Fußball

Khedira, der nötige Leader Endlich ein sinnvoller Star-Transfer bei Hertha

Khedira kennt sich aus mit Mitarbeiterführung.

Khedira kennt sich aus mit Mitarbeiterführung.

(Foto: imago images/LaPresse)

Neuer Trainer, neuer Geschäftsführer Sport - und jetzt auch ein echter Leader für das Team. Hertha BSC gelingt mit dem Transfer von Sami Khedira ein echter Coup. Im Abstiegskampf kommt ein erfahrener Weltmeister, der laut ist, dem Fußball-Bundesligisten gerade recht.

Großen Fußball wollen sie in Berlin bei der Hertha spielen. Sie - nun ja, vor allem Investor Lars Windhorst - träumen von der Champions League, von den Spielen gegen die Weltklubs. Ach was, am liebsten wollen sie selbst ein Weltklub sein, ein "Big City Club". Das klappt bislang ernüchternd wenig - also gar nicht.

Aber im Gespräch ist Hertha BSC dank der hochtrabenden Pläne andauernd. Auch, weil auf dem Weg zum großen Fußball große Namen helfen sollen. Angefragt haben sie in der Vergangenheit offenbar bei Mario Götze, Julian Draxler, Wout Weghorst und Luka Jovic - keiner kam an die Spree. Jetzt aber kommt ein weiterer illustrer Ex-Nationalspieler tatsächlich zur Hertha: Sami Khedira. Nach erfolgreich absolvierten Medizincheck am Sonntag bestätigte der Klub nun den Deal.

Der Name strahlt, der 33-Jährige spielte zuletzt beim großen Juventus Turin, davor beim noch größeren Real Madrid und ist Weltmeister von 2014. Es ist ein Coup, der da gelingt. Sportdirektor Arne Friedrich, der nach dem Aus von Michael Preetz für das Personal verantwortlich ist, hatte in den vergangenen Tagen stets betont, dass das Vertrauen in den aktuellen Kader groß sei. Ein Einkauf in dieser Transferperiode werde nur getätigt, wenn es Sinn ergibt und der Spieler das Team sofort besser macht. Davon ist man bei Khedira offenbar überzeugt. Und das durchaus mit Recht.

Überschuss im Mittelfeld?

Gegen Eintracht Frankfurt stand erstmals Pal Dardai nach seiner Rückkehr ins Traineramt an der Seitenlinie. Er hatte die Startelf auf gleich fünf Positionen umgekrempelt - das Team wirkte bemüht, ging auch in Führung und verlor trotzdem ohne ernsthafte Siegchance letztlich 1:3. "Der Wille war da, die Punkte sind nicht da", sagte Dardai nach der Partie. Er fand das Agieren seines Teams nach vier Trainingseinheiten in Ordnung, "nur das Ergebnis war nicht okay".

Dardai war in seinem Comeback-Spiel auf eine geordnete Defensive bedacht. Im Mittelfeld - wo künftig Khedira spielen wird - setzte Dardai auf einen defensiveren Santiago Ascacibar, der unter Bruno Labbadia kein Standing hatte. Es war nach Verletzungen und vier Spielen auf der Bank der erste Einsatz des Argentiniers in dieser Saison. Neben ihm kam wie gewohnt Lucas Tousart zum Einsatz, zentral spielte Mattéo Guendouzi. Eine Quasi-Pause verordnet bekam der Vielläufer Vladimir Darida, der erst in der 89. Minute für Ascacibar eingewechselt wurde. Zeitgleich kam Eduard Löwen für Tousart. Dardai hat also alle Mittelfeld-Akteure ins Spiel geschickt. Eine perfekte Ordnung gab es dennoch nicht, auch wenn der Gegner deutlich weniger Räume bespielen konnte als noch unter Bruno Labbadia.

Auf den ersten Blick gibt es in Herthas Mittelfeld künftig einen kräftigen Überschuss. Doch der relativiert sich schnell: Guendouzi agiert lieber offensiver und verspielter, Ascacibar und Löwen fehlen sowohl Erfahrung als auch Stabilität, die es im Abstiegskampf - Hertha ist 15. und punktgleich mit dem 16. Arminia Bielefeld - braucht. Und auch Tousart konnte trotz vieler Vorschusslorbeeren und des teuren Einkaufs noch nicht überzeugen, gegen Frankfurt zeigte er immerhin eine durchaus ansprechende Leistung.

Khedira also ist genau der richtige Mann in der verfahrenen Hertha-Situation. Einer, der mit den ganz Großen seines Fachs gespielt hat, einer, der laut ist und gern vorangeht. Und genau das dürfte ein entscheidender Faktor sein, der Friedrich denken lässt: Ja, das ist ein Transfer, der Sinn ergibt. Khediras Aufgabe wird es sein, die Rolle des Leaders auszufüllen, der der Hertha schmerzlich fehlt.

Denn allzu oft spielte die Hertha nicht als Team, sondern als Haufen durchaus guter Einzelspieler, die es zusammen aber nicht auf die Reihe bekommen. So hatte es auch Jörg Hans gesehen, der Vizepräsident des Hertha BSC Fanclubs. Der hatte Anfang der Woche dem RBB-Inforadio gesagt: "Man hat es nicht geschafft eine gute und effektive Mannschaft zu formen." Sein knallhartes Urteil: "Es ist kein Team." Hans' Meinung nach brauche es einen Trainer, der die Spieler zusammenbringt - und ein Leader kann da wohl auch nicht schaden.

"Großartiger Leader"

Es ist ein Transfer, der dem mehr schlecht als recht zusammenspielenden Team Sicherheit bringen wird. Khedira ist zwar einer der vielgelobten Stars, die sich Windhorst für die Hertha erträumt, er ist aber keiner, der Glitzer und Bling-Bling braucht, der abgehoben ist und weitere Unruhe reinbringt. "Ein 19-jähriges Supertalent bringt uns nicht weiter", hatte denn auch Dardai gesagt.

Ein 33-Jähriger mit dieser Erfahrung jedoch schon. Fraglich ist nur, wie es um seine Fitness steht. Bei Juve war er aussortiert, Trainer Andrea Pirlo setzte nicht mehr auf ihn, ließ ihn aber nach langwierigen Adduktorenproblemen noch mit der Mannschaft trainieren. Der Vertrag des Deutschen Meisters von 2007 mit dem VfB Stuttgart lief noch bis zum Sommer, Khedira liebäugelte eigentlich mit einem Wechsel nach England. Doch der neue Hertha-CEO Carsten Schmidt konnte ihn von einem Transfer in die deutsche Hauptstadt überzeugen. "Ich halte ihn für einen großartigen Leader", hatte Schmidt bei Sky gesagt.

Bei Hertha bekommt Khedira die Chance für einen Neustart, vom Aussortierten dürfte er schnell zum dringend benötigten Leader avancieren. Dafür allerdings muss er sich nach vielen Jahren des Champions-League-Fußballs plötzlich Abstiegskampf antun. Denn das ist die Realität bei der Hertha.

Quelle: ntv.de

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