Fußball

Kennet Eichhorn wächst zu schnellDas 16-jährige Fußball-Phänomen, das die Superklubs verrückt macht

03.12.2025, 10:45 Uhr
imageVon Tobias Nordmann
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Sein Weg nach oben scheint nicht aufzuhalten zu sein: Kennet Eichhorn. (Foto: REUTERS)

Hertha BSC versohlt dem 1. FC Kaiserslautern im Achtelfinale des DFB-Pokals tüchtig den Hintern. Der Trainer der Roten Teufel ist fassungslos. Die Berliner dagegen können den eigenen Spielwitz und einen 16-Jährigen kaum begreifen.

Im Sommer war der Frust groß bei Hertha BSC. Mit Ibrahim Maza hatten sie ihr wohl größtes Talent verloren. Der Spielmacher zog in die Bundesliga weiter, zu Bayer Leverkusen. Nicht mal ein halbes Jahr später haben sie Maza in Berlin vergessen. Weil ihnen ein gerade einmal 16-Jähriger den Kopf verdreht. Und nicht nur ihnen. Kennet Eichhorn soll nahezu alle großen Vereine in Europa in Alarmstimmung versetzt haben. Da wächst etwas heran in Berlin. Und wie das aussieht, das bekamen sie am Dienstagabend im DFB-Pokal ein weiteres Mal eindrucksvoll präsentiert. Hertha zerfetzte den 1. FC Kaiserslautern mit 6:1. Dank Eichhorn.

Das schönste Tor am Abend hatte er nicht geschossen. Immerhin diesen nicht offiziellen Titel musste der spätere "Man of the match" seinem Kollegen Marten Winkler überlassen. Der hatte sich vor dem 2:0 am eigenen Strafraum den Ball geschnappt, war über das ganze Feld gesprintet, hatte gedribbelt, geschossen und gejubelt. Das war wirklich eine Sahnetor. Danach aber übernahm Eichhorn. Die Regie im Berliner Mittelfeld und die Verantwortung für das 3:0 (31.), das Lautern auch die letzte Hoffnung raubte. Marton Dardai hatte einen prima Pass in die Tiefe gespielt, Winkler ihn für Eichhorn durchgelassen und der ganz lässig vollendet.

Eichhorn löst Bellingham ab

Der Berliner Junge machte sich damit historisch. Nie zuvor war ein Torschütze im DFB-Pokal jünger gewesen. Eichhorn löst mit seinen 16 Jahren und 128 Tagen Jude Bellingham ab. Dieser war bei seinem Treffer für Borussia Dortmund gegen den MSV Duisburg im September 2020 17 Jahre und 77 Tage alt. Nur im Vorgängerwettbewerb des DFB-Pokals gab es aber jüngere Torschützen.

Ob Eichhorn trifft oder nicht, das ist für Hertha gar nicht so wichtig. Er nimmt eine ganz andere Rolle ein. Ein bisschen wie der junge Toni Kroos kommt er daher. Er fordert die Bälle und verteilt sie. Er diktiert, was passiert. Er sorgt mal für Ruhe, mal für Tempo. Er scheut keinen Zweikampf, auch wenn sein Timing ihm bisweilen regelmäßig Gelbe Karten einbringt. Aber ein bisschen Luft nach oben sollte bei einem 16-Jährigen schon noch sein. Ganz im Sinne der Hertha, die ihn gerne noch eine Weile festhalten will, bevor er in die große Welt losfliegt.

Hertha BSC - 1. FC Kaiserslautern 6:1 (3:1)

Tore: 1:0 Schuler (5.), 2:0 Winkler (21.), 3:0 Eichhorn (31.), 3:1 Ritter (45.+2), 4:1 Schuler (60.), 5:1 Kownacki (75.), 6:1 Krattenmacher (80.)

Hertha BSC: Ernst - Gechter, Leistner, Dardai (79. Karbownik), Kolbe - Seguin (79. Demme), Eichhorn - Winkler (79. Thorsteinsson), Cuisance, Reese (71. Krattenmacher) - Schuler (71. Kownacki). - Trainer: Leitl

Kaiserslautern: Simoni - Elvedi (46. Robinson), Kunze, Gyamfi - Sirch, Skytta, Sahin (83. Aremu), Kleinhansl (74. Haas) - Abiama (62. Alidou), Ritter - Prtajin (74. Hanslik). - Trainer: Lieberknecht

Schiedsrichter: Sascha Stegemann (Niederkassel)

Gelbe Karten: Dardai (3) - Skytta (2), Gyamfi (2), Ritter

Zuschauer: 51.193

Seine rasende Entwicklung lässt sich auch am Marktwert ablesen. Als er im August erstmals spielte, stufte ihn das Portal transfermarkt.de mit drei Millionen Euro ein. Das toppte noch einmal den Wahnsinn der Werte, an den man sich ja bereits gewöhnt hatte. Mittlerweile steht er bei sechs Millionen Euro, es ist nur ein Wegmarke, die er schon bald pulverisieren wird.

In der Gerüchteküche gibt es längst kein Halten mehr. Der FC Bayern wird als Interessent genannt, der BVB, Bayer Leverkusen, die Eintracht aus Frankfurt, Real Madrid, der FC Barcelona, PSG und Manchester United. Was davon stimmt und was nicht, das spielt keine große Rolle. Dass diese Namen kursieren, illustriert den Hype. In Berlin wissen sie eh, dass Eichhorn bei gleichbleibendem Entwicklungstempo schon sehr bald nur noch eine schöne Erinnerung sein wird. Womöglich endet die gemeinsame Zeit schon im kommenden Sommer. Vielleicht bleibt er noch eine Saison. Je erfolgreicher die Berliner sind, im Pokal und in der 2. Liga, desto besser dürften sportliche und finanzielle Argumente sein.

Leitl war vom ersten Tag weg fasziniert

Noch steht Eichhorn mit seinen Schlagzeilen im Schatten der anderen Youngster, die den deutschen Fußball derzeit faszinieren. Etwa Bayern Münchens Flügelstürmer Lennart Karl, oder das Kölner Juwel Said El Mala. Die spielen aber beide 1. Liga und haben eine ganz andere Bühne als Eichhorn.

In Berlin wissen sie diesen Vorteil noch zu schätzen. "Kennet ist ein unfassbar großes Talent. Seit ich ihn das erste Mal gesehen habe, war da die Überzeugung, dass er in der zweiten Liga spielen kann. Dass er konstant diese Leistung bringt, haben wir nicht erwartet", sagte Trainer Stefan Leitl nach der Pokal-Gala gegen den Liga-Rivalen.

In der ersten Halbzeit waren die Berliner gnadenlos über ihren Gegner hergefallen, der wusste überhaupt nicht, wie ihm geschah. Trainer Torsten Lieberknecht "schämte" sich angesichts der Leistung "in Grund und Boden". Er sah eine "Nicht-Leistung", die absolut "unentschuldbar ist." Herthas Doppeltorschütze Luca Schule sah die Dinge so: "Das war ein unfassbar geiles Spiel. Eigentlich haben wir denen heute den Arsch versohlt."

Die Herthaner feierte eine magische Nacht, das magische Eichhorn und gedachten in der riesigen Glückseligkeit ihrem verstorbenen Präsidenten Kay Bernstein. Der hatte nicht nur den Berliner Weg ausgerufen, für den Jungs wie Eichhorn stehen, der hatte auch vom Pokalsieg geträumt. Kurz vor seinem Tod im Januar des vergangenen Jahres war Hertha ausgerechnet gegen Kaiserslautern rausgeflogen. Kapitän Fabian Reese postete noch in der Gala-Nacht nun: "Kay ... du wirst von oben auf uns schauen, heute wie immer ... Den Sieg waren wir dir noch schuldig."

Quelle: ntv.de

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