Gibraltars Fußballwunder Casciaro will Celtics Knalltüten narren
20.07.2016, 12:34 Uhr
Ein Küsschen für den Torschützen: Lee Casciaro.
Seine Schicht als Polizist hat er getauscht, nun ist Lee Casciaro bereit für das größte Wunder in Gibraltars Fußballgeschichte. Mit seinem Lincoln Red Imps FC will er nach dem Sieg im Hinspiel auch bei Celtic in Glasgow reüssieren.
Natürlich ist Lee Casciaro heute dabei. Obwohl, ganz so einfach ist die Sache nicht. Der Mann, der den Lincoln Red Imps FC vor acht Tagen in der zweiten Runde der Qualifikation zur Champions League zum 1:0 gegen Celtic Glasgow geschossen hat, arbeitet als Polizist - und war heute Abend zum Dienst eingeteilt. Aber er hat, wie "The Gibraltar Olive Press" eigenen Angaben zufolge exklusiv herausfand, einen Kollegen gefunden, der für ihn in dieser Woche die Zwölf-Stunden-Schichten übernimmt. "Wenn ich zurück bin, übernehme ich seine. Das war der einzige Weg."
Und so ist er bereit, wenn ab 20.45 Uhr beim Rückspiel im Celtic-Park "das größte Spiel in Gibraltars Fußballgeschichte" steigt. Dabei ist es nicht so, dass Lee Casciaro mit seinen 34 Jahren noch nie etwas gewonnen hätte. Die Red Imps dürfen sich ohne Übertreibung als Serienmeister bezeichnen. Seit 2003 haben sie 14 Mal in Folge den nationalen Titel in der zehn Teams umfassenden Gibraltar Premier Division auf der Mini-Halbinsel mit ihren knapp 33.000 Einwohnern gewonnen. In der Vorsaison schafften sie es ebenfalls in die zweite Runde der Königsklassenqualifikation, unterlagen aber dem dänischen Meister FC Midtjylland mit 0:1 und 0:2. Der Sieg gegen den schottischen Meister nun war ein Coup. "Das ist das Größte, das ich in Gibraltar erreicht habe. Gegen einen europäischen Giganten wie Celtic Glasgow zu gewinnen bleibt mir für den Rest meines Lebens", sagte Casciaro. "Wir werden sehen, wie das Rückspiel läuft."
"Nicht gewohnt, auf Rasen zu spielen"
Und der Mittelstürmer kennt sich in Glasgow aus. Am 29. März vergangenen Jahres erzielte er im Hampden Park beim 1:6 in der EM-Qualifikation das erste Pflichtspieltor für Gibraltar, das erst seit drei Jahren Mitglied der Uefa ist. Nach seinem Siegtreffer gegen Celtic hatte er von Kapitän Roy Chipolina ein Küsschen erhalten. "Es ist verrückt", sagte der. "Ich hätte nie geglaubt, dass Wunder geschehen, aber das ist ein Wunder." Es war am Dienstag vergangener Woche drei Minuten nach der Pause vor 1632 Zuschauern im fast ausverkauften Victoria-Stadion das erste Tor der Halbprofis gegen ein echtes Profiteam.
Die Schotten waren konsterniert, die Reaktionen harsch. "Imps 1 Wimps 0", schrieb die "Scottish Sun" über die "Knalltüten" (Wimps) des neuen Trainers Brendan Rodgers, der gleich im ersten Spiel einen Albtraum erlebte. Der "Daily Record" schimpfte nach der "peinlichsten Niederlage der Geschichte" über die "Schlappschwänze", die "Daily Mail" urteilte: "Metzger, Bäcker und Kerzenmacher hielten den schottischen Giganten zum Narren, eine infernalische Nacht." Und nun? Es wird schwer vor 60.000 Zuschauern im Parkhead zu Glasgow, auch, "weil wir nicht gewohnt sind, auf Rasen zu spielen", wie Lee Casciaro sagte, dessen Brüder Kyle und Ryan als Linksaußen und Innenverteidiger ebenfalls zur Mannschaft gehören. "Aber wir wollen Spaß haben."
Das heißt nicht, dass er nicht an sich, sein Team und eine kleine Chance auf das große Wunder glaubt. "Die Leute erwarten, dass Celtic drei, vier, fünf Tore gegen uns schießt", zitiert ihn die "Sun". "Aber ich sehe nicht, dass das passieren wird. Eine Torchance genüge ihm gegen den Favoriten. "Und ich denke, ich werde sie bekommen." Es sei schließlich so: "Wir führen mit 1:0. Und wenn wir wieder treffen, braucht Celtic drei Tore." Wenn ihnen das tatsächlich gelingt, geht das Märchen weiter. Und das schon in der kommenden Woche. Am Mittwoch, den 27. Juli, wäre der Gegner in Runde drei dann entweder der FC Astana aus Kasachstan oder der FK Žalgiris aus der litauischen Hauptstadt Vilnius. Bleibt die Frage, wer dann mit Lee Casciaro die Schichten tauscht.
Quelle: ntv.de