Fußball

Eigene Ethikkommission bloßgestellt Fifa öffnet Hintertür für Kandidat Platini

Michel Platini

Michel Platini

(Foto: imago/EQ Images)

Die Wahl des neuen Fifa-Präsidenten findet trotz aller Skandale und Sperren am 26. Februar 2016 statt. Für den gesperrten Uefa-Boss Michel Platini öffnet die Fifa ein Schlupfloch und düpiert ihre Ethikkommission. Die muss immerhin nicht länger schweigen.

Die Wahl des neuen Präsidenten beim taumelnden Fußball-Weltverband Fifa soll trotz der Skandale und Sperren gegen Spitzenfunktionäre wie geplant am 26. Februar 2016 über die Bühne stattfnden. Bei ihrer Dringlichkeitssitzung in Zürich stellte die Fifa-Exekutive den eigenen Verband aber wieder einmal bloß: Der Integritäts-Check für derzeit gesperrte Präsidentschaftsanwärter wie Michel Platini wird nicht durchgeführt, so lange diese verbannt sind.

Damit hat die Wahlkommission unter dem Vorsitz von Domenico Scala das Hintertürchen für Uefa-Boss Platini im Anschluss an das Ende der Bewerbungsfrist (26. Oktober) geöffnet. Sollte die Sperre noch vor dem Wahlkongress am 26. Februar 2016 enden oder aufgehoben werden, wird die Kommission über den weiteren Umgang mit dem Kandidaten entscheiden. Platini begrüßte über seinen Anwalt das Vorgehen. "Die Fifa hat eine gute und kluge Entscheidung getroffen, da sie Michel Platini Zeit gibt, seine Rechte geltend zu machen", sagte Thibaud d'Alès gegenüber France Info.

Issa Hayatou leitete als Interims-Präsident der Fifa die Dringlichkeitssitzung. Er nahm einst Schmiergeld der ISL an.

Issa Hayatou leitete als Interims-Präsident der Fifa die Dringlichkeitssitzung. Er nahm einst Schmiergeld der ISL an.

(Foto: imago/Ulmer)

Dieses Ergebnis der vier Stunden dauernden Sitzung unter Leitung des Interimspräsidenten Issa Hayatou (Kamerun) war ein erneuter Offenbarungseid des Führungsgremiums um den krisengeschüttelten DFB-Boss Wolfgang Niersbach. Es entwertet die ebenfalls beschlossenen Reformabsichten.

Reformen beschlossen und angekündigt

Demnach soll die Amtszeit des Präsidenten auf ein Maximum von zwölf Jahren begrenzt sein. Das Alterslimit für den Präsidenten und die Mitglieder des Exekutivkomitees soll bei 74 Jahren liegen. Außerdem sollen der Präsident, die Mitglieder des Exekutivkomitees und der Generalsekretär ihr Gehalt offen legen. Und das Exekutivkomitee soll in eine Art Aufsichtsrat umfunktioniert werden. Diese Reformen sollen beim Kongress im Februar 2016 verabschiedet werden.

Sofort gekippt wurde vom Exekutivkomitee die Verschwiegenheitsklausel für die Ethikhüter. Bislang waren die Mitglieder der Ethikkommission gemäß Paragraf 36 des Ethik-Codes verpflichtet, "über die im Rahmen ihrer Tätigkeit erworbenen Kenntnisse, insbesondere über den Sachverhalt, den Inhalt der Untersuchungen und Beratungen sowie die getroffene Entscheidung und private Personendaten gemäß Fifa-Datenschutzreglement Stillschweigen zu bewahren." Erst bei rechtskräftigen Urteilen durfte eine Begründung veröffentlicht werden.

Wackliges Kandidatenfeld

Nach dem Votum gegen eine Verschiebung gilt der Ausgang der Wahl als völlig offen. Vor allem weil hinter Platini, der vor seiner Sperre als großer Favorit galt, große Fragezeichen stehen. Nach dem derzeitigen Stand der Dinge dürfte der Franzose den Integritäts-Check der Fifa für die Kandidatur nicht bestehen. Platini hat nun aber mehr Zeit, um die Bestechungsvorwürfe zu entkräften und mit seinem Einspruch gegen die Sperre erfolgreich zu sein.

Nur dann könnte Platini beim Wahlkongress in Zürich gegen seine potenziellen Konkurrenten antreten. Noch ist allerdings nicht sicher, wer sich alles wählen lassen möchte. Hinter dem früheren Fifa-Vizepräsident Chung Mong-Joon aus Südkorea steht aufgrund seiner Sechs-Jahre-Sperre ein noch größeres Fragezeichen als hinter Platini. Chungs Einspruch gegen die Sperre wurde zunächst abgelehnt.

Dem jordanischen Prinzen Ali bin Al Hussein, Brasiliens Idol Zico und David Nakhid (Trinidad und Tobago) werden kaum Chancen eingeräumt. Scheich Salman bin Ibrahim al Khalifa, Oberhaupt des asiatischen Verbandes AFC, möchte zwar offensichtlich ("Ich bin von einer wachsenden Zahl von führenden Fußballfunktionären, Fifa-Mitgliedern und Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens zur Bewerbung aufgefordert worden") - gegen den Bahrainer werden allerdings schwere Vorwürfe erhoben. Menschenrechtsorganisationen fordern laut "Guardian" den Ausschluss des Scheichs von der Präsidentenwahl. Nach Angaben des "Kicker" ermittelt die Ethikkommission gegen das Exekutivmitglied wegen des Anfangsverdachts auf Verletzung von Menschenrechten.

Fifa-Ethiker könnten Namen nennen

Spannend dürfte es in diesem Zusammenhang auch am Mittwoch werden: Die Ethikkommission will am Nachmittag Informationen zu den aktuell "anhängigen Verfahren" bekannt geben und dabei möglicherweise auch Namen nennen. Die Kommission werde Auskunft erteilen, "sobald die betroffenen Parteien benachrichtigt worden sind", hieß es in einer Pressemitteilung.

Der Südafrikaner Tokyo Sexwale ist bisher nur der Wunschkandidat des ebenfalls ins Zwielicht geratenen Franz Beckenbauer, der durch die Spekulationen um die angeblich ebenfalls gekaufte WM-Endrunde 2006 in Deutschland kaum noch internationales Gewicht haben dürfte. Die Fifa-Führung, auf der nach wie die Verhaftungen von Spitzenfunktionären sowie die Ermittlungen der US-Justiz und der Schweizer Behörden lasten, wird sich am 2. und 3. Dezember wieder treffen.

Quelle: ntv.de, cwo/sid

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen