Fußball

Ukrainer feiern Rudi Völler Ja, ist denn etwa schon EM?

Mario Gomez zeigt in Kiew Einsatz.

Mario Gomez zeigt in Kiew Einsatz.

(Foto: dpa)

Die Ukrainer erweisen sich sieben Monate vor der Europameisterschaft gegen die deutschen Fußballer in Kiew als gute Gastgeber und spielen tatsächlich den Gassenhauer "Es gibt nur ein Rudi Völler". Allerdings schießen sie auch unverschämt schöne Tore. Und feiern das torreiche Remis wie einen Titelgewinn.

Bundestrainer Joachim Löw ist kein Mann, der sein Wort nicht hält. Vor dem hatte er versprochen, in Kiew gegen die Ukraine etwas ausprobieren zu wollen. Das ist ihm gelungen. Und so sahen die 69.720 Zuschauer beim unterhaltsamen 3:3 (3:1) im dann doch nicht ganz ausverkauften, dafür aber frisch renovierten Olympiastadion etwas, womit die wenigsten gerechnet hatten: ein DFB-Elf mit einer Dreierkette in der Abwehr. Die dann letztlich verantwortlich für drei Gegentore war.

Abgesehen davon zeigten sich die Ukrainer, die an gleicher Stelle am 1. Juli kommenden Jahres das Finale der Europameisterschaft ausrichten, als ausgesprochen gute Gastgeber. Sie nahmen dieses Testspiel so ernst, als ginge es bereits um einen Pokal. Was vielleicht daran lag, dass die Gäste erstmals in den spielten, vor allem aber zur Folge hatte, dass sich die deutsche Mannschaft zumindest in der zweiten Hälfte animiert sah, den Kampf anzunehmen und so gemeinsam mit dem Gegner für ein tolles Fußballspiel zu sorgen. Sehr zur Freude des Publikums, das sich ebenfalls benahm, als habe das Turnier schon begonnen.

Den Höhepunkt eines etwas kalten Abends mit Temperaturen unter dem Gefrierpunkt aber hatte die Stadionregie schon vor der Partie auf Lager. Just als sich die deutschen Spieler zum Warmmachen begaben, erklang aus den Lautsprechern der Gassenhauer "Es gibt nur ein Rudi Völler". Und weil es die Mannschaftsaufstellungen auch nur in kyrillischen Buchstaben gab, schreiben wir aus vollem Herzen: Spacibo! Die deutschen Spieler in der Einzelkritik:

Ron-Robert Zieler hatte keinen geglückten Start im Tor.

Ron-Robert Zieler hatte keinen geglückten Start im Tor.

(Foto: dpa)

Irgendwie ein blöder Abend für Ron-Robert Zieler. Das gibt er mit 22 Jahren und nach gerade einmal 27 Bundesligaspielen sein Debüt im Tor der DFB-Elf - und dann bleibt dem Hannoveraner in der ersten Halbzeit nichts anderes übrig, als dreimal den Ball aus dem Netz zu holen. Dabei hat er nichts falsch gemacht. Oder wie Nationaltorhüterin Nadine Angerer via Twitter verlauten ließ: "Zieler kann einem wirklich leidtun." Dafür machte er nach der Pause seine Sache gleich zweimal richtig gut und rettete die deutsche Mannschaft erst bei einer Chance von Altmeister Andrej Schewtschenko vor dem 1:4 und dann bei einem Schuss von Marko Devic das Unentschieden. Als Rudi Völler übrigens das erste Mal für die Nationalelf spielte, dauerte es noch fast sieben Jahre, bis Zieler auf die Welt kam. Und bei Völlers letztem Einsatz bei der WM 1994 war Zieler gerade mal fünf Jahre alt. Das Lied wird er trotzdem kennen.

Nicht allzu glücklich: Boateng.

Nicht allzu glücklich: Boateng.

(Foto: REUTERS)

Jerome Boateng, und das muss auch einmal jemand aufschreiben, ist für uns der Mann des Abends. Er verließ nämlich als Einziger nach der Partie den Rasen mit freiem Oberkörper. Ansonsten absolvierte der Münchner sein 18. Länderspiel recht unauffällig als rechtes Glied in der Dreier-Abwehrkette, also wichtiger Bestandteil des Löw’schen Experiments. Schien darüber nicht allzu glücklich zu sein. Und war letztlich mitverantwortlich für drei Gegentore.

Holger Badstuber, Boatengs Vereinskollege vom FC Bayern, konnte in seinem 17.Länderspiel den inoffiziellen Titel des Abwehrchefs für sich beanspruchen, da ihm Joachim Löw als mittleres Glied der Experimentkette eine zentrale Rolle zugedacht hatte. Das klappte anfangs auch ganz gut, doch je länger das Spiel dauerte, desto mehr schien er sich nach einer Vierkette zu sehnen. Und: Offensiv ging kaum etwas. Dabei ist Badstuber einer, der normalerweise mit klugen Pässen das Spiel eröffnen kann. Letztlich mitverantwortlich für drei Gegentore.

Hummels schlug sich wacker.

Hummels schlug sich wacker.

(Foto: dpa)

Obwohl Mats Hummels bestimmt lieber in einer Viererkette den Innenverteidiger gibt, machte der Dortmunder in seinem 11. Länderspiel am 11.11.2011 auch links in der Dreierabwehrkette keine schlechte Figur. Ging bei Standardsituationen regelmäßig mit nach vorne und bereitete nach einer guten Stunde das Tor von Simon Rolfes zum 2:3 vor. Allerdings: Beim 0:1 sah er nicht gut aus. Und das zweite Tor der Ukrainer leitete er mit einem Ballverlust in der Offensive ein. Letztlich mitverantwortlich für drei Gegentore. Fazit: Experiment gescheitert.

Träsch konnte nicht begeistern.

Träsch konnte nicht begeistern.

(Foto: dpa)

Nachdem sich Christian Träsch zuletzt als rechter Außenverteidiger versuchen durfte und auf der Problemposition der DFB-Elf wenig überzeugte, durfte der Wolfsburger in seinem zehnten Länderspiel auf der rechten Seite im Mittelfeld versuchen – weil es die Position des rechten Außenverteidigers in diesem Spiel so nicht gab. Wie dem auch sei: Träsch überzeugte wenig. War beim Konter, der zum 2:0 für die Gastgeber führte, ohne Ball langsamer als der Ukrainer Jevhen Konopljanka mit. Nach der Pause kam der Leverkusener André Schürrle für Träsch aufs Feld. Der ging die Sache etwas elanvoller an, ohne Entscheidendes zu bewirken.

Khedira zeigte sich lauffreudig.

Khedira zeigte sich lauffreudig.

(Foto: AP)

Sami Khedira hätte in seinem 23. Einsatz im DFB-Trikot beinahe sein zweites Tor erzielt, doch sein Kopfball in der ersten Halbzeit ging erst an die Latte und dann auf die Torlinie. Und eben nicht dahinter. In der ersten Halbzeit war der Mann von Real Madrid einer der besseren deutschen Spieler, stark im zentralen, defensiven Mittelfeld, viel unterwegs, häufiger als sonst auch nach vorne. Nach der Pause kam für ihn der Leverkusener Simon Rolfes, der dann prompt ein Tor erzielte. Und auch sonst überzeugte.

Kroos zeigte sich überragend.

Kroos zeigte sich überragend.

(Foto: dpa)

Wie Toni Kroos denn gespielt habe, fragte hinterher ein ukrainischer Journalist. Und Joachim Löw machte es tatsächlich spannend. "Koos war - ich würde sagen …" Pause. "… überragend gut heute." Der Münchner organisierte in Abwesenheit des verletzten Vereinskollegen Bastian Schweinsteiger das Spiel, immer unterwegs, "irgendwo vor Sami Khedira und hinter Mario Götze", wie der Bundestrainer sagte. Herrlicher Treffer aus 18 Metern zum 1:2. Baute gegen Ende der Begegnung etwas ab, für ihn durfte die letzten drei Minuten der Dortmunder Lars Bender mitmachen.

Dennis Aogo durfte im linken Mittelfeld beginnen. Länderspiel Nummer acht für den einzigen aktuellen Nationalspieler des Hamburger SV. Konnte mit seiner Leistung und mäßigen Flanken in Kiew nicht besonders nachdrücklich erklären, warum ihn Joachim Löw immer wieder einlädt. Hatte zudem das Pech, dass er in der ersten Halbzeit auf der Seite spielte, auf der auch der Bundestrainer stand. War damit der deutsche Akteur, der am häufigsten zu hören bekam, wie genau das denn jetzt mit dem 3-4-2-1-System gemeint war.

Götze hat schon einmal besser gespielt.

Götze hat schon einmal besser gespielt.

(Foto: dpa)

Auch wenn der Bundestrainer betonte, mit Mario Götze "absolut zufrieden" gewesen zu sein: Das elfte Länderspiel des Dortmunder Wunderkindes war nicht sein bestes. Zu viel hatten sich viele davon versprochen, dass er erstmals gemeinsam mit Mesut Özil von Beginn an in der Kreativzentrale spielen durfte. Trug wieder seine grüngelbneonleuchtenden Schuhe. Die waren dann auch das Auffälligste an ihm, auch wenn er engagierter bei der Sache war als Özil. Wurde nach 66 Minuten für den Münchner Thomas Müller ausgewechselt, der dann auch prompt ein Tor schoss und so nach dem 2:2 in gegen Polen Anfang September das zweite Remis bei einem EM-Gastgeber rettete.

Für Özil war es zu kalt.

Für Özil war es zu kalt.

(Foto: dpa)

Mesut Özil hatte sich in seinem 29. Länderspiel, was die Wahl des Schuhwerks betraf, seinem vermeintlichen Zauberpartner angepasst. Ansonsten aber schien ihm die Kälte nicht zu behagen, zum Glück findet die EM im Sommer statt. Viel gelang ihm nicht, zu wenige Pässe des Madrilenen kamen an. Wurde nach 66 Minuten für die Kölner Ikone Lukas Podolski ausgewechselt, der dann auch noch, nachdem Mario Gomez für Cacau weichen musste, für sieben Minuten den Ersatz-Ersatz-Ersatz-Ersatzkapitän geben durfte.

Mario Gomez: Der Stürmer des FC Bayern durfte in seinem 50. Länderspiel als Ersatz-Ersatz-Ersatzkapitän auflaufen, weil Kapitän und Vereinskollege Philipp Lahm sich mit bundestrainerlicher Erlaubnis schonen durfte, Ersatzkapitän und Vereinskollege Bastian Schweinsteiger sich das Schlüsselbein gebrochen hat und Ersatz-Ersatzkapitän Miroslav Klose ebenfalls verletzt fehlte. Es gibt aber dem Vernehmen nach keine Regel, wonach der Kapitän einer deutschen Fußballnationalmannschaft stets vom FC Bayern zu kommen hat. Hing ansonsten ein wenig in der Luft, nahm aber seine Sache als Chef sehr ernst, lief enorm viel und gab gegen Ende der ersten Halbzeit kurz einmal den Linksverteidiger. Für ihn kam nach 83 Minuten der Stuttgarter Cacau in den Genuss der obligatorischen Einwechslung.

Ukraine - Deutschland 3:3 (3:1)
Tore: 1:0 Jarmolenko (28.), 2:0 Konopljanka (36.), 2:1 Kroos (38.), 3:1 Nasarenko (45.), 3:2 Rolfes (65.), 3:3 Müller (77.)
Ukraine: Rybka - Butko, Rakyzkij, Kucher, Selin - Konopljanka, Timoschtschuk, Jarmolenko (82. Alijew) - Besus (41. Nasarenko) - Schewtschenko (67. Gai), Milewskij (66. Devic)
Deutschland: Zieler - Boateng, Badstuber, Hummels - Träsch (46. Schürrle), Khedira (46. Rolfes), T. Kroos (87. L. Bender), Aogo - Götze (66. Müller), Özil (66. Podolski) - Gomez (83. Cacau)
Zuschauer: 69.720 - Schiedsrichter: Carballo (Spanien)

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen