Fußball

Chancenwucher, Wut, Pokal-K.-o.Der BVB kann nicht fassen, dass es keinen Elfmeter gibt

03.12.2025, 06:41 Uhr
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Der BVB verschwindet aus dem DFB-Pokal. (Foto: IMAGO/STEINSIEK.CH)

Auf dem kürzesten Weg zu einem Titel biegt der BVB früh ab. Im DFB-Pokal scheitert die Mannschaft daheim gegen Bayer Leverkusen. Dabei ist sie zumindest statistisch klar überlegen. Eine Szene sorgt für großen Ärger.

Ibrahim Maza kann sich derzeit vor großen Schlagzeilen kaum noch retten. Die "Süddeutsche Zeitung" etwa nannte den 20-Jährigen vor wenigen Tagen erst einen "Superlerner". Supertrainer Pep Guardiola war zuletzt begeistert vom Talent von Bayer Leverkusen. Und auch der eigene Trainer Kasper Hjulmand zeigte sich beeindruckt davon, wie rasant sich der Mittelfeldspieler entwickelt, der eigentlich ein Zehner sein will, doch bei der Werkself etwas tiefer aufgestellt wird. Das ist vielleicht ganz gut so, denn so umschifft er zumindest ein paar der großen Vergleiche, die ohnehin schon bemüht werden: Dass Maza der neue Florian Wirtz sein könnte.

Gegen Borussia Dortmund, im Achtelfinale des DFB-Pokals, schrieb der 20-Jährige seine große Erzählung an diesem Dienstagabend einfach weiter. Die einst in Berlin bei den Reinickendorfer Füchsen begann und ihn dann zur Hertha führte, wo er von Ex-Coach Pal Dardai eingeflüstert bekam: "Du bist von Gott mit einem Riesentalent gesegnet. Bitte bleib fleißig!" In der 34. Minute vollendete er, der gesegnete Maza, einen brillant vorgetragenen Konter der Leverkusener vom eigenen Strafraum zum 1:0. Es blieb das einzige Tor an diesem Abend. Leverkusen steht in Viertelfinale, der BVB weint um die nächste vergebene Titelchance.

"Wir haben ein ordentliches Spiel gemacht, aber in der zweiten Halbzeit hat uns die Durchschlagskraft gefehlt", sagte Dortmunds Nationalspieler Nico Schlotterbeck in der ARD: "Das tut extrem weh, ich bin extrem niedergeschlagen." Trotz dass es in der Liga und der Champions League durchaus gut läuft, der Titel dort aber ungleich schwerer zu holen ist, steht der BVB wohl vor einer weiteren Saison ohne Trophäe. Zum dritten Mal in Folge war für die Westfalen im DFB-Pokal schon vor dem Viertelfinale Endstation. "Wir hatten natürlich das Ziel ausgegeben, nach Berlin zu fahren. Dafür mussten wir heute aber gewinnen, das haben wir nicht gepackt. Das ist eine Enttäuschung", sagte Sportdirektor Sebastian Kehl.

"Das ist klar Rot und Elfmeter"

Schlotterbeck war in dieser 34. Minute ganz vorn ins Pressing gegangen und wurde mühelos umspielt. Der Nationalspieler fehlte hinten und die Bayer-Profis kamen mit klugen Pässen rasch nach vorn. Alejandro Grimaldo steckte schließlich auf Maza durch, der sich mit Glück im Getümmel gegen die kurz irrlichternden Emre Can und Waldemar Anton durchsetzte und den Ball so perfekt zwischen ihnen hindurch mogelte, dass Torwart Gregor Kobel als letzte Instanz chancenlos war.

Die Dortmunder waren restlos bedient. Sie lagen hinten, obwohl sie so gerne einen Elfmeter gehabt hätten. Eine Viertelstunde vor dem K.-o.-Schlag war Carney Chukwuemeka im Strafraum zu Fall gekommen. Jarell Quansah hatte den Offensivspieler in sehr guter Position klar gehalten. Trainer Niko Kovac konnte nicht fassen, dass diese Aktion nicht bestraft wurde. "Wenn er mit beiden Armen umarmt und gehalten wird, dann denke ich, sollte man schon nachdenken und pfeifen", sagte Kovac. Sein Bruder Robert war beim Halbzeitinterview bei Sky noch deutlicher geworden: "Das ist klar Rot und Elfmeter." Und Sportdirektor Sebastian Kehl versteht einfach nicht mehr, ob und wann der VAR eingreift und wieso. Er hält das Vorgehen für "inkonsequent".

Ob die Szene spielentscheidend war? Nein, auch das betonte Kovac, am Schiedsrichter habe es nicht gelegen. "Das soll keine Ausrede sein, um Gottes Willen", so der Coach. Zumindest aber hätte die Partie, die nur drei Tage nach dem Bundesliga-Sieg der Borussen in der BayArena stattfand, in eine andere Richtung, die des BVB, kippen können. Und so hatte Kovac nach Abpfiff reichlich Redebedarf, den er bei Schiedsrichter Tobias Stieler anmeldete. Der erklärte seine Entscheidung damit, dass es aus seiner Sicht "deutlich zu wenig" für einen Elfmeter war. "Ich sehe ein Halten, aber ein minimales Halten. Was ich auch sehe, ist, dass der Spieler nach oben guckt und sieht, dass er den Ball nicht mehr kriegt, dann dieses Halten spürt, dankend annimmt und zu Boden geht."

"Es werden viele spekulieren, aber ..."

Doch war nach dieser Szene reichlich Zeit, die Dinge auf die eigene Seite zu ziehen. Die Dortmunder, bei denen Serhou Guirassy überraschend auf der Bank saß, spielten erstaunlich mutig nach vorn. Sie spielten bisweilen guten Fußball. Etwas, das ihnen nicht immer gelingt, was Trainer Kovac nicht unbedingt schmeichelt. Aber bislang ging dieser Destruktivismus meistens gut, sodass die Dortmunder in der knallharten Welt des Fußballs, dem Ergebnis, ganz gut aufgestellt waren. Bei den Borussen tat sich Karim Ademeyi als unermüdlicher Dribbler und Abschlussspieler hervor, aber er verzog stets oder knallte den Ball an irgendein Bayer-Bein.

Dass Guirassy nicht spielte, soll indes keine Abmahnung für seinen zuletzt verweigerten Handschlag gewesen sein, wie Kovac unbedingt betonte. "Es werden viele spekulieren, aber ich will gleich mal den Wind aus den Segeln nehmen", sagte der Trainer. "Das hat überhaupt nichts mit der Vorgeschichte zu tun, er hat im Pokal in Frankfurt auch nicht von Anfang an gespielt. Das hat nichts mit dem letzten Spiel zu tun. Wir wollen ein bisschen Frische reinbringen." Für den Torjäger rückte Fabio Silva rein, der seit Wochen auf eine große Chance lauert. Auch er war umtriebig, hatte gute Szenen, aber das Glück nicht auf seiner Seite.

"Das kann man nicht wieder besser machen"

Die Dortmunder schossen aufs Tor, flankten in den Strafraum, versuchten alles. Aber das allermeiste blieb harmlos gegen diesen Gegner, der das Spiel der Borussen in dieser Saison gespiegelt hatte. Bayer stand extrem tief und sehr robust. Topchancen gab's fast nicht. Nur kurz vor der Pause wurde es mal über einen längeren Zeitraum nachhaltig druckvoll. Erst verhinderte Robert Andrich kurz vor der Linie den Ausgleich gegen Adeyemi (40.), dann verfehlte der BVB-Angreifer das Tor nur knapp (42.). "Wir haben uns das Glück heute erarbeitet", resümierte Andrich: "Wir haben schon auch viel gelitten, aber Spaß daran gehabt." Trainer Hjulmand lobte die gerade in der zweiten Halbzeit starke Defensivleistung. "Es war schwierig. Wir haben gekämpft und super verteidigt."

Auch nach der Pause stürmte der BVB, aber er stürmte weitgehend ins Nichts. 18 Mal schossen sie aufs Tor, ohne Ertrag. "Wahnsinn, dass wir hier mit null Toren dastehen. Das ist extrem bitter", sagte Emre Can. Guirassy kam, der Zielspieler, aber er wurde nicht gefunden. Auch nicht nach Ecken. Davon hatte der BVB elf, Bayer null. Egal, die Werkself hatte ja das Tor. Und beinahe noch ein weiteres erzielt. Eine klasse Aktion von Grimaldo endete im vermeintlichen zweiten Dortmunder Gegentor durch Martin Terrier (60.). Nach Ansicht der Videobilder wurde der Treffer wegen einer Abseitsposition aber wieder einkassiert. Sie war so knapp, dass ein menschliches Auge es niemals hätte sehen können. "Der Gluteus Maximus war ein Stück im Abseits", sagte Stieler mit einem Lachen - gemeint war Mazas Gesäßmuskel.

Kovac nahm seine sehr enttäuschten Spieler später in Schutz. Er habe "gute Sachen" gesehen, das Team habe sich jedoch "nicht belohnt" und sei "nicht effektiv genug" gewesen. Can gestand: "Das ist extrem bitter, weil es heute ein K.o.-Spiel war. Am Ende hat vielleicht die letzte Gier gefehlt. Das kann man nicht wieder besser machen in dieser Saison."

Quelle: ntv.de, tno

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