweistellig verloren, genau gesagt: 0:11. War das eine rein sportliche Niederlage?

Ja, das hatte mit Corona nichts zu tun.

Ist es normal, dass Sie so hoch verlieren?

Nein, eigentlich nicht. Aber in der Kreisklasse ist es generell keine Seltenheit, dass die Ergebnisse so klar ausfallen.

Mit Patrick Ristow sprach Thomas Schmoll

Quelle: ntv.de

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