"Privatsphäre achten"Der BVB sorgt sich um Götze
Mario Götze fehlt dem BVB auf unbestimmte Zeit. Die Nachricht sorgt für Aufsehen - und für Spekulationen. Wann der so kontrovers beobachtete Fußball-Weltmeister zurückkehrt, ist ungewiss. Die Borussia mahnt und Kritiker rudern zurück.
Lothar Matthäus hat die Kontroverse um Borussia Dortmunds Fußball-Nationalspieler Mario Götze in der vergangenen Woche auf die Spitze getrieben. "Auch wenn es ein bisschen böse klingt. Sollte es Götze bei Dortmund nicht packen, muss er nach China gehen", hatte der Ex-Weltmeister in der "Sport Bild" gelästert. Die Reaktion von den BVB-Bossen kam umgehend - und fiel nicht weniger harsch aus. "Mich interessieren solche unqualifizierten Aussagen der TV-Experten nicht im Geringsten", bellte Manager Michael Zorc via "Bild"-Zeitung zurück.
Was aber zumindest Matthäus da noch nicht wusste: Götze hat offenbar schwere gesundheitliche Probleme. Eine Stoffwechselstörung sei diagnostiziert worden, verkündete der Bundesligist am Montagnachmittag auf seiner Homepage. Sofortige Trainingspause. Ausfallzeit unbekannt. Bereits seit der vergangenen Woche wird der 24-Jährige von entsprechenden Spezialisten betreut. Nicht im Krankenhaus, sondern ambulant. Und so müssen die hitzigen Diskussionen um die oft stark schwankenden, fast immer gegenläufig (manchmal fair, manchmal unfair) bewerteten Leistungen des so intensiv beobachteten Spielers plötzlich in einen ganz anderen Kontext transferiert werden.
Im vergangenen Sommer war der deutsche Weltmeistermacher von 2014 nach drei durchwachsenen Jahren beim FC Bayern München zur Borussia zurückgekehrt. Für die stattliche Ablöse von 22 Millionen Euro. Götze wollte wieder spielen und wirbeln wie während seiner ersten Zeit in Schwarzgelb. Doch statt der sportlichen Auferstehung baute Götze ab. Konnte er sich in der Hinrunde noch hin und wieder in Szene setzen, so ist er in der Rückrunde gar kein Faktor mehr.
24 Minuten und eine Dauerdiskussion
Spärliche 24 Minuten beim Remis in Mainz (1:1) am 29. Januar - das war's. Eine Woche gegen RB Leipzig saß er nochmal auf der Bank, seitdem steht er auf der Verletztenliste des Klubs. An der Einschätzung seiner kritischen Beobachter ändert das allerdings wenig: Der Weltmeister ist und bleibt in ihren Augen ein traurig-frustrierter Bankdrücker. Ein Dauerthema mit Konfliktpotenzial. Zumal der kleine Mittelfeldspieler körperlich auch alles andere als austrainiert wirkte.
Doch der optische Eindruck widersprach vehement dem, was seine Trainer über ihn sagten. Sowohl BVB-Coach Thomas Tuchel sah in Götze einen höchst professionell arbeitenden Fußballer als auch Bundestrainer Joachim Löw, der den Offensivmann beharrlich gegen jegliche Kritik verteidigte. In einem aktuellen Bericht der "WAZ" heißt es: "Vorbildhaft sei seine Einstellung, man müsse ihn gar bremsen. Er engagierte private Trainer, las Ernährungsbücher, schraubte an allem, an dem sich schrauben ließ."
Nun also die Antwort des BVB, der Stoffwechsel funktioniert nicht richtig. Was im Übrigen eine so allgemeine Formulierung ist, dass man darunter mehrere 10.000 Erkrankungen verstehen könnte, wie der Medizinjournalist Christoph Specht im n-tv-Gespräch erklärte. Eine Antwort aber auch, die neue Fragen aufwirft: Denn wie kann es erstens sein, dass eine solche Krankheit selbst bei medizinisch so intensiv überwachten Sportlern so lange unentdeckt bleiben kann? Und zweitens: Erklärt die Erkrankung wirklich die oft nicht überzeugenden Leistungen? Beides noch unklar. Was folglich natürlich weiteren Anlass für Spekulationen bietet. So will die "Bild"-Zeitung herausgefunden haben, dass bei Götze das größte Problem die Fettverbrennung sei. Die von Klubseite angeführten muskulären Probleme - die freilich belegt sind - seien demnach nur eine vorgeschobene Begründung.
Eindringlicher BVB-Appell
Andere Medien diskutieren völlig freimütig über alle möglichen potenziellen Ursachen. Dafür werden sie von Kollegen und in den sozialen Netzwerken hart kritisiert. Auch Spekulationen über ein Karriereende sind müßig: Sollte der BVB davon überzeugt sein, dass Götze nicht mehr Fußball spielen kann, muss er das als börsennotiertes Unternehmen mitteilen. Denn eine solche Information ist kursrelevant.
Der BVB selbst hat sich dazu bislang nicht geäußert. Der Verein bittet lediglich eindringlich darum, von Ferndiagnosen und Spekulationen abzusehen. "Wir wünschen uns im Wissen um das besondere Interesse an Mario Götze, dass die Privatsphäre dieses jungen Menschen respektiert und geachtet wird", sagte Sprecher Sascha Fligge dem Sportinformationsdienst. Auch der Geschäftsführer wird nicht konkreter. Hans-Joachim Watzke sagt nur: "Das wird keine kurzzeitige Angelegenheit".
Und angesichts der sich nun radikal verändernden Bewertungsgrundlage von Götzes Leistungen rudert nun auch Matthäus zurück: "Ein harter Schlag. Das Gute ist, dass man jetzt die Ursache kennt und sie behandeln kann. Vor diesem Hintergrund muss man seine Leistung natürlich anders bewerten als ohne dieses Wissen."
