Fußball

Bayer-Star schickt CL-Warnung Florian Wirtz schafft bislang Einmaliges im deutschen Fußball

Fühlt sich wohl in der Champions League: Florian Wirtz.

Fühlt sich wohl in der Champions League: Florian Wirtz.

(Foto: REUTERS)

Bayer Leverkusen kehrt in die Champions League zurück und setzt direkt mal ein dickes Ausrufezeichen. In Rotterdam gibt es 45 Minuten höchste Fußballkunst. Mittendrin: Florian Wirtz. Der Nationalspieler spielt zum ersten Mal Königsklasse und krönt dieses Debüt sogleich.

Man kann das eigentlich gar nicht glauben, doch ein prüfender Blick in die Datenbanken des internationalen Fußballs bestätigt tatsächlich: Florian Wirtz hatte bis zu diesem Donnerstagabend noch NIE in der Champions League gespielt. Gut, könnte man sagen: Wirtz ist ja auch erst 21 Jahre alt. Aber die Altersgrenzen in diesem Sport haben sich längst in Richtung Teenager-Alter verschoben. Aktuellste Referenz: Barcelonas Lamine Yamal, der nicht nur die heimische Liga aufmischt, sondern auch bei der Fußball-EM für Spanien glänzte. Erst im Laufe des Turniers, kurz vor dem Finale, wurde er 17 (!). Aber zurück zu Wirtz, der seit diesem Donnerstagabend endlich da ist, wo er sein möchte: auf dem wertvollsten Parkett der Fußballwelt.

Feyenoord Rotterdam - Bayer Leverkusen 0:4 (0:4)

Tore: 0:1 Florian Wirtz (5.), 0:2 Alejandro Grimaldo (30.), 0:3 Florian Wirtz (36.), 0:4 Timon Wellenreuther (45./Eigentor)
Rotterdam: Wellenreuther - Lotomba (61. Moussa), Trauner (72. Mitchell), Beelen, Hancko - Hwang, Zerrouki (46. Smal), Timber - Milambo (74. Nadje), Gimenez, Paixao (61. Ueda). - Trainer: Priske
Leverkusen: Hrádecký - Tapsoba, Tah, Hincapie - Frimpong, Xhaka (81. Palacios), Andrich, Grimaldo (80. Belocian) - Terrier (71. Adli), Boniface (62. Schick), Wirtz (71. Garcia). - Trainer: Alonso
Schiedsrichter: Davide Massa (Italien)
Gelbe Karten: Trauner -
Zuschauer: 50.000

Und Ehrfurcht spürte er nicht unter seinen Schuhen. Angst eh nicht. Bei Wirtz hatte sich in den vergangenen Jahren offenbar ordentlich was angestaut. Der kleine Spielmacher zog das Spiel von Bayer direkt an sich und besorgte nach fünf Minuten das erste von vier Toren seiner Leverkusener bei der vor allem in der ersten Hälfte überforderten Elf von Feyenoord Rotterdam. Robert Andrich fing einen Ball im Aufbau ab, spielte auf Wirtz weiter, der bekam von Victor Boniface ordentlich Raum geschenkt und versenkte aus der Distanz. Das war die unbändige Lust, es endlich mit der großen Fußballwelt aufzunehmen. "Wenn man ein großer Spieler werden will, dann muss man auch in die Champions League", betonte Wirtz im sommerlichen Trainingslager mit seiner Werkself.

In der Europa League hat's schon geklappt

Die "kleine" Fußballwelt hatte in der vergangenen Saison bereits erobert. In der Europa League stürmte er mit Leverkusen ins Finale, dort war Atalanta Bergamo zu stark. Und trotzdem hatten Bayer und Wirtz für allerbeste Unterhaltung gesorgt, mit ihrem mitreißenden Fußball und einem kultivierten Last-Minute-Wahnsinn, der kaum zu fassen war. Ganz so dramatisch wie in den vielen Nachspielzeiten muss es nun nicht mehr werden, aber es dürften gerne viele neue magische Nächte hinzukommen. Worauf sich die Konkurrenz in der völlig renovierten Königsklasse einstellen muss, hinterlegte die Werkself im berüchtigten "De Kuip" von Rotterdam. "Gegen einen sehr guten Gegner so zu spielen - Kompliment an meine Mannschaft", lobte Kapitän Granit Xhaka: "4:0 auswärts nehmen wir gerne mit."

Das Spiel kommt einer Warnung gleich: Wer Bayer, wer Wirtz spielen lässt, der bekommt diese Fahrlässigkeit saftig um die Ohren gepfeffert. Die Leverkusener haben an Tempo, Spielfreude und Klasse im Sommer nichts liegengelassen. Selbst wenn es zuletzt ein wenig gehakt hatte, gemessen am eigenen Maßstab. Auch die erste Bundesliga-Niederlage nach einer gesamten Saison ohne jede Pleite zuletzt gegen RB Leipzig (2:3) warf diese Mannschaft nicht um. Beim zweiten Treffer in Rotterdam glänzte Boniface mit einer rotzfrechen und genialen Vorlage, Alejandro Grimaldo veredelte. Zuvor war Jeremie Frimpong noch am Ball gewesen. Dann war wieder Zeit für Wirtz, zum 3:0 vollendete er auf kunstvolle und technisch schwierige Weise.

Startrainer Xabi Alonso etwas voraus

Der 21-Jährige hatte damit geschafft, was bislang noch keinem deutschen Fußballer gelungen war. Laut dem Datendienstleister Opta war Wirtz der Erste, dem bei seinem Champions-League-Debüt mehr als ein Tor gelang. Nach der Partie wurde der Zauberfuß zum Man of the Match gewählt. Das habe er nicht geschafft, erinnerte sich Trainer Xabi Alonso, ein Weltklassefußballer und später in seiner Karriere ganz oft der Man of the Match, an sein einstiges Debüt als Spieler in der Champions League und freute sich, dass Wirtz allen zeigte, wie gut er sei. Und genau das war ja sein Ziel gewesen: Er wolle zeigen, so hatte er im Vorfeld angekündigt, "was ich draufhabe und schauen, was ich in der Champions League reißen kann".

Gezeigt, was er drauf hat, hat er in der Bundesliga, in der Europa Leage und in der Nationalmannschaft. An der Seite von Bayern München reißt er Deutschland als "Wusiala" von den Sitzen. In diesem Jahr ist er erstmals für den Ballon d'Or nominiert. Anders als Kumpel Musiala. Auch ohne Nachweise in der Königsklasse. Angesichts dieser beeindruckenden Vita scheint es wirklich unglaublich, dass Wirtz keines seiner 157 Pflichtspiele für Bayer auf dem wertvollsten Parkett der Fußballwelt absolviert hat. Doch der Grund ist simpel: Weil er vor über zwei Jahren aufgrund eines Kreuzbandrisses ausfiel, verpasste er große Teile der einzigen Saison, in der sich Bayer zuletzt für die Champions League qualifiziert hatte. Geschichte. Die Gegenwart ist da und glänzt strahlend hell.

"Umso schöner"

Mehr zum Thema

Für eine seriöse Bewertung, wohin die Reise für Leverkusen gehen kann, ist es noch zu früh. Aber der Auftakt ist gelungen und die Botschaft angekommen. Mit Bayer, mit Wirtz ist zu rechnen. Der Überfallfußball funktioniert, das schnelle Kombinationsspiel eh und auch in Ballbesitzphasen ließ die Mannschaft das Spielgerät minutenlang kreiseln und ermattete die Niederländer weiter. "Ich habe mich die letzten Tage schon echt auf das Spiel gefreut und so bin ich auch reingegangen", sagte Wirtz bei DAZN: "Dann war es auch erfolgreich - umso schöner. Ich habe nicht damit gerechnet, dass ich mit zwei Toren aus der ersten Halbzeit hier rausgehe."

Komplett rausgehen aus dem Spiel musste er dann nach 72 Minuten. Und das konnte oder wollte er nicht verstehen, fragend blickte er nach draußen zu seinem Trainer. Der entschied sich für Belastungssteuerung. Wirtz gefiel das nicht. Von der Champions League kann der 21-Jährige offenbar gar nicht genug bekommen.

Quelle: ntv.de, tno

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen