Wenig Leistung, viele Gerüchte Der merkwürdige Hype um Schalkes Kabak
30.01.2021, 12:29 Uhr
Kabak sticht aus dem schwachen Schalker Team kaum heraus.
(Foto: Maik Hölter/TEAM2sportphoto)
Ozan Kabak gehört bei Schalke 04 in einer schwachen Mannschaft regelmäßig zu den schlechtesten Akteuren. Trotz seiner unterirdischen Saison beschäftigen sich offenbar viele internationale Top-Klubs, darunter der FC Liverpool, mit einem Transfer des 20 Jahre alten Innenverteidigers. Warum?
Deutschlands wohl größter Ozan-Kabak-Fan hat momentan mutmaßlich viel Zeit, sich die Darbietungen seines Lieblings im Fernsehen anzuschauen. Die Rede ist von Michael Reschke, dem seit seiner Entlassung im November 2020 arbeitslosen Ex-Kaderplaner des FC Schalke 04.
Im Jahr 2019 investierte Reschke binnen sechs Monaten satte 26 Millionen Euro in Kabak - erst in seiner Eigenschaft als Sportvorstand des VfB Stuttgart, wohin er Kabak im Januar für elf Millionen Euro von dessen Ausbildungsverein Galatasaray lotste. Dann, nach seinem Aus in Stuttgart im Frühjahr und dem Abstieg der Schwaben, auf Schalke, als aufgrund einer von Reschke selbst eingebauten Ausstiegsklausel noch einmal 15 Millionen Euro für den jungen Türken flossen.
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Kabak sei "extrem weit für sein Alter", schwärmte Reschke nach dem Stuttgart-Wechsel vom damals 18-jährigen Talent. Der Youngster habe "eine besondere Qualität", die "Top Ten der Top-Klubs Europas" sei hinter ihm her gewesen.
In der Tat las sich die Vita Kabaks damals eindrucksvoll. Für Galatasaray hatte er nicht nur eine Halbserie in der türkischen Süper Lig als Stammspieler absolviert, sondern war auch schon vier Mal in der Champions League zum Einsatz gekommen. Dazu kommen die starken physischen und fußballerischen Voraussetzungen, die der bullige 1,86-Meter-Mann mitbringt. Reschkes Euphorie ob der Verpflichtung war also durchaus nachvollziehbar.
Eine Enttäuschung unter Enttäuschungen
Ziemlich genau zwei Jahre später steht Kabak wieder im Zentrum zahlreicher Transfer-Spekulationen. Erneut zählen die angeblichen Interessenten zur Crème de la Crème des europäischen Fußballs: Unter anderem der FC Liverpool, Manchester United sowie Italiens Spitzenreiter AC Milan sollen ihre Fühler nach dem Schalker ausgestreckt haben. Ein Wechsel spätestens im Sommer gilt angesichts der sportlichen Talfahrt und des wahrscheinlichen Abstiegs der Königsblauen als höchstwahrscheinlich.
Den Beweis, es bei einem Spitzenklub schaffen zu können, blieb Kabak nach einer ordentlichen Debütsaison in Königsblau in den vergangenen Monaten schuldig. Stattdessen gehört der viertteuerste Neuzugang der Vereinsgeschichte zu den größten Enttäuschungen im an Enttäuschungen nicht armen Kader der Knappen.
Allenfalls mittelmäßige 59 Prozent seiner Zweikämpfe gewinnt Kabak, hinzu kommen zahlreiche individuelle Fehler. Im Noten-Ranking des "Kicker" wird er hinter Teamkollege Bastian Oczipka als zweitschlechtester Stammspieler der gesamten Bundesliga geführt - mit einer Durchschnittsbewertung von 4,85. Negativschlagzeilen schrieb Kabak zudem durch seine Spuck-Attacke gegen Werder Bremens Ludwig Augustinsson am 2. Spieltag. Fünf Spiele sperrte ihn das DFB-Sportgericht daraufhin "wegen krass sportwidrigen Verhaltens".
Dass er dennoch unter allen vier Schalker Trainern der laufenden Saison zum Stammpersonal zählte, spricht eher nicht für Kabak, sondern für den fehlenden Konkurrenzkampf beim Tabellen-18. Kabak sei "ein Leistungsträger bei uns", proklamierte Christian Gross nach der 1:3-Niederlage bei Eintracht Frankfurt Mitte Januar, "ich zähle weiterhin voll auf ihn" - obwohl der formschwache Profi gegen die Hessen einmal mehr zwei Gegentreffer mit verschuldet hatte.
Warum Ozan Kabak für Schalke noch wichtig werden könnte
Argumente für ein Engagement bei einem größeren Klub mit Titel-Ambitionen sammelt Kabak derzeit also nicht. Das Interesse aus Liverpool, Manchester oder Mailand dürfte daher der unerschütterliche Glaube an sein eigentliches Potenzial aufrechterhalten - und die in Teilen sicherlich zutreffende Erklärung, dass Kabak eben noch zu jung und unerfahren für die chaotische Gemengelage auf Schalke ist.
Für den finanziell extrem angeschlagenen Revierklub könnte sich das anhaltende Werben der Schwergewichte um Kabak noch auszahlen. Vor allem im Abstiegsfall wird Schalke dringend auf Spielerverkäufe angewiesen sein, um einerseits die wegbrechenden Einnahmen wenigstens einigermaßen auffangen und andererseits eine schlagkräftige Truppe für die Mission Wiederaufstieg zusammenstellen zu können.
Im vergangenen Sommer soll Milan immerhin 20 Millionen Euro für Kabak geboten haben. S04-Sportvorstand Jochen Schneider lehnte damals ab. Für die gleiche Summe würden ihn die Verantwortlichen nach der Saison wohl mit Kusshand abgeben - ungeachtet dessen, dass in Kabaks bis 2024 laufendem Vertrag angeblich eine Ausstiegsklausel mit festgelegter Ablösesumme in Höhe von 45 Millionen Euro verankert ist.
Womöglich kann Michael Reschke seinen Liebling in der kommenden Spielzeit also wieder auf größerer Bühne bestaunen. Kabak müsste dann beweisen, dass der Transfer-Hype um ihn berechtigt war.
Quelle: ntv.de