Reaktionen auf Transfer-Coup "Götze ist unglaubwürdig"
23.04.2013, 21:50 Uhr
Nach 15 Jahren verlässt Mario Götze Dortmund in Richtung München.
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Die Fußballwelt staunt über den Super-Transfer: Ab dem Sommer spielt Mario Götze für den FC Bayern München. Die Reaktionen auf den Wechsel sind kontrovers. Ex-Nationalspieler Lothar Matthäus jedenfalls ist schockiert und kritisiert den Jungstar sogar.
Es steht gleich im ersten Absatz. "Wer da geboren wird, wo ich geboren wurde und es im Fußball zu etwas bringen will, der wechselt entweder nach München oder nach Stuttgart", so schreibt Mario Götze auf seiner Internetseite über seinen Werdegang. Das Supertalent wurde am 3. Juli 1992 in Memmingen im Allgäu geboren, 120 Kilometer entfernt von München. Erst im Alter von sechs Jahren zieht er mit seiner Familie nach Dortmund.
Man hätte also wissen müssen, dass Götze, der schon als Kind in Bayern-Bettwäsche geschlafen hat, eines Tages an die Säbener Straße wechseln würde. Ab dem Sommer erfüllt sich für ihn nun der große Traum. Er verlässt Borussia Dortmund und spielt beim FC Bayern München. Aber auch wenn der wendige Tempodribbler offenbar schon immer beim Rekordmeister spielen wollte: Der plötzliche Wechsel Götzes wird in der Fußballwelt kontrovers diskutiert:
Jürgen Klopp (Trainer Borussia Dortmund): "Es hätte noch schlechtere Momente gegeben. Vier Stunden vor dem Spiel zum Beispiel. Aber auf einer Skala von 1 bis 10 sind wir bei 9 angekommen. Aber allen, die wütend sind, sei gesagt: Wir haben im letzten Jahr Marco Reus für eine festgeschriebene Ablösesumme von 17 Millionen verpflichtet. Das wird in Mönchengladbach auch nicht für Begeisterungsstürme gesorgt haben. Und nichts anderes ist jetzt auch passiert. Mit Blick auf Madrid ist das für uns eine ganz klare Jetzt-erst-recht-Situation: Wir wollen dafür sorgen, dass wer immer auch wollte, dass wir gestört werden in der Vorbereitung auf dieses Spiel, keinen Erfolg hat."
Hans-Joachim Watzke (Geschäftsführer Borussia Dortmund): "Wir sind natürlich über alle Maßen enttäuscht, betonen aber, dass sich sowohl Mario als auch sein Berater absolut vertragskonform verhalten haben."
Matthias Sammer (Sportdirektor Bayern München): "Wir sind nicht Botschafter dieser Information. Der Zeitpunkt ist nicht optimal. Die Zielstellung von uns war - man muss ja auch ein paar Zeitfenster einhalten - dann auch nach den ersten Spielen, Mitte, Ende der Woche das zu transportieren. Daran haben wir uns gehalten. Es ist ja auch ganz positiv, dass er in der Bundesliga bleibt."
Franz Beckenbauer (Ehrenpräsident Bayern München): "Es ist eine wunderbare Verpflichtung aus Bayern-Sicht. Er ist der beste deutsche Offensiv-Spieler. Ich glaube, dass Pep Guardiola da ein Wort mitgeredet hat. Götze ist eigentlich der einzige Spieler in Deutschland, der dem Ideal gleich kommt, Maßstab FC Barcelona. Ich denke, dass Guardiola großen Wert drauf gelegt hat, Götze zu verpflichten. Für die Dortmunder tut es mir leid, dass sie so einen großartigen Spieler verlieren. Denn im Zusammenspiel mit Marco Reus war das schon einsame Spitze. Aber ich freue mich, dass er in der kommenden Saison statt schwarz-gelb ein rotes Trikot trägt."

Bayern hat sich Götze verdient, findet Leverkusen-Geschäftsführer Holzhäuser.
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Wolfgang Holzhäuser (Geschäftsführer Bayer Leverkusen): "Mario Götze ist einer der besten jungen Spieler in Deutschland neben André Schürrle. Der eine geht nun zu den Bayern, der andere vielleicht nach Chelsea. Ich gönne es jedem Klub, der sich so einen Spieler leisten kann. Und Bayern hat sich verdient, ihn sich leisten zu können, denn sie haben es sich über Jahre hinweg erarbeitet."
Max Eberl (Sportdirektor Borussia Mönchengladbach): "Das überrascht mich nicht. Man hat so was gehört im Markt. Für Bayern ist das natürlich ein Riesentransfer. Aber man sollte nicht zu schnell ins Extreme abgleiten und von schottischen Verhältnissen sprechen. Darüber auslassen kann man sich, wenn Bayern wirklich fünf Mal in Folge Meister geworden sein sollte. Der Götze-Transfer wird sicher auch zur Folge haben, dass ein oder zwei Spieler Bayern verlassen werden und Dortmund wieder groß einkaufen kann. Deshalb muss man erst einmal abwarten, was passiert."
Heribert Bruchhagen (Vorstandsvorsitzender Eintracht Frankfurt): "Aus Sicht des FC Bayern halte ich das für eine geniale Idee, weil Mario Götze das größte deutsche Fußballtalent ist. Wenn ich Verantwortlicher bei Bayern wäre, hätte ich das auch gemacht. Aus Sicht der Wettbewerbsfähigkeit der Bundesliga geht der Transfer aber nicht ganz konform mit den zuletzt geäußerten Gedanken von Uli Hoeneß."
Martin Bader (Sportvorstand 1. FC Nürnberg): "Glückwunsch an die Bayern. Es ist schön, dass Mario Götze in Deutschland bleibt. Für die Bundesliga wäre es aber interessanter, wenn er in Dortmund geblieben wäre."

Kennt sich aus in Dortmund und München: Ottmar Hitzfeld führte den BVB 1997 zum Champions-League-Titel. Einer seiner Spieler hieß Matthias Sammer.
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Ottmar Hitzfeld (Ex-Trainer von Bayern und Dortmund): "Zu diesem Zeitpunkt hat mich die Nachricht schon überrascht. Dass Götze irgendwann zu Bayern gehen würde, war kein Geheimnis. Das war eine logische Folge seiner Entwicklung. Mich hat gewundert, dass Bayern ihn nicht schon vor einem oder zwei Jahren geholt hat, als man gesehen hat, dass Götze eines der größten Talente im deutschen Fußball ist. Aber nun kann man ihn noch zu einem einigermaßen vertretbaren Preis erwerben. Seine Verpflichtung heißt vielleicht auch, dass der ein oder andere bei Bayern noch verkauft wird. Zu viele starke Spieler könnten für Unruhe sorgen. Mario Götze steckt noch in der Entwicklung, ist noch nicht voll ausgereift. Er hat das technische Rüstzeug und die hohe Spielintelligenz, um alle Positionen in der Offensive zu spielen. Aber dass er mal Messi ablösen wird, glaube ich zurzeit nicht. Messi ist das Maß aller Dinge. Um so stark wie Messi zu werden, muss er noch ein paar Jahre ausgebildet werden. Aber mit Pep Guardiola wird die Entwicklung in diese Richtung gehen. Die Belastung, die nun auf Mario Götze lastet, ist unglaublich hoch. Ich weiß nicht, ob er das verkraftet in diesem Spiel gegen Real. Schon gegen Malaga hat er aus den Torchancen zu wenig gemacht."
Thomas Helmer (Ex-Spieler von Dortmund und Bayern): "Glückwunsch an den FC Bayern! Götze ist ein absoluter Klasse-Spieler. Doch bei Bayern findet er eine viele größere Konkurrenz vor. Das ist keine Wohlfühloase mehr, wo er der unumstrittene Star ist. Und man fragt sich auch, wer dann bei den Bayern gehen muss - trifft es sogar Leute wie Arjen Robben? Für Dortmund ist das eine extreme Schwächung, ein Schock für Fans und den ganzen Verein. Und wer weiß, wer da jetzt noch alles geht? Auch um Hummels, Gündogan und Lewandowski ranken sich ja viele Gerüchte. Am Ende hat der BVB vielleicht viel Geld, aber keine Mannschaft mehr."
Felix Magath (Ex-Trainer Bayern München): "Die deutschen Halbfinal-Chancen in der Champions League sehe ich seit heute kritischer. Der zu einem völlig ungeeigneten Zeitpunkt bekannt gewordene Wechsel von Mario Götze zum FC Bayern München hat schlagartig alle Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Wer glaubt, dieses Thema sei nur ein Problem für Borussia Dortmund, der täuscht sich. Meiner Meinung nach wird diese Personalie auch die aktuellen Bayern Spieler mehr beschäftigen als Jupp Heynckes zum jetzigen Zeitpunkt lieb sein kann."
Stefan Effenberg (Ex-Nationalspieler): "Freundschaftlich war das Verhältnis zwischen Dortmund und Bayern nicht wirklich, auch in der Vergangenheit nicht. Dortmund sagt nun zu Recht, dass die Bayern sie schwächen wollen. Aber so ist das Geschäft. Ich bewundere Götze trotz seiner Jugend, er passt genau zur Philosophie von Pep Guardiola und an ihm werden die Bayern über Jahre hinweg viel Spaß haben. Durch den Transfer kommen natürlich andere interessante Fragen auf. Ich denke, Mario Gomez wird bei Bayern im Sommer gehen müssen, und was mit Toni Kroos passiert, der ein ähnlicher Spieler ist wie Götze, muss man auch abwarten."
Lothar Matthäus (Deutschlands Rekordnationalspieler): "Die Fans fühlen sich veralbert. Die Aussagen, die Mario Götze in der jüngeren Vergangenheit getroffen hat, machen ihn unglaubwürdig. Das schadet dem ganzen Fußball. Dass die Sache einen Tag vor einem der wichtigsten Spiele in Dortmunds Klubgeschichte herauskommt, ist nicht fair, einfach unglaublich. Das Spiel gegen Madrid wird für Götze von der Psyche her kein einfaches. Wer ganz bösartig denkt, denkt an das Viertelfinale gegen Malaga. Da war Götze schon eine entscheidende Person und hat sechs oder sieben Großchancen vergeben. Da hat er schon Nerven gezeigt, denn die Sache ist sicher schon länger klar. Aber vielleicht ist es für ihn jetzt auch eine Erleichterung, dass es raus ist. Den Bayern kann man zu diesem Transfer nur gratulieren. Aber von den Diskussionen um Uli Hoeneß kann es nicht ablenken, dafür hat sie zu große Kreise geschlagen."
Mario Basler (Ex-Nationalspieler): "Beim FC Bayern haben sie mit Spielern vom Kaliber Super-Mario sehr gute Erfahrungen gemacht. Das ist mal Fakt! :-) Nun also der Herr Götze."
Holger Glandorf (Handball-Nationalspieler): "Das ist eine große Überraschung, aber so ist das Business. Wenn Mario sich so entschieden hat, dann ist das seine persönliche Sache. Der Wechsel zeigt aber auch mal wieder die finanzielle Übermacht des FC Bayern im Fußball."
Quelle: ntv.de, cro/sid