
Alphonso Davies sammelt einen Titel nach dem anderen.
(Foto: Ulmer/Pool)
Erst Titel-Triple, jetzt Weltauswahl: Alphonso Davies feiert als Produkt des US-Fußballs eine Premiere nach der anderen. Der Linksverteidiger schafft es im Eiltempo an die Weltspitze - und da dürfte er noch lange bleiben.
Die US-Fußballliga MLS ist eigentlich dafür bekannt, in die Jahre gekommene Weltstars noch einmal glänzen zu lassen. Den umgekehrten Weg vom Ausnahmetalent in die Weltspitze hat es bislang noch nicht gegeben - bis Alphonso Davies vor knapp zwei Jahren beim FC Bayern München anheuerte. Seine Wahl ins Fifa Team des Jahres 2020 ist das Ergebnis aus der Mentalität des Kanadiers und der Aufbauarbeit des deutschen Rekordmeisters.
Ein "unbeschreibliches Gefühl" kommentierte Davies seine Ernennung in die beste Elf des Jahres durch die Fifa auf Instagram. Und die Linksverteidigerposition unter den besten Elf war seit Jahren immer eine Sache zwischen zwei Spielern: Real Madrids Marcelo und Bayerns Philipp Lahm. Bei ihrer ersten Nominierung waren die beiden allerdings drei bzw. zehn Jahre älter als der 20-jährige Shootingstar.
Mit Premieren im jungen Jahren kennt sich Davies aus. Er ist der jüngste Debütant seiner Nationalmannschaft und jüngster Spieler des Jahres Kanadas. Als erster Spieler aus den 2000er Jahren absolvierte er ein Spiel als Profi in der Major League Soccer - damals war er 16 Jahre alt. Wenn man bedenkt, dass das Nachwuchssystem der Liga noch größtenteils - wie in anderen US-Ligen auch - auf dem Collegesystem fußt und die Rookies in ihrem Premierenjahr in der MLS in der Regel 20 Jahre und älter sind, zeigt das allein schon sein Ausnahmetalent.
Große Skepsis zum Start
Nun sind Transfers von MLS-Talenten in Richtung Europa eher selten von Erfolg gekrönt. Da kann selbst der FC Bayern ein Lied von singen. Mit Landon Donovan verpflichteten die Münchner 2009 den größten Hoffnungsträger und das Gesicht des US-Fußballs. Nach sechs Spielen für den Rekordmeister war für die vom damaligen Trainer Jürgen Klinsmann eingefädelte Leihgabe aus LA auch schon wieder Schluss. Im strauchelnden Starensemble der Bayern konnte Donovan nicht Fuß fassen.
Entsprechend skeptisch wurde der Transfer von Davies zu den Bayern beäugt, schließlich regierten beim FCB zum Zeitpunkt seiner Ankunft noch klangvollere Namen als 2009. Dazu war der Kanadier mit 10 Millionen Euro Ablöse bis dato der teuerste Transfer der MLS-Historie und Zweifel daran, ob junge Talente ihren Durchbruch gerade in München schaffen, gibt es eigentlich immer. Unter Niko Kovac gab es zu Beginn sporadisch immer wieder Einsätze, doch erst der Trainerwechsel zu Hansi Flick machte Davies zum Stammspieler.
Diesen Erfolg dürfen sich zum einen der Spieler, zum anderen die MLS und natürlich auch der FC Bayern auf die Fahne schreiben. Nach seiner Ankunft in München wurde Davies in erster Linie nur eine Fähigkeit zugeschrieben: der Junge ist schnell. Von Thomas Müller als bajuwarischer Roadrunner geadelt, hat der Linksverteidiger mit Offensivdrang aber vor allem taktisch zugelegt. Flick bescheinigte ihm bereits in der Triple-Saison "herrvorragende Fortschritte" und eine enorme Entwicklung.
Ohne Davies fehlt dem FC Bayern mehr als ein Spieler
Wenn Davies mal nicht dabei ist, fehlt den Bayern ein wichtiges Element im Spiel nach vorne und der Rettungsanker in der Defensive - diese Baustelle zeigte die Verletzungspause des Kanadiers auf. Ein Bänderriss im Sprunggelenk setzte den Kanadiers fast zwei Monate außer Gefecht, die Bayern-Defensive präsentierte sich in dieser Zeit besonders anfällig. Davies Highspeed konnte sonst die Stellungsfehler in der Viererkette oft noch ausbügeln.
Wer vom Trainer des FC Bayern als "Lebensversicherung" bezeichnet wird, hat seinen Durchbruch wohl geschafft. Sportdirektor Hasan Salihamidzic nannte Davies die "Zukunft des Vereins", beim Voting durch fast 16.000 Fußballprofis lag Davies bei seiner Wahl in die Welt-Elf 275 Stimmen vor Teamkollege und dem jahrelangen Linksverteidiger David Alaba. Da bekommt der wohl bevorstehende Abgang des Österreichers schon jetzt den Charakter einer Wachablösung.
Und Davies' Zukunft sieht rosig aus. Auf der Linksverteidigerposition kann er über Jahre zur Weltspitze gehören. Mit Milans Theo Hernandez und Liverpools Andrew Robertson gibt es eigentlich nur zwei ernsthafte Mitbewerber um den Platz in der Weltauswahl, jetzt, da David Alaba zu einem der besten Innenverteidiger der Welt umgeadelt wurde. Diesen Platz könnte er zementieren, sofern es mit den Bayern gut läuft. Über die Nationalmannschaft für Aufsehen zu sorgen, wird wohl eher schwierig.
Quelle: ntv.de