Drittes WM-Aus in Folge drohtItalien-Trainer Gattuso schimpft über "Schande" der eigenen Fans

Rechnerisch kann Italien die direkte WM-Quali noch schaffen, praktisch bräuchte es dafür ein Fußballwunder zulasten von Erling Haaland. Der mühsame Sieg in Moldau hält diese Option zwar offen, die Fans der Squadra Azzurra aber sind enttäuscht. Das ärgert Nationaltrainer Gennaro Gattuso merklich.
Italien droht erneut die WM zu verpassen, die Fans sind unzufrieden und haben ihre Mannschaft beim blassen Auftritt in Moldau (2:0) ausgebuht - dafür kritisierte Nationaltrainer Gennaro Gattuso die Anhänger hinterher scharf. "Was ich heute gehört habe, ist eine Schande, das akzeptiere ich nicht", sagte der Weltmeister von 2006. Die Fans hatten in der 73. Minute beim Stand von 0:0 begonnen, gegen die Mannschaft zu protestieren. In Moldaus Hauptstadt Chisinau erlöste Gianluca Mancini (88.) die Italiener erst spät, Francesco Esposito (90.+2) legte nach.
"Ich bin zufrieden, aber wütend über das, was ich in den letzten 30 Minuten gehört habe. Wenn 500 Fans einem zurufen, man solle arbeiten, dann fühlt sich das schlecht an. Ich bin enttäuscht." Stattdessen appellierte der Ex-Nationalspieler an die Fans der Squadra Azzurra. "Jetzt ist nicht die Zeit, den Spielern zu sagen, sie sollen arbeiten gehen. Wir müssen zusammenhalten", sagte Gattuso vor dem direkten Duell mit Erling Haalands Norwegern zum Abschluss der Gruppe I in Mailand am Sonntag (20.45 Uhr, im ntv.de-Liveticker).
Um die direkte Quali noch zu schaffen, müsste Italien mit mindestens neun Toren Unterschied gewinnen. Erst einmal siegten die Italiener in ihrer Geschichte mit neun Toren Differenz. 77 Jahre ist das her. 1948 schlugen sie die USA bei den Olympischen Spielen mit 9:0. Dazu kommt: Im Hinspiel hatte es ein 0:3 in Norwegen gegeben - sollte sich Ähnliches wiederholen, dürfte Gattuso ein erneutes Pfeifkonzert erwarten.
Julian Nagelsmann und die Hyänen im Busch
Seine Worte erinnern an eine ähnlich lautende Frustration, die Bundestrainer Julian Nagelsmann im September dieses Jahres formuliert hatte. Beim mühevollen 3:1-Erfolg gegen Nordirland hatte es zur Halbzeit (1:1) ebenfalls Pfiffe gegeben - woran sich Nagelsmann nach Spielende störte. "Wenn wir alle wie Hyänen im Busch sitzen und warten, bis ich endlich wieder einen beißen und sagen kann, wie schlecht er ist und was er alles beschissen macht - ich glaube nicht, dass man sich da super entwickelt im Land." Bei allem Verständnis für die Zuschauer, die für "teure Tickets eine gute Performance erwarten", brächten solche Unmutsbekundungen das Team nicht weiter auf dem schwierigen Weg zur WM 2026.
Während die DFB-Elf ihr Schicksal vor den letzten Gruppenspielen wieder selbst in der Hand hat, gilt das für Italien nur rechnerisch. Denn Norwegen gewann parallel gegen Estland und hat damit weiter drei Punkte Vorsprung und die um 17 Tore bessere Tordifferenz.
Für den Weltmeister von 2006, der seit jenem Finale von Berlin kein K.-o.-Spiel bei einer WM mehr gewonnen hat, geht es voraussichtlich als Zweiter der Quali-Gruppe I in die Playoffs. Nur über diesen Umweg ist es möglich, noch den Sprung zur WM in den USA, Kanada und Mexiko zu schaffen. Allerdings waren die Italiener in eben diesen zuletzt zweimal gescheitert (an Schweden und Nordmazedonien) und hatten die Turniere 2018 und 2022 verpasst.
Gattuso kritisierte vielleicht deshalb auch den Qualifikations-Modus: "Man muss diejenigen fragen, die die Gruppen und Regeln festlegen. 1994 gab es zwei afrikanische Mannschaften, jetzt sind es acht. Früher fuhren die besten europäischen Gruppenzweiten direkt zur WM". Zur Wahrheit gehört allerdings: 1994 nahmen insgesamt 24 Mannschaften an der WM teil, davon mehr als die Hälfte aus Europa. 2026 werden es erstmals 48 Teams sein und damit doppelt so viele sein; 16 dieser Startplätze gehen an Europa.