Fußball

Festtags-Modus gegen Arsenal Im FC Bayern steckt tatsächlich noch ein Spitzenteam

Die Freude ist mal wieder berechtigt bei Goretzka und Co.

Die Freude ist mal wieder berechtigt bei Goretzka und Co.

(Foto: IMAGO/Moritz Müller)

Der FC Bayern bleibt ein Rätsel. Beim Unentschieden im Viertelfinal-Hinspiel der Champions League zeigen die Münchner, dass weiter eine Spitzenmannschaft in ihnen steckt. Ein Solo illustriert beim Premier-League-Spitzenreiter FC Arsenal die Qualität des Teams.

Der Klang von den Rängen passte nicht zum Bild auf dem Rasen. Die letzte Aktion des 2:2 im Viertelfinal-Hinspiel der Champions League gegen den FC Bayern hatte die Fans im Stadion des FC Arsenal noch einmal empört. Bukayo Saka ging nach einem Duell mit Bayern-Torwart Manuel Neuer zu Boden, Schiedsrichter Glenn Nyberg verzichtete darauf, einen Elfmeter zu verhängen. Er lag richtig mit dieser Entscheidung, trotzdem buhten, schimpften und pfiffen die Zuschauer. Sie taten das auch noch, als Nyberg die Veranstaltung kurz danach beendete.

Die Teams blieben aber unbeeindruckt vom Furor auf den Tribünen. Sie trugen nach Abpfiff einen Friedensgipfel aus. Der Münchner Leroy Sané und der Londoner Gabriel Jesus tauschten Trikots und unterhielten sich angeregt wie zwei alte Bekannte, die sie ja auch sind - sie spielten einst bei Manchester City zusammen. Thomas Müller und Saka standen Arm in Arm beieinander.

Es wirkte, als waren beide Seiten glücklich mit dem Ausgang der Partie. Arsenal konnte sich darüber freuen, eine Niederlage abgewendet zu haben mit dem Ausgleich zum Endstand von Leandro Trossard in der Schlussphase. Der FC Bayern war froh, dass er nach den Demütigungen zuletzt in der Bundesliga - 0:2 in Dortmund! 2:3 in Heidenheim! 16 Punkte Rückstand auf Bayer Leverkusen! - wieder wie der FC Bayern aufgetreten war und mit einer guten Ausgangslage in das Rückspiel kommende Woche Mittwoch (21 Uhr/DAZN und im ntv.de-Liveticker) zieht.

Bayern schaltet in Festtags-Modus

Die Beteiligten haben viel über Schiedsrichter Nyberg debattiert nach dem Spiel - wegen des Zusammenstoßes von Neuer und Saka kurz vor Schluss, wegen eines Ellenbogenschlags von Harry Kane, für den es statt der Gelben auch die Rote Karte hätte geben können, und wegen eines Zwischenfalls fürs Absurditäten-Kabinett: Arsenal-Torwart David Raya spielte einen Abstoß zu Gabriel, dieser nahm den Ball mit der Hand auf. "Der Schiedsrichter hatte nicht den Mut, Elfmeter zu geben", klagte Bayern-Trainer Thomas Tuchel und berichtete, dass Nyberg argumentiert habe, einen solchen "Kinderfehler" könne er in einem Champions-League-Viertelfinale nicht ahnden.

Die Diskussionen um den Spielleiter änderten aber nichts an der Tatsache, dass der launige Abend in Nordlondon ein guter Abend für den FC Bayern war. Die Frage nach dem 2:3-Kollaps zuletzt in Heidenheim war ja gewesen, ob es der Mannschaft gelingen würde, vom Krisen-Modus in der Bundesliga in den Festtags-Modus für die Champions League zu schalten und sich aufzuraffen für den letzten Wettbewerb, in dem die Münchner noch Titelchancen haben in dieser Saison.

Es gelang. Mit dem Remis beim Tabellenführer der Premier League zeigte der FC Bayern, dass weiter eine Spitzenmannschaft in ihnen steckt. "Wir sind zufrieden mit dem, was wir geliefert haben, und okay mit dem Ergebnis", sagte Trainer Tuchel. Sportvorstand Max Eberl sprach ausdrücklich und mehrfach davon, dass die Mannschaft "eine erwachsene Leistung" geboten habe.

"Ganz andere Energie in der Truppe"

Der FC Bayern mit Spielern wie Manuel Neuer, Matthijs de Ligt, Joshua Kimmich, Leroy Sané und Harry Kane ist nicht dafür konzipiert, dem 1. FC Heidenheim Widerstand zu leisten, wenn es in der Bundesliga praktisch um nichts mehr geht - die Meisterschaft ist längst weg für die Münchner. Die Mannschaft ist gemacht für Europapokal-Abende unter Flutlicht in Europas Metropolen. Darauf deutet der Auftritt in London hin. "Von Anfang an, seit unserer Anreise, war eine ganz andere Energie in der Truppe", sagte Eberl. Dank dieser Energie gelang es den Münchnern auch, den frühen Rückstand durch den Treffer von Saka zu verkraften und das Spiel zu drehen durch Tore von Serge Gnabry und Kane per Elfmeter.

Der deutsche Rekordmeister hat bei Arsenal mit Außenseiterfußball bestanden. Er hatte deutlich weniger Ballbesitz und weniger Torschüsse und gefiel sich daran, das Spiel des Gegners zu zerstören. "Wir haben gearbeitet, geblockt und gegrätscht", sagte Kane nach seiner Rückkehr nach Nordlondon - er kam im vergangenen Sommer bekanntlich von Arsenals Erzrivalen Tottenham Hotspur. Gefährlich waren die Münchner immer wieder durch schnelle Gegenstöße und Einzelaktionen.

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Eine solche Szene stand stellvertretend dafür, welche fußballerische Klasse im gescholtenen Bayern-Kader steckt. Der Elfmeter, den Kane zum zwischenzeitlichen 2:1 verwandelte, kam zustande nach einem Messi-ähnlichen Solo von Sané. Aus der eigenen Hälfte zog er bis in Arsenals Strafraum und wäre wahrscheinlich bis an die nächste Küste gelaufen, wenn ihn nicht William Saliba per Foul gebremst hätte. Sané hatte in dieser Saison immer wieder Probleme mit Verletzungen, fehlte zuletzt in Heidenheim, bewies aber gegen Arsenal, dass er den Unterschied machen kann in großen Spielen - während Thomas Müller 90 Minuten auf der Bank saß.

Der FC Bayern fand in London ein Stück weit zu sich selbst zurück. Er spielte mit der Cleverness und der Klasse, die seinem Status als Mitglied des europäischen Fußball-Hochadels entsprechen. "Der Verein hat eine unglaubliche Geschichte in der Champions League und viele Spieler mit unglaublicher Erfahrung in dem Wettbewerb. Das gibt dir Selbstvertrauen", staunte der von Tottenham Hotspur geliehene Innenverteidiger Eric Dier. Alle diese Faktoren könnten den FC Bayern in der Champions League noch weit bringen, trotz der trostlosen Lage in der Bundesliga. Die Münchner traten bei Arsenal wie eine Mannschaft auf, die noch Ziele hat.

Quelle: ntv.de

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