Tortechnik macht Fußball gerechter Das Ende der erzwungenen Dummheit
04.12.2014, 16:06 Uhr
Pokalfinale, FC Bayern gegen Dortmund: Der Kopfball von Mats Hummles war drin - zählte aber nicht.
(Foto: dpa)
Kleiner Schritt für den Fußball, große Hilfe für die Unparteiischen: Nun vertraut auch die Bundesliga endlich auf die Torlinientechnik. Prima! Wenn auch überfällig. Und den Skeptikern sei gesagt: Es bleibt trotzdem spannend.
Stellen Sie sich vor, nur Sie dürften sich am Samstagnachmittag nicht im Internet oder im Fernsehen über die Spiele der Fußball-Bundesliga informieren, sondern müssten warten, bis am Montag die Zeitung endlich gedruckt ist - während alle andern längst informiert sind. Albern, oder? Undenkbar! Genau so aber ist es mit der Torlinientechnik. Es gibt sie längst, andere nutzen sie, doch die deutschen Klubs waren dagegen und hielten die Schiedsrichter künstlich dumm - bis heute. Nun aber haben 15 der 18 Erstligisten entschieden: Ja, wir wollen. Das ist gut, weil es überfällig war. Das Spiel wird sich dadurch nicht ändern. Es wird nur gerechter.
Es ist viel von Revolution die Rede, wenn es um die Torlinientechnik geht. Als sei das etwas radikal Neues, etwas, das das alte System abschafft und ein neues auf den Weg bringt. Dabei geht es darum, ob sich die Schiedsrichter helfen lassen dürfen, wenn sie über die Kernfrage dieses Sports entscheiden müssen: War der Ball im Tor? Ab der kommenden Saison sind nun auch die Schiedsrichter in der Bundesliga nicht mehr diejenigen, denen entscheidende Informationen vorenthalten werden. Ein Signal an den Unparteiischen - und die Sache ist klar.
Torlinientechnik nur Flickschusterei?
Dabei ist die Torlinientechnik nur der erste Schritt, die Diskussion um die Hilfemittel im Fußball wird weitergehen. Schließlich lassen sich mit besagter Technik Streitfälle beim Abseits oder Foulspiel nicht klären. Als nächstes steht der Videobeweis auf der Agenda. Auch wenn die Romantiker jetzt aufjaulen, das Thema drängt sich auf. Denn auch in diesen Fällen sind die Zuschauer im Stadion und erst recht die vor den Fernsehern längst schlauer als die Schiedsrichter, die alles mit dem bloßen Auge erkennen müssen. Hier eine Zeitlupe auf dem Videowürfel und dem Smartphone, dort die siebte Wiederholung auf dem Bildschirm, aufgenommen mit Extra-Kameras, erklärt per Computer-Grafik. Nur der Schiedsrichter hat keine Hilfe - und ist am Ende der Sündenbock.
Selbst Gegner wie Schalkes Manager Horst Heldt hatten argumentiert, sie seien für den Videobeweis, da die Torlinientechnik Flickschusterei sei. Daraus ein Argument dagegen abzuleiten, war allerdings nicht schlüssig. Das zeigt auch das deutliche Abstimmungsergebnis. Der Anfang ist gemacht. Jetzt können alle darüber nachdenken, wie viel Technik der Fußball des 21. Jahrhunderts verträgt, ohne seinen ursprünglichen Charakter zu verlieren.
Eines jedenfalls ist in der Bundesliga ab der kommenden Saison ausgeschlossen: dass die Schiedsrichter weiter in ihrer erzwungenen Hilflosigkeit verharren müssen und dann Entscheidungen treffen, die schlichtweg falsch und ungerecht sind - während das ganze Land schon über ein Phantomtor und den "Schiri mit den Tomaten auf den Augen" lacht. Den Romantikern unter den Fußballfreunden, und das sollen ja nicht wenige sein, sei gesagt: Sie müssen sich keine Sorgen machen. Die Bundesliga wird weiter für genügend Gesprächsstoff sorgen: mit Trainern, die einfach aufgeben, wenn es nicht so läuft wie erhofft; mit Champions-League-Teilnehmern, die gegen den Abstieg kämpfen; mit Aufsteigern, die für Furore sorgen; und mit Stars, die partout das Tor nicht mehr treffen. Und falls dann doch wieder, wird es ganz bestimmt registriert.
Quelle: ntv.de