"Ich wälze mich und wälze mich" Hoeneß geht durch die "Hölle"
01.05.2013, 16:53 Uhr
"Ich war im Bademantel, und da stand die Staatsanwaltschaft vor der Tür. Da begann für mich die Hölle."
(Foto: dpa)
Der Kanzlerin würde Steuersünder Uli Hoeneß gerne erklären, "wie es so weit kommen konnte, der ganze Mist". Einstweilen macht er nur Andeutungen – spricht von jahrelangem exzessivem Spekulierens an der Börse und über seinen Abstieg. Als die Staatsanwaltschaft vor seiner Tür stand, habe für ihn die Hölle begonnen.
Uli Hoeneß hat in seiner Steueraffäre Verbindungen seines Schweizer Kontos zum FC Bayern München bestritten. "Dieses Konto war ganz allein Uli Hoeneß", sagte der Bayern-Präsident im Interview mit der "Zeit".
Erst vor kurzem war bekanntgeworden, dass Hoeneß im Januar mit einer Selbstanzeige die Hinterziehung von Steuern eingeräumt hatte. Er soll nach Medienberichten die Erträge von Kapitalanlagen in der Schweiz vor dem Fiskus verborgen haben. Hoeneß bestätigte, dass die Staatsanwaltschaft am 20. März im Morgengrauen sein Haus am Tegernsee durchsucht habe. "Ich war im Bademantel, und da stand die Staatsanwaltschaft vor der Tür. Da begann für mich die Hölle."
"Es ist eine Situation, die kaum auszuhalten ist. Ich schlafe sehr schlecht", sagte Hoeneß. "Ich habe Riesenmist gebaut, aber ich bin kein schlechter Mensch." Er wolle seinen Fehler "so gut wie möglich korrigieren".
Bundespräsident Joachim Gauck nahm die Steueraffäre zum Anlass, die Deutschen zu größerer Steuerehrlichkeit aufzurufen. Nach Einschätzung des Wahlforschers Manfred Güllner schadet die Affäre der Union.
Hoeneß würde gerne mit Merkel reden
Hoeneß räumte ein, mit seiner plötzlichen Rolle als Buhmann ein "großes Problem" zu haben. "Ich fühlte mich in diesen Tagen auf die andere Seite der Gesellschaft katapultiert, ich gehöre nicht mehr dazu", sagte er. Und weiter: "Es ist eine Situation, die kaum auszuhalten ist. Ich schlafe sehr schlecht, ich schwitze sehr viel in der Nacht, was ich eigentlich gar nicht kenne. Ich wälze mich und wälze mich. Und dann wälze ich mich nochmal. Und denke nach, denke nach und verzweifle."
Der Bayern-Präsident zeigte sich überrascht vom Bekanntwerden seiner Selbstanzeige: "Es gab bislang Tausende von Selbstanzeigen, ich hatte noch von keiner gehört, die öffentlich wurde." Zudem reagierte er auf die Kritik von Bundeskanzlerin Angela Merkel, die sich über ihren Sprecher "enttäuscht" von Hoeneß gezeigt hatte: "Ich würde mir wünschen, dass ich irgendwann die Gelegenheit bekäme, der Bundeskanzlerin in einem persönlichen Gespräch zu erklären, wie es so weit kommen konnte, der ganze Mist", sagte Hoeneß.
"Teilweise Tag und Nacht gehandelt"
Wie es so weit kommen konnte, beschreibt er in Ansätzen: "In den Jahren 2002 bis 2006 habe ich richtig gezockt, ich habe teilweise Tag und Nacht gehandelt, das waren Summen, die für mich heute auch schwer zu begreifen sind, diese Beträge waren schon teilweise extrem. Das war der Kick, das pure Adrenalin." Für krank halte er sich aber – derzeit – nicht: "Ein paar Jahre lang war ich wohl nah dran. Aber inzwischen halte ich mich für kuriert."
Den Ausstieg habe er erst spät gefunden. "Ich habe zu viele Verluste gemacht. Ich konnte nicht mehr so viel zocken. Und dann kam 2008 die Finanzkrise, und dann ging es endgültig in den Keller." Außerdem sei er auch nicht mehr "auf der ständigen Suche nach dem großen Kick". Er werde eben älter, sagte Hoeneß.
Der Wurstfabrikant und frühere Fußball-Manager sprach von einer "großen Torheit" und einem "Riesenfehler, den ich so gut wie möglich korrigieren will". Er habe "Riesenmist gebaut, aber ich bin kein schlechter Mensch", versicherte Hoeneß. Dem "Zeit-Online"-Bericht zufolge schloss Hoeneß jede Verbindung dieses Kontos zum FC Bayern München aus: "Dieses Konto war ganz allein Uli Hoeneß." Auch gebe es keine weiteren nicht erklärten Konten.
Gauck: Niemand darf selbst entscheiden, ob er zahlt
"Wer Steuern hinterzieht, verhält sich verantwortungslos oder gar asozial", sagte Gauck dem Magazin "Stern". Es dürfe in rechtlichen und moralischen Fragen nicht zweierlei Standards für die Starken und Schwachen geben. "Niemand darf selbst entscheiden, ob er Steuern zahlt oder nicht", mahnte das Staatsoberhaupt.
Im aktuellen "Stern"-RTL-Trend geht Forsa-Chef Güllner davon aus, dass die Steueraffäre den Unionsparteien geschadet habe. Zum ersten Mal in diesem Jahr rutschten CDU und CSU laut der Umfrage unter die Marke von 40 Prozent. Güllner führte dies auf die Steueraffäre um Hoeneß zurück, die "vor allem wegen dessen Nähe zur CSU" der Union geschadet habe.
Quelle: ntv.de, che/ppo/dpa/rts