Fußball

Schützenfest gegen Arsenal Die wuchtigsten Bayern, seit es Ancelotti gibt

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Der FC Bayern München überrollte Arsenal London.

(Foto: imago/Annegret Hilse)

Wenn es ernst wird, ist die Mannschaft von Carlo Ancelotti da. Beim Kantersieg gegen Arsenal im Achtelfinale der Champions League bleibt eigentlich nur eine Frage offen: Gibt es womöglich zwei FC Bayern?

Die Sprache des Fußballs ist oft so schlicht wie die Idee des Spiels. Wenn zum Beispiel eine Mannschaft bisher eher mäßig gespielt hat, im entscheidenden Moment aber zur Stelle ist, dann heißt es oft, sie habe den Hebel umgelegt - Leistungsaktivierung auf Bestellung quasi. Wie dem auch sei, dem FC Bayern ist es am Mittwochabend gelungen, im ersten K.o.-Spiel auf internationaler Ebene eine sehr gute Leistung zu liefern. Mit 5:1 (1:1) haben die Münchner ihren Achtelfinalgegner Arsenal London in der Champions League besiegt und mithin das getan, was der Vorstandsvorsitzende Karl-Heinz Rummenigge von ihnen gefordert hatte: sich gegen die Briten ein leidlich bequemes Polster für das Rückspiel am 7. März in London zu verschaffen.

FC Bayern - FC Arsenal 5:1 (1:1)

Tore: 1:0 Robben (11.), 1:1 Sanchez (30.), 2:1 Lewandowski (53.), 3:1, 4:1 Thiago
(56./63.), 5:1 Thomas Müller (88.)

Bes. Vork.: Neuer hält Foulelfmeter von Sánchez (30.)

München: Neuer - Lahm, Martinez, Hummels, Alaba - Alonso, Vidal - Thiago - Robben (88. Rafinha), Costa (84. Kimmich) - Lewandowski (86. Thomas Müller). - Trainer: Ancelotti

Arsenal: Ospina - Bellerin, Mustafi, Koscielny (49. Gabriel), Gibbs - Coquelin (77. Giroud), Xhaka - Oxlade-Chamberlain, Özil, Iwobi (66. Walcott) - Sanchez. - Trainer: Wenger

Referee: Mazic  Zus: 70.000 (av)

Ein Ruhekissen ist dieses Ergebnis zwar nicht. Aber eben ein schöner, ein satter Vorsprung, den die Münchner nach menschlichem Ermessen nicht mehr verspielen und daher ins Viertelfinale einziehen werden. Und sei es, weil der Gegner schlichtweg zu schwach ist. Das hatte wohl auch Arséne Wenger erkannt. "Es war ein Albtraum", sagte Arsenals Trainer hinterher. "Wir sahen aus, als hätten wir keine Antwort." Er beklagte, dass seine Mannschaft nach dem dritten Tor organisatorisch und mental zusammengebrochen sei. "Fakt ist einfach, dass wir mit dem Ergebnis leben müssen. Wir müssen das analysieren." Sprach's, klopfte unwirsch mit der Hand auf den Tisch und verließ entnervt nach wenigen Minuten das Podium bei der Pressekonferenz. Wer will es ihm verdenken?

Die 70.000 Zuschauer im ausverkauften Stadion zu Fröttmanning hatten zuvor einen FC Bayern erlebt, der so wuchtig noch nicht gespielt hat, seit Carlo Ancelotti ihn trainiert. Zum zweiten Mal in dieser Saison war sein Team gehalten, jenen mysteriösen Hebel umzulegen. Und zum zweiten Mal gelang es ihm. RB Leipzig hatten sie kurz vor Weihnachten in der Bundesliga mit 3:0 besiegt, und nun eben dieses leidenschaftliche, spielerisch gute und phasenweise berauschende 5:1. Es war, das nur am Rande, der 16. Heimsieg des FC Bayern hintereinander in der Königsklasse. Arjen Robben hatte nach Art des Arjen Robben in der elften Minute den Anfang gemacht, war mit dem Ball am Fuß von der rechten Seite nach innen gezogen und hatte ihn mit Nachdruck ins Tor geschlenzt. Der Ausgleich durch Alexis Sánchez nach einer halbe Stunde beendete nur interimsweise die bayerische Dominanz. Nach der Pause drehten die Münchner dann erst recht auf, die Leidenschaft steigerte sich bisweilen zur Wut. Robert Lewandowski (53.), Thiago Alcántara (56./63.) und der kurz zuvor eingewechselte Thomas Müller (88.) schraubten das Ergebnis in ungeahnte Höhen.

"Einen fantastischen Fußball gespielt"

Ancelotti jedenfalls hat seinen Ruf gefestigt, ein ausgewiesener Experte für die Champions League zu sein. Dreimal hat er diesen Wettbewerb als Trainer gewonnen, 2003 und 2007 mit dem AC Mailand, 2014 mit Real Madrid. Und nun? Wollten alle wissen, wie er das gemacht hat, diese Mannschaft, die sich in der Liga allzu oft gegen Mittelklassegegner zu knappen Siegen quält, so zu entfesseln. "Wir haben eine gute Mentalität und einen fantastischen Fußball gespielt", sagte er. Und ja, seine Idee, mit Thiago seinen wohl feinsten Fußballer vor Xabi Alonso und Arturo Vidal ins zentrale offensive Mittelfeld zu stellen, sei eine gute gewesen. Um nicht zu sagen: "Es war perfekt." Ob es tatsächlich das beste Spiel unter seiner Regie gewesen sei, wurde Ancelotti noch gefragt, der im Sommer beim FC Bayern angeheuert und nach schwächeren Leistungen seiner Spieler stets betont hatte, dass die entscheidenden Spiele ja erst in der zweiten Saisonhälfte anstünden. Ja, sagte der Italiener, vielleicht sei das die bisher beste Leistung seiner Mannschaft gewesen. "Wir wissen, dass wir sehr effizient spielen können. Das ist erst das Achtelfinale der Champions League, wir wollen natürlich noch weiter kommen. Es war nicht das Finale. Es gibt noch ein Rückspiel. Leider."

Und was ist mit dem viel zitierten Hebel, den es umzulegen gelte, auf dass die Mannschaft plötzlich den Fußball spiele, der die Menschen begeistert? Philipp Lahm, der Kapitän, hatte Anfang des Monats nach dem unbefriedigenden 1:1 im Bundesligaspiel gegen Schalke arg unwirsch reagiert, als er danach gefragt wurde, wie und wann denn dieser Schalter endlich betätigt werde. Das könne er erst tun, sagte Lahm, "wenn Sie mir sagen, wo ich den Hebel finde, dass es von heute auf morgen besser wird". Gegen den FC Arsenal war alles sehr viel besser als bisher. Aber richtig erklären warum, das können sie nicht. Lahm beschränkte sich dieses Mal aufs Deskriptive: "Vor dem Elfmeter waren wir sehr gut, dann bis zur Halbzeit nicht wirklich gut, danach sensationell. Wir haben unsere Qualität im Ballbesitz ausgespielt und dann zur rechten Zeit unsere Tore gemacht."

Auch Arjen Robben war sich nicht ganz so sicher, woran es lag. "Anscheinend geht das so", sagte er. "Ich war selber ein wenig überrascht, dass es so gut war. Andererseits aber auch wieder nicht. Diese Mannschaft hat eine unglaubliche Mentalität. Das zeichnet uns aus." Und, jetzt kommt's: "Wir können immer wieder den Hebel umlegen, wenn es drauf ankommt." Vielleicht ist es ja so, dass es unter Ancelotti zwei FC Bayern gibt. Der eine ruckelt mit angezogener Bremse durch die Liga und profitiert von der Schwäche der Konkurrenz. Und der andere läuft wie am Schnürchen, wenn es in der europäischen Königsklasse um die ganz großen Ziele geht. Ach, wenn es nur so einfach wäre.

Quelle: ntv.de

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