Neuers Patzer ermöglicht Sensation Gladbach blamiert den FC Bayern
07.08.2011, 19:35 Uhr
Bayern-Präsident Uli Hoeneß hat am 1. Bundesliga-Spieltag hinreißenden Fußball bewundern dürfen - als Gast in Dortmund.
(Foto: dapd)
Eine stabile Grundordnung, ein starker Torwart und ein Blindflug von Manuel Neuer verhelfen Mönchengladbach zu einem sensationellen Bundesligastart: dem Sieg beim selbst ernannten Topfavoriten FC Bayern. Der agiert im Angriff viel zu statisch, um auf Igor de Camargos Kopfballtor eine Antwort zu finden.
Mit einem Paukenschlag haben der FC Bayern und Borussia Mönchengladbach den 1. Bundesliga-Spieltag abgeschlossen, doch die Musik machten nicht die Münchner. Ein grober Patzer von Nationaltorhüter Manuel Neuer bescherte dem Fußball-Rekordmeister im Bundesliga-Klassiker vielmehr einen bitteren Fehlstart in die neue Saison. Während der 1:0 (0:0)-Sieg in München bei den Gladbachern für unerwartete Glücksgefühle sorgte, schlichen die Bayern frustriert vom Platz. Denn nach der Heimpleite müssen die hoch gewetteten Bayern dem furios gestarteten deutschen Meister Borussia Dortmund und den eigenen Ansprüchen gleich zu Saisonbeginn wieder hinterherlaufen.
"Die Gladbacher haben ein Spinnennetz gespannt, und wir haben uns darin verfangen", kommentierte Bayern-Coach Jupp Heynckes seine misslungene Bundesliga-Rückkehr nach München konsterniert. Lucien Favre frohlockte hingegen. "Die Spieler wussten, dass das eine schwere Kiste wird. Aber sie wussten auch, dass etwas Außergewöhnliches möglich war. Teilweise haben wir uns weit hinten reindrücken lassen. Aber wir haben am Ende das Glück provoziert", sagte Gladbachs Coach zum Coup seines Teams, das im Vorjahr erst in der Relegation den Abstieg vermieden hatte.
Bayerns Ehrenpräsident Franz Beckenbauer meinte mit Blick auf seine teuer verstärkten und hoch gehandelten Münchner: "Das haben sich die Mannschaft, Zuschauer und Verantwortlichen der Bayern anders vorgestellt. Wer weiß, wofür die Niederlage gut war, aber ich sehe derzeit das Gute noch nicht. Gladbach hat nicht viele Chancen zugelassen. Daran sieht man schon die Hilflosigkeit der Bayern."
Matchwinner für die aufopferungsvoll kämpfenden Gäste war Igor de Camargo, der in der 62. Minute nach einem langen Ball von Roel Brouwers mit dem Kopf vor Neuer am Ball war. Der Neuzugang im Bayern-Kasten hatte sich beim Herauslaufen böse verschätzt und gab das auch zu: "Das war mein Fehler. Es war keine leichte Situation, es war ein schwieriger Ball." Der bessere Keeper stand an diesem Abend im Gästetor: Beim erst zweiten Sieg in München nach 1995 war auf Gladbacher Seite der 19-jährige Marc-André ter Stegen der entscheidende Rückhalt.
Viel Ballbesitz, wenig Ideen
Die Bayern waren vor 69.000 Zuschauern, darunter Bundestrainer Joachim Löw, das gesamte Spiel über optisch überlegen. Ein Offensiv-Feuerwerk zündeten sie aber mitnichten, obwohl Dribbelkönig Arjen Robben in der Startelf stand. Zumeist agierten die Münchner zu kopflos und uninspiriert - oder sie hatten Pech. So traf Mario Gomez, Bundesliga-Torschützenkönig der Vorsaison, in der 54. Minute per Kopf nur den Pfosten. In der 77. Minute wurde den Münchnern ein Treffer von Thomas Müller wegen angeblicher Abseitsposition nicht anerkannt, eine strittige Entscheidung.
Die Gäste sahen sich früh in die eigene Hälfte zurückgedrängt und standen oft mit zehn Spielern kompakt um den eigenen Strafraum herum. Mit guter Organisation machten sie aber die Räume geschickt eng und zwangen die Münchner auf die Flügel. Dabei wirkte das Bayern-Spiel allerdings meist zu statisch.
Kroos bleibt blass
Auch von Toni Kroos als Mann hinter den Spitzen kamen keine überraschenden Ideen. Dem von seiner Fußverletzung wiedergenesenen Robben war die Zwangspause anzumerken. Allerdings wurde auch deutlich, dass die Gegner mittlerweile wissen, wie Robben zu stoppen ist. Der Niederländer sah sich auf der rechten Seite zumeist gleich zwei Gegenspielern gegenüber und war so gut wie wirkungslos. Ganz anders Thomas Müller, der von links für wesentlich mehr Gefahr sorgte. Immerhin stand die umformierte Bayern-Deckung mit ihrem neuen Abwehrchef Jerome Boateng lange sicher. Auch Luiz Gustavo räumte im defensiven Mittelfeld ab.
So war angesichts der starken Abwehrreihen die Partie über 40 Minuten ein Spiel ohne Chancen. Ein Kopfball von Mario Gomez (7.), ein 25-Meter-Schuss von Kroos (26.) waren viel zu harmlos, um Gladbachs ter Stegen herauszufordern. Die Gäste warteten indes auf den Lucky Punch und hätten tatsächlich beinahe die Bayern getroffen. Juan Arango zwang mit einem Schuss von der Strafraumgrenze Bayerns Torhüter Neuer, der vor der Partie als "Fußballer des Jahres" ausgezeichnet worden war, zu einer Glanztat.

Matchwinner: Igor de Camargo nutzte per Kopf einen Blindflug von Bayern-Keeper Manuel Neuer gnadenlos aus.
(Foto: dpa)
Nach dem Wechsel erhöhten die Gastgeber den Druck. Trainer Jupp Heynckes brachte nach einer Stunde für den wirkungslosen Kroos auch noch Franck Ribery. Kurz danach fiel der Treffer für die in der vergangenen Saison lange abstiegsgefährdeten Borussen wie aus dem Nichts. Die Bayern rannten wütend an. Doch Gladbachs Torwart-Talent ter Stegen ließ sich nicht überwinden - auch nicht, als Robben nach seinem Standardtrick in der 65. Minute von rechts außen in die Mitte zog und flach abzog.
Quelle: ntv.de, dpa/sid