Fußball

Chaos-Spiel in der EM-Qualifikation Drohne mit Albanien-Flagge löst Eklat aus

Ab der 40. Minute ging es in Belgrad beim Qualifikationsspiel zwischen Serbien und Albanien nicht mehr um Fußball.

Ab der 40. Minute ging es in Belgrad beim Qualifikationsspiel zwischen Serbien und Albanien nicht mehr um Fußball.

(Foto: imago/Aleksandar Djorovic)

Die Begegnung ist politisch brisant: Albanische Fans sind beim Auswärtsspiel in Serbien gar nicht erst zugelassen. Als eine Flagge ins Belgrader Stadion schwebt, ist der Fußball vergessen.

Das brisante Qualifikationsspiel zur Fußball-EM 2016 zwischen Serbien und Albanien in Belgrad ist nach Krawallen abgebrochen worden. Auslöser war ein ebenso kurioser wie politisch heikler Zwischenfall. Während der ersten Halbzeit des Spiels, das aus Sicherheitsgründen ohne Gästefans ausgetragen wurde, tauchte beim Stand von 0:0 über dem Stadion eine albanische Flagge auf - eine Provokation für die Zuschauer.

Nachdem ein serbischer Spieler die Drohne samt Flagge vom Himmel geholt hatte, eskalierte die Situation auf und neben dem Platz.

Nachdem ein serbischer Spieler die Drohne samt Flagge vom Himmel geholt hatte, eskalierte die Situation auf und neben dem Platz.

(Foto: imago/Aleksandar Djorovic)

Die Flagge näherte sich, von einer offenbar ferngesteuerten Drohne getragen, dem Rasen und wurde dort von einem serbischen Spieler aufgenommen. Wie auf Aufnahmen aus dem Stadion zu sehen ist, kam es daraufhin auf dem Spielfeld zu einer Schlägerei, in deren Verlauf auch einige gewaltbereite Zuschauer den Innenraum stürmten und vereinzelt albanische Spieler attackierten.

Angesichts der unübersichtlichen Situation unterbrach Schiedsrichter Martin Atkinson (England) die Partie in der 40. Minute zunächst, um das offizielle Qualifikationsspiel schließlich endgültig abzubrechen. Unter gellenden Pfiffen zogen sich die albanischen Spieler schließlich in Richtung Kabine zurück, um weiteren tätlichen Angriffen erboster serbischer Fans zu entgehen.

Von der Tribüne gesteuert?

"Wir wollten weiterspielen", sagte Serbiens Kapitän Branislav Ivanovic, "aber die albanischen Spieler sahen sich körperlich und psychisch nicht in der Lage dazu. Es ist bedauernswert, dass der Fußball heute nicht im Vordergrund stand." Fragen an den Verteidiger des FC Chelsea wurden nicht zugelassen, weitere Spieler oder Trainer äußerten sich nicht.

Der Uefa-Delegierte Harry M. Been sprach anschließend von einer "bedauerlichen Situation. Die Umstände ließen eine Fortsetzung des Spiels nicht zu." Zur Schuldfrage wollte sich der Niederländer noch nicht äußern und verwies auf die Zuständigkeit der Disziplinarkommission, die nun zunächst die Berichte zum Spiel erwarte. Inwieweit Sicherheitvorkehrungen missachtet oder unzureichend umgesetzt worden war, müssen weitere Untersuchungen klären.

Festnahme nach dem Spiel

Offene Provokation im Belgrader FK Partizan Stadion: Kurz vor der Halbzeitpause schwebt eine Flagge am langen Seil in die Flutlichtzone.

Offene Provokation im Belgrader FK Partizan Stadion: Kurz vor der Halbzeitpause schwebt eine Flagge am langen Seil in die Flutlichtzone.

(Foto: REUTERS)

Wie in der Nacht bekannt wurde, nahmen Sicherheitskräfte nach dem Spiel angeblich den Bruder des albanischen Regierungschefs Edi Rama im Zusammenhang mit den Vorfällen im Stadion fest. Olsi Rama habe von seiner VIP-Loge aus die Drohne mit einer Flagge "Großalbaniens" auf das Spielfeld fliegen lassen, teilte das Innenministerium in Belgrad nach Angaben des serbischen Senders RTS mit. Eine unabhängige Bestätigung für diese Vorwürfe lagen zunächst nicht vor.

Die nationalen Verbände Serbiens und Albaniens hatten sich im Sinne der Deeskalation vor dem Spiel auf den Ausschluss der Auswärtsfans geeinigt, auch zum Rückspiel 2015 in Albanien sollen keine serbischen Anhänger nach Tirana reisen. Hintergrund sind die belasteten Beziehungen zwischen beiden Nationen.

Politisch brisante Aktion

Das mehrheitlich von ethnischen Albanern bevölkerte Kosovo hatte im Jahr 2008 seine Unabhängigkeit von Serbien erklärt, wird von Belgrad jedoch nicht anerkannt. Im April 2013 schlossen Belgrad und Pristina unter Vermittlung der Europäischen Union ein Abkommen zur Normalisierung der beiderseitigen Beziehungen. Serbien, das Kosovo und Albanien wollen der EU beitreten.

In der albanischen Minderheit im südlichen Serbien gibt es Forderungen nach mehr Autonomie. Einige serbische Politiker befürchten, dass Tirana nach einem sogenannten Großalbanien unter Einschluss des Kosovo sowie albanischer Gemeinden in Montenegro, Mazedonien und Südserbien strebt. Der Kosovo mit seiner großen albanischen Bevölkerung gehörte lange Zeit dem früheren Jugoslawien und später auch noch Serbien an, ehe 1999 ein Krieg um die Region zur späteren Unabhängigkeit des Gebietes führte.

Die Ausschreitungen überschatten den geplanten Besuch von Ministerpräsident Rama in Serbien. Als erster albanischer Regierungschef will er am 22. Oktober nach Belgrad reisen. Bei den Gesprächen mit dem serbischen Ministerpräsidenten Aleksandar Vucic soll auch das Kosovo eine Rolle spielen. Offen ist, ob der Vorfall mit der ferngesteuerten Stadionflagge bis dahin restlos aus der Welt geschafft werden kann.

Quelle: ntv.de, cwo/sid/AFP

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