Direkter Klassenerhalt abgehakt Bremer Traumstarter kapitulieren in Raten
08.03.2020, 10:37 Uhr
Das 2:2 hilft niemandem.
(Foto: imago images/Bernd König)
Fußball-Bundesligist Werder Bremen ist ganz nah dran am Dreier im Krisen-Duell gegen Hertha BSC. Und doch müssen sich die Grün-Weißen nach einer verspielten 2:0-Führung mit einem Punkt zufrieden geben. Sportchef Frank Baumann ruft umgehend ein neues, sehr bescheidenes Saisonziel aus.
In der 82. Minute des Krisen-Duells zwischen Hertha BSC und Werder Bremen leuchtete auf der Auswechseltafel des vierten Offiziellen die Nummer sieben auf. Bremens Toptorjäger Milot Rashica stapfte frustriert vom Platz und warf sich auf die Bank - kein Handshake mit dem eingewechselten Yuya Osako, kein Austausch mit Trainer Florian Kohfeldt. Zu sehr frustrierte der Spielstand von 2:2 - wieder keine drei Punkte im Abstiegskampf. Dabei hatte das Spiel für die Bremer vielversprechend begonnen.
Werder startete furios - die Dringlichkeit, die drei Punkte unbedingt mitnehmen zu müssen, war spürbar. Nach drei Minuten erzielte Josh Sargent die Bremer Führung, kurz danach brachte Davy Klaassen den Ball nach einer Rashica-Flanke über die Linie. 2:0 für Werder Bremen und das nach sechs Minuten, ein Traumstart im Duell der Verunsicherten.
Die Berliner waren völlig überfordert, wirkten planlos und unsicher. Erst nach einer guten Viertelstunde fand die Mannschaft von Trainer Alexander Nouri ins Spiel. Und Werder Bremen? Beschränkte sich nach der Führung auf die Defensive und überließ den Berlinern das Spiel. Das rächte sich schon zum Ende der ersten Hälfte: Herthas Niklas Stark setzte sich gegen Kevin Vogt und Niklas Moisander durch und köpfte einen Freistoß an Stefanos Kapino vorbei ins Tor - 2:1.
"Zwei verlorene Punkte"
Auch nach der Pause war von den Bremern nicht mehr viel zu sehen. Berlin drängte auf den Ausgleich und wurde in der 60. Minute belohnt. Nachdem Werder-Keeper Kapino einen Schuss von Maximilian Mittelstädt unglücklich nach vorne abwehrte, fällt der Ball Matheus Cunha vor die Füße. Der ließ sich nicht lange bitten und brachte Hertha den hoch verdienten Ausgleich. In der Schlussphase der Partie gab es noch eine kurze Schrecksekunde für die Bremer, als Schiedsrichter Guido Winkmann in der 79. Minute auf Elfmeter entschied - doch der Video-Assistent griff ein, der Elfmeter wird zurecht nicht gegeben.
Und so geht ein schwaches Abstiegsduell zweier Kontrahenten mit einem Unentschieden zu Ende - ein Punkt mit dem beide nicht so richtig etwas anfangen können. "Das war ein Spiel mit zwei verschiedenen Gesichtern. Ich muss meiner Mannschaft ein Kompliment machen, wie sie in den ersten 25 Minuten hier aufgetreten ist. Wir haben das Spiel dann aus der Hand gegeben. Somit müssen wir mit dem einen Punkt leben. Für mich sind es zwei verlorene Punkte", sagte Bremens Coach Florian Kohfeldt.
Für Werder Bremen musste eigentlich ein Sieg her - das wurden die Verantwortlichen im Vorfeld der Partie nicht müde zu betonen. Umso frustrierter waren alle Beteiligten angesichts der verspielten zwei Punkte. "Gefühlt ist es eine Niederlage", resümierte Florian Kohfeldt. "Wir bringen den Gegner, der gefühlt fast schon tot war, durch eigenes Verschulden wieder ins Spiel", befand Kevin Vogt, an diesem Tag bester Bremer auf dem Platz. Und auch Kapitän Niklas Moisander kann sich nicht zur Freude über zwei Tore und einen Punkt hinreißen lassen: "Wir hatten einen perfekten Start und haben dann nach 20 Minuten das Fußballspielen eingestellt. Das war unser großes Problem. Wir bringen unsere Leistung nicht über die volle Distanz. Den einen Punkt nehmen wir mit. In unserer Situation ist das aber einfach zu wenig."
Die Relegation ist das neue Ziel
Nachdem die Klub-Chefs im Vorfeld der Saison noch das Ziel Europa ausgegeben hatten, ruderte Sport-Chef Frank Baumann am Abend im "Aktuellen Sportstudio" deutlich zurück. "Wir wollten in der Vorbereitung zu viel. Wir waren zu ehrgeizig und haben deswegen Fehler gemacht." Angesichts der anhaltenden Krise hat Baumann jetzt das Erreichen des Relegationsplatzes als neues Ziel ausgegeben. "Alles andere wäre unrealistisch", sagte der 44-Jährige. Für Werder zähle jetzt nichts anderes, als "die Klasse zu halten - egal wie". Der direkte Klassenerhalt scheint also abgehakt.
Nach dem 2:2 bei Hertha und dem sechsten Liga-Spiel in Folge ohne Sieg, steht Bremen auf dem vorletzten Rang - das hieße direkter Abstieg. Doch auch wenn diese Saison laut Baumann "die schlechteste Saison der Vereinsgeschichte" ist, gibt es für den Sportchef keinen Grund über den Trainer zu diskutieren: "Wir haben einen richtig guten Trainer", betonte Baumann beim ZDF. Eine Garantie gäbe es für den Trainer zwar nicht, aber Baumann sei überzeugt mit Kohfeldt die Klasse zu halten. Dann muss aber im nächsten Spiel wirklich mal ein Sieg her - gegen derzeit begeisternd aufspielende Leverkusener wird das allerdings nicht einfacher.
Quelle: ntv.de