Fußball

Herbers über "Schweini" und MLS "Im US-Fußball geht es richtig zur Sache"

Fabian Herbers spielt in der Major League Soccer für den Schweinsteiger-Klub Chicago Fire.

Fabian Herbers spielt in der Major League Soccer für den Schweinsteiger-Klub Chicago Fire.

(Foto: USA TODAY Sports)

Früher war Fabian Herbers für den VfL Rehde in der Fußball-Oberliga Niederrhein aktiv. Dann ging der Rechtsaußen auf eine US-amerikanische Universität, spielte dort Fußball und empfahl sich für die nordamerikanische Profiliga. Heute spielt er an der Seite von Bastian Schweinsteiger für Chicago Fire. Vor dem Saisonstart der Major League Soccer am Samstag spricht der 25-Jährige über seinen ungewöhnlichen Karriereweg, das steigende Niveau der MLS und die Zusammenarbeit mit "Schweini".

n-tv.de: Herr Herbers, haben Sie eigentlich noch an eine Profikarriere geglaubt, als Sie in der 5. Liga gespielt haben?

Fabian Herbers steht seit dieser Saison bei Chicago Fire unter Vertrag.

Fabian Herbers steht seit dieser Saison bei Chicago Fire unter Vertrag.

(Foto: Oliver Jensen)

Fabian Herbers: Nein, damit hatte ich nicht gerechnet. Ich wusste zwar, dass ich ein guter Fußballspieler bin. Aber für die ganz große Bühne hatte es nicht gereicht. Also kam der Entschluss, auf ein US-College zu gehen, um dort weiter Fußball zu spielen und meinen Uni-Abschluss zu machen. In Deutschland gibt es Agenturen, die jungen Athleten ein Stipendium vermitteln. So war das auch bei mir. Ich bin dann an die Creighton University (im US-Bundesstaat Nebraska, Anm.d.Red.) gegangen. Der Fußball dort entspricht etwa dem Regionalliga-Niveau in Deutschland. Für mich lief es überraschend gut. Drei Jahre später interessierten sich die Vereine aus der MLS für mich.

Genau wie in den anderen amerikanischen Profiligen werden die College-Fußballspieler in einem Draft verpflichtet. Sie wurden im Jahre 2016 von Philadelphia Union als sechster Spieler ausgewählt. Ist man ähnlich wie in der NBA oder der NFL als hoch gedrafteter Spieler automatisch gesetzt?

Nein, das ist völlig anders. Der Sprung vom College in die MLS ist groß, weil die Liga sehr international ist. Spieler aus der ganzen Welt kommen in die Major League Soccer, darunter auch einige Superstars. Das heißt: Selbst wenn man im Draft hoch ausgewählt wurde, muss man sich erst einmal beweisen. In der NFL oder der NBA ist die Ausgangssituation eine völlig andere.

Inwiefern?

Ein Football- oder Basketballspieler, der im Draft früh ausgewählt wird, genießt gleich viel mehr Anerkennung, weil die besten Spieler alle vom College kommen. Im Fußball hingegen werden die besten Spieler eher aus dem Ausland verpflichtet.

Stichwort Superstars: Sie spielen nun für Chicago Fire an der Seite von Bastian Schweinsteiger. Wie war Ihre erste Begegnung?

Das erste Mal haben wir uns getroffen, als ich noch bei Philadelphia Union war und wir ein Spiel gegeneinander hatten. Ich war damals leider verletzt, habe ihn aber in den Katakomben getroffen und nach einem gemeinsamen Foto gefragt. Wir haben uns kurz miteinander unterhalten, konnten aber noch nicht ahnen, dass wir bald zusammenspielen würden.

Wie erleben Sie Schweinsteiger nun als Mitspieler?

Er ist ein lockerer und spontaner Typ, ganz lustig drauf, aber auf dem Platz sehr ehrgeizig. Er ist ein guter Anführer, der auf dem Platz immer positiv coacht und der Mannschaft konstruktiv hilft.

Ist er in der Kabine der Anführer, der auch öfter einmal das Wort ergreift?

Das muss man unterteilen. Auf dem Platz ist er alleine schon aufgrund seiner fußballerischen Qualität ein Leader. Er ist stark am Ball, hat viel Übersicht und gute Ideen, ist daher auch unser Spielgestalter und ein Führungsspieler. Er gibt auch die eine oder andere Anweisung, ist allerdings kein sehr lautstarker Spieler, also kein vokaler Leader. Dafür haben wir einige andere Spieler, die ebenfalls viel Erfahrung haben und deren Englisch vielleicht noch etwas besser ist - zum Beispiel unseren Kapitän Dax McCarty.

Schweinsteiger hat 121 Länderspiele gemacht, wurde Champions-League-Sieger und Weltmeister. Sie spielten vor einigen Jahren noch in der Oberliga, sind dafür aber neun Jahre jünger. Wie groß ist der fußballerische Unterschied zwischen Ihnen beiden?

Natürlich ist er nicht mehr so spritzig wie früher als 22-Jähriger. Aber dafür spielt er mit seiner Übersicht und seinen genauen Pässen, egal ob mit links oder rechts, in einer anderen Liga. Ich gleiche das durch das Läuferische und das Kämpferische wieder aus.

Ist Schweinsteiger in den USA und speziell in Chicago ein Superstar?

Für die Fußballfans ist er sicherlich ein Superstar. Es gibt aber eben auch viele US-Amerikaner, die keine Ahnung vom Fußball haben. Die könnten mit ihm gemeinsam im Fahrstuhl stehen und würden ihn nicht erkennen.

Das erste Saisonspiel findet in der Nacht von Samstag auf Sonntag gegen Los Angeles Galaxy mit Zlatan Ibrahimović statt. Was ist Ihr Ziel mit Chicago Fire und wer sind die Titelfavoriten?

Das lässt sich in der MLS immer schwer voraussagen. Atlanta United zählt als Titelverteidiger sicherlich zu den Favoriten, Los Angeles Galaxy mit Ibrahimović vielleicht auch. Wir wollen erst einmal die Playoffs erreichen, dann schauen wir weiter. In den K.o.-Spielen kann alles passieren.

Die Major League Soccer gewinnt durch berühmte Fußballspieler wie Schweinsteiger oder Ibrahimović an Popularität. 2026 werden die USA gemeinsam mit Kanada und Mexiko die Fußball-Weltmeisterschaft austragen. Welches Potential hat Fußball in den USA?

Der Fußball befindet sich hier im Wachstum. Es kommen immer wieder neue Stars hierher. Das Niveau steigt von Jahr zu Jahr. Früher wurde die Liga belächelt. Man sagte: Dort gehen nur alte Fußballer hin, um ihre Karriere ausklingen zu lassen. Mittlerweile bewegt sich die MLS sicherlich auf dem gleichen Niveau wie die 2. Bundesliga in Deutschland. Hier geht es richtig zur Sache. Es gibt Vereine wie Atlanta United, die 50.000 bis 60.000 Zuschauer haben. Ich denke, dass die MLS in zehn bis 15 Jahren zu den vier besten Ligen der Welt zählen wird - gerade auch aufgrund der finanziellen Mittel. Die WM 2026 kommt genau zum richtigen Zeitpunkt, um die Popularität dann auf ein neues Level zu heben.

Sehen Sie Ihre Zukunft auch langfristig in der MLS? Oder ist es Ihr Wunsch, sich mit guten Leistungen wieder für den europäischen Profifußball zu empfehlen?

Ich bin für alles offen. Es lässt sich schwer voraussehen, was in den nächsten Jahren passieren wird. Grundsätzlich ist der Sprung von Nordamerika noch Europa möglich. Der englische Profiverein Newcastle United hat Miguel Almirón für 24 Millionen Euro von Atlanta United geholt, Bayern München hat viel Geld für Alphonso Davies an die Vancouver Whitecaps bezahlt. Das zeigt, dass die Qualität in der MLS steigt. Wie mein persönlicher Weg aussieht, lässt sich aber schwer voraussehen. Ich möchte einfach gute Leistungen bringen und meine Tore machen - dann sehen wir weiter.

Das Gespräch mit Fabian Herbers führte Oliver Jensen

Quelle: ntv.de

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