Fußball

"Tue es für Kameras, fürs Ego" Guardiolas denkwürdige Show übertüncht Meister-Angst

Pep Guardiola wies Jack Grealish nach dem Remis gegen Arsenal noch auf dem Platz zurecht.

Pep Guardiola wies Jack Grealish nach dem Remis gegen Arsenal noch auf dem Platz zurecht.

(Foto: IMAGO/Sportimage)

Pep Guardiola liefert eine Sternstunde in Sachen Sarkasmus ab: Der Trainer von Manchester City weist sein Team nach Abpfiff zurecht und spottet nun, er "brauche die Kameras" und lasse seine Spieler extra spüren, "wie schlecht sie sind". Auch für Erling Haaland hat er Worte. Steckt dahinter eine große Angst?

Am Sonntag musste Pep Guardiola einen Dämpfer im Kampf um die Titelverteidigung in der englischen Premier League hinnehmen: Während zunächst der FC Liverpool vom deutschen Teammanager Jürgen Klopp Brighton & Hove Albion besiegte, kam Manchester City anschließend nicht über ein torloses Remis gegen den FC Arsenal London hinaus. Die Reds lösten die Männer aus der Hauptstadt an der Tabellenspitze ab und distanzierten Guardiolas Citizens auf drei Punkte. Das bessere Torverhältnis im Vergleich hat Liverpool ebenfalls.

Dementsprechend angefressen und schmallippig erschien der 53-jährige City-Trainer am heutigen Mittag auf der Pressekonferenz vor dem nächsten wichtigen Ligaspiel am morgigen Mittwoch gegen Aston Villa, den derzeitigen Viertplatzierten der Premier League (21.15 Uhr/RTL+). Dass Guardiola keine Lust auf die Fragen der anwesenden Journalistinnen und Journalisten hatte, machte er zunächst mit einsilbigen Antworten auf Erkundigungen nach verletzten Spielern deutlich. Als dann ein Journalist wissen wollte, warum der Spanier unmittelbar nach dem Abpfiff der Partie gegen Arsenal aufgeregt und wild gestikulierend seinem Offensivmann Jack Grealish, der vormals für Villa kickte, auf dem Spielfeld Anweisungen gab und ihn dort anstatt in der Kabine mit Kritik konfrontierte, entwickelte sich eine denkwürdige Pressekonferenz.

Mit eiskalter Miene sagte Guardiola: "Ich tue das alles für die Kameras, für mein Ego." Als der Journalist nachhakte, fuhr Manchesters Trainer unverändert stoisch fort: "Ich bin die berühmte Person des Teams und ich brauche die Anerkennung, ich brauche die Kameras, damit ich mit unglaublicher Zufriedenheit schlafen gehen kann. Das ist der Grund, warum ich die Spieler dort immer kritisiere und sie spüren lasse, wie schlecht sie sind." Guardiola ist schon öfter für seine Angewohnheit kritisiert worden, die Spieler nach dem Spiel noch auf dem Platz und nicht in der Kabine zu analysieren und gegebenenfalls zurechtzuweisen.

"Wenn Erling drei Tore schießt ..."

Der Teammanager ist aber ebenfalls für seinen tiefschwarzen Humor und knochentrockenen Sarkasmus berüchtigt. Vor anderthalb Jahren sagte Guardiolas ehemaliger Barcelona-Stürmer Zlatan Ibrahimović, dass Angreifer Erling Haaland in Manchester nur dann weiter aufblühen werde, wenn Guardiola sein riesiges Ego zügele, mit dem er den Schweden bei Barça einst nicht hätte zur Entfaltung kommen lassen. Der City-Coach antwortete: "Er hat Recht, er hat völlig Recht. In diesem Verein, in dieser Mannschaft, steht mein Ego über jedem anderen Menschen, jedem Spieler", sagte er damals ohne mit der Wimper zu zucken auf Nachfrage zur Ibrahimović-Thematik. "Ich mag es nicht, wenn Erling drei Tore schießt und die ganze Aufmerksamkeit auf ihn gerichtet ist. Ich bin so neidisch! Ehrlich, so eifersüchtig! Ich sagte ihm dann: 'Erling, bitte keine Tore mehr, sonst reden die 'Sun' und die 'Daily Mail' nicht mehr über mich, sondern nur noch über dich."

Und auch diesmal spottete Guardiola weiter und kam ohne Nachfrage erneut auf Haaland zu sprechen. "Wenn Erling drei Tore schießt, will ich die Komplimente und nicht er sollte sie bekommen." Deshalb mache er die Nachbesprechung gleich auf dem Platz vor den Kameras. Einen Tipp für die Presse schickte der Coach auch gleich noch mit: "Filmen Sie uns das nächste Mal nicht und es wird kein Problem geben."

Ob Guardiola nur kurzfristig angefressen war, oder ob die Nerven blank liegen, oder warum er sich sonst für die denkwürdige Sarkasmus-Einlage entschied, ist nicht bekannt. Setzt dem Trainer der enge Meisterschaftskampf, den letzten gegen Rivale Jürgen Klopp, stärker zu, als ihm lieb ist, weil er nun ins Hintertreffen geraten ist? Unternimmt er solche Aktionen, um ein Schutzschild für seine Spieler zu sein, damit diese sich in den wichtigen Wochen auf den Fußballplatz konzentrieren können? Glaubt er, seine Mannschaft damit wachrütteln zu können?

Guardiola unter Druck gegen Villa

Fakt ist: Die Skyblues stehen unter Druck, weil sie nach Jahren der Erfolge (Triple in der vergangenen Saison) in dieser Spielzeit nicht mehr so dominant wie gewohnt auftreten können. Haaland funktioniert als Tormaschine nicht mehr ganz so spektakulär und effektiv und musste sich zuletzt harsche Kritik von Experten anhören, beim FC Arsenal droht ein neuer Dauerrivale heranzuwachsen und Liverpools Power-Fußball unter Klopp scheint Taktiktüftler Guardiola mal wieder zu besiegen. Außerdem ist da noch die Anklage wegen 115 Verstößen gegen die Regeln des finanziellen Fairplays (von 2009 bis 2018), mit denen Manchester City sich immer noch konfrontiert sieht und die an Guardiola nagen könnten.

Kyle Walker, Nathan Aké und Torhüter Éderson fallen zumindest für das nächste Ligaspiel aus, aber John Stones, der gegen Arsenal überraschend auf der Bank saß, könnte zurückkehren. Am Dienstag in einer Woche wartet das schwere Auswärtsspiel in der Champions League bei Real Madrid. In einem möglichen Halbfinale in der Königsklasse würden der FC Bayern München oder Arsenal warten. Es könnte einfachere Wochen geben für einen Trainer.

Gegen Villa kann sich City keine Pleite erlauben, sonst ist bei einem Sieg von Liverpool am Donnerstag gegen Sheffield United die Meisterschaft wohl futsch. Doch das Team von Unai Emery hat die Citizens in dieser Saison bereits einmal besiegt (1:0 im Villa Park im Dezember 2023). Eine Partie, von der Pep Guardiola sagt, es sei die schlechteste Leistung seiner Mannschaft in dieser Saison gewesen. "Wir haben das Spiel verdient verloren", erklärte er auf der Pressekonferenz. Und wahrscheinlich war dies ein Satz ganz ohne Sarkasmus.

Quelle: ntv.de

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