Der große Traum im Gigantenduell Für 90 Minuten trifft der FC Bayern die goldene Zukunft
25.09.2024, 20:28 Uhr
Ihnen gehört die Zukunft: Deutschlands Florian Wirtz (l) und Jamal Musiala.
(Foto: Bernd Weißbrod/dpa)
Jamal Musiala gegen Florian Wirtz: Vor dem Liga-Kracher zwischen Bayern München und Bayer Leverkusen elektrisiert kein Duell mehr - es könnte schließlich eines der letzten der beiden DFB-Stars sein. Die Zukunft der Ausnahmespieler ist völlig offen.
Der FC Bayern kämpft und träumt. Er kämpft um eine gemeinsame Zukunft mit Ausnahmetalent Jamal Musiala. Und träumt davon, den kleinen großen Magier Florian Wirtz nach München zu holen. In der perfekten Welt des FC Bayern tragen die größten Hoffnungen des deutschen Fußballs zeitnah das gleiche Trikot, nicht mehr nur in der Nationalmannschaft, sondern auch auf Klubebene. "Wusiala" ist der heiße Fiebertraum des FC Bayern. An diesem Samstag geht er zumindest in Teilen in Erfüllung. In der Allianz Arena stehen die beiden 21-Jährigen im Topspiel der Fußball-Bundesliga auf dem Rasen. Musiala will mit den Münchnern die aus den Fugen geratenen Machtverhältnisse wieder geraderücken und Meister Bayer 04 Leverkusen von Wolke sieben schubsen.
Wobei es auf Wolke sieben derzeit ohnehin nicht sonderlich harmonisch zugeht. Bei den Leverkusenern herrscht schon in der frühen Phase der Saison Alarm. Zwar liefert die Offensive um den nicht zu bremsenden Wirtz schon wieder großartig ab, dafür stimmt es aber in den anderen Teilen der Mannschaft (noch) nicht. Dass überragende Kollektiv der vergangenen Saison, nur im Finale der Europa League gab es eine Niederlage, hat noch nicht zu sich gefunden. Was sportlich erstaunlich ist, denn eigentlich ist der Kader eher besser als schlechter geworden. Mit Aleix Garcia, Martin Terrier, Jeanuel Belocian und Nordi Mukiele kam große Qualität hinzu, mit Odilon Kossounou und Josip Stanisic gingen lediglich zwei Spieler, die regelmäßig im Einsatz waren.
Und trotzdem passt es nicht. Kapitän Granit Xhaka holte nach dem vergangenen Wochenenden, nach dem reichlich wilden 4:3 gegen den VfL Wolfsburg zu einem Rundumschlag gegen das eigene Team aus. Er vermisse Gier und Biss, sagte er unter anderem. Nach einer unfassbaren Saison wie der vergangenen ist das womöglich eine logische Ermüdungserscheinung, im mentalen Bereich. Er wollte die Mannschaft aufwecken und bekam dafür Unterstützung von seinem Trainer Xabi Alonso. Der Zeitpunkt um wach zu werden, könnte kaum besser sein. Denn der FC Bayern ist nicht nur gewillt, die Dinge wieder so herzurichten, dass das Machtzentrum des deutschen Fußballs an die Säbener Straße zurückkehrt. Sondern der FC Bayern ist auch in der Form das zu tun.
"Wusiala" mischt Europa auf
Zumindest nach allem, was man bisher gesehen hat. Allein in der vergangenen Woche erzielten die Münchner in drei Spielen 20 (!) Tore. Holstein Kiel, Dinamo Zagreb und Werder Bremen gingen in dem Furor der Mannschaft von Neu-Coach Vincent Kompany baden. Gut, hier findet man dann auch das einzige Haar in der Suppe: Die Gegner des FC Bayern wurden noch nicht aus dem obersten Regal serviert. Anders bei Bayer Leverkusen, die schon den VfB Stuttgart (Sieg im Elfmeterschießen im Supercup) und RB Leipzig (Niederlage in der Bundesliga) auf dem Teller hatten. Umso größer aber ist der Hunger des FC Bayern, es nun auch gegen den Doublesieger um Sehnsuchtsspieler Wirtz zu zeigen. Und obwohl soviel internationale Klasse auf dem Feld stehen wird (ab 18.30 Uhr bei Sky und im Liveticker bei ntv.de), wird das Spiel nur auf das Duell der Ausnahmetalente fokussiert.
Und die Beiden, die das Land bei der Heim-EM im Sommer als "Wusiala" endgültig in ihren Bann zogen, sind schon wieder in herausragender Verfassung. Musiala hat in sechs Spielen für den FC Bayern drei Tore erzielt und drei weitere vorbereitet. In der Nations League, im DFB-Dress, ließ er zuletzt überdeutlich seinen Frust darüber raus, dass er in diesem Jahr nicht auf der Shortlist für den Ballon d'Or steht. Gegen Ungarn war er an vier Toren beteiligt und zeigte der Kritik an mangelnde Effektivität den fußballerischen Mittelfinger. Auf der Liste steht dagegen Wirtz, der in der vergangenen Saison Europa schwindelig gespielt hatte. Auch er ist schon blendend unterwegs, steht bei sechs Toren und einem Assist in sieben Spielen. In der Champions League debütierte er gerade erst und schrieb direkt Geschichte. Als erster Deutscher erzielte er bei der Premiere einen Doppelpack.
Was also sonst, soll die Menschen vor diesem Gigantenduell mehr reizen, als das Duell der zwei Magier? Klar, aufseiten des FC Bayern gibt es noch Neuzugang Michael Olise, der mit seiner mitreißenden Spielweise bereits große Träume als Nachfolger der ewig verehrten Legenden Franck Ribéry oder Arjen Robben befeuert. Und bei Leverkusen ist es Victor Boniface, der Sturm-Hüne, der zuletzt mit einer unfassbaren Vorlage in der Champions League für Ekstase sorgte. Der Nigerianer deutete einen Schuss an und spielte mit dem anderen Fuß einen Pass. Man muss die Szene sehen, um zu verstehen, warum in ihr so viel Magie steckte. Es steht sich wirklich jede Menge Extraklasse gegenüber.
"Zauber-Gipfel der beiden Überflieger"
Aber das Duell Musiala gegen Wirtz zieht aus gleich mehreren Quellen seinen Reiz. Nicht nur, weil eben die großen Hoffnungsträger des Landes im direkten Duell zaubern (wollen). Musiala blickt mit großer Freude auf den Samstag und den Kampf gegen seinen Kumpel Wirtz. "Wir sind gute Freunde, wir schreiben uns und haben guten Kontakt", sagt der Superdribbler. Vom "Zauber-Gipfel der beiden Überflieger" ("Sport Bild") ist bereits die Rede. Für mindestens 90 Minuten wird nicht das Oktoberfest das große Ding in München sein, sondern dieses Spiel, das im internationalen Fokus einen noch viel größeren Fokus genießt als die bierlastige Veranstaltung auf der Theresienwiese, die jedes Jahr für böse Überraschungen in der Welt der Prominenten sorgt.
Es braucht nicht viel Fantasie, um sich vorstellen zu können, dass "Wusiala" es mögen würden, gemeinsam auf Titeljagd zu gehen. Und das im Wochenrhythmus und nicht nur alle paar Jahre mit der Nationalmannschaft. Und so arbeitet der FC Bayern mit großer Leidenschaft daran, sich den Traum vom Superduo zu erfüllen. Zunächst einmal liegt alle Kraft darauf, Musiala lange an den Verein zu binden. Sein aktuelles Arbeitspapier läuft noch bis zum Sommer 2026. Und der Spieler hat alle Trümpfe in diesem Poker in der Hand. Die Konkurrenz aus Europa schielt längst mit mehr als einem Auge auf den Superdribbler, der einst beim FC Chelsea ausgebildet worden ist. Die Premier League könnte für den ehemaligen englischen Junioren-Nationalspieler nicht aus Verbundenheit ein lukratives Ziel sein. In England wird der beste Fußball gespielt, hier gibt es großes Geld zu verdienen.
"Eleganz des Balletttänzers Rudolf Nurejew"
Aber noch liegt es beim FC Bayern, die goldene Zukunft zu gestalten. In ersten Gesprächen mit Max Eberl und Christoph Freund sollen die sportlichen Chefs Musiala deutlich gemacht haben, dass er als legitimer Nachfolger von Thomas Müller auf der Position hinter den Spitzen beim FC Bayern gesehen werde. Ein großer Vergleich, eine große Ehre. Parallel, vielleicht etwas nachrangig, geht es um Wirtz. Der hat in Leverkusen zwar noch ein gültiges Arbeitspapier bis 2027, für eine Ablösesumme von angeblich 150 Millionen Euro wäre er wohl aber im nächsten Sommer verfügbar. Für die Münchner stehen zwei gigantische finanzielle Kraftakte an. Aber es wäre schon grob fahrlässig, die Chance auf "Wusiala" als neues Domianz-Duo der 2020er-Jahre ungenutzt passieren zu lassen.
Fußball-Deutschland müsse "sehr froh" über die beiden sein, sagte Toni Kroos kürzlich in seinem Podcast. Wirtz und Musiala seien Spieler, nach denen man "jahrelang gelechzt" habe in Deutschland: "Die werden uns in den nächsten Jahren tragen müssen, die werden uns in den nächsten Jahren die Spiele gewinnen müssen." Beide seien Profis, "die aus einer scheinbar ungefährlichen Situation eine gefährliche machen können - und zwar ganz allein". Auch Michael Reschke, der für Bayer und Bayern arbeitete, sieht "Wusiala" als "einzigartige Fußballer zum Verlieben, zwei traumhafte Geschenke für den deutschen Fußball". Wirtz, sagte der ehemalige Top-Funktionär im "Kicker", sei "eine orkanartige Naturgewalt. Musiala verströmt die Eleganz des Balletttänzers Rudolf Nurejew." Für mindestens 90 Minuten bekommt der FC Bayern an diesem Samstagabend in der eigenen Arena einen Blick in die goldene Zukunft, noch allerdings in den falschen Trikots.
Quelle: ntv.de