Wie stark ist der BVB? "Klares Zeichen in Richtung FC Bayern"
20.09.2015, 10:16 Uhr
Es läuft beim BVB: Und im Westfalenstadion haben sie wieder was zu feiern.
(Foto: imago/Hübner)
Mit dem TSV Bayer 04 Leverkusen kommt an diesem Sonntag einer der ersten ernsthaften Saisongegner ins Westfalenstadion nach Dortmund - sieht man einmal von der miserabel gestarteten Borussia aus Mönchengladbach ab . "Wenn wir die an die Wand spielen, wäre das ein klares Zeichen an den FC Bayern" - sagt Tim Gräsing, BVB-Fan und Autor des Buches "Aus der Hölle ans Licht. Zehn wilde Jahre mit dem BVB", im Gespräch mit n-tv.de. Dass es so gut läuft in dieser Saison, will er aber nicht daran festmachen, dass der Trainer nach sieben Jahren nun nicht mehr Jürgen Klopp heißt. Doch Thomas Tuchel sei schon der Richtige.
n-tv.de: Manchmal nervt der BVB ja ein wenig, selbst bei einem schnöden Europaligaspiel gegen Krasnodar am Donnerstag macht er es spannend. Muss es stets Spektakel sein?
Tim Gräsing: Das war ja nicht immer so. Von 2005 bis 2008 war das anders, eher trist. Das Spektakel ist mit dem Offensivfußball gekommen - der mittlerweile prägend ist für den BVB. Aber es liegt auch an den Schwächen in der Defensive, die immer noch da sind, obwohl gerade die Innenverteidiger über Jahre eingespielt sind. Und dann sind da diese Konzentrationsmängel, die gerade in der Anfangsphase solcher Spiele offenbar immer wieder auftauchen.

Tim Gräsing hat Kulturwissenschaften und Kommunikation studiert, ist heute in einer PR-Beratung tätig - und seit 2010 Redakteur des Fanzines "schwatzgelb.de".
Nach einer Katastrophensaison und dem Rücktritt Jürgen Klopps läuft es jetzt mit Thomas Tuchel wieder wie am Schnürchen. Was ist passiert?
Ich will das nicht an der Personalie Klopp oder Tuchel festmachen. Es war eine Saison zum Vergessen, die mit der Rückrunde noch einigermaßen gerettet werden konnte, weil sich die Spieler wieder einigermaßen gefangen haben. Dann kam eine Sommerpause ohne ein größeres Turnier, also ohne EM oder WM. Einige Spieler, die 2014 beim Titelgewinn der DFB-Elf in Brasilien waren, haben jetzt wieder Ruhe finden können, die Köpfe frei bekommen.

Und das ist sein Buch: Eine Dekade mit der Dortmunder Borussia, von der Fast-Insolvenz bis zum nationalen Double.
Würden Sie trotzdem sagen, dass der Trainerwechsel gut und richtig war?
Der Wechsel war richtig, weil Klopp immer gesagt hat, dass er von sich aus zurücktritt, wenn er meint, die Mannschaft nicht mehr erreichen zu können. Das war seine Entscheidung, die man auch so respektieren muss. Die Verantwortlichen haben auf jeden Fall den richtigen Nachfolger gefunden. Es konnte nach Klopp nur einer wie Tuchel sein.
Wie ist das Verhältnis der Fans, vor allem auf der Südtribüne, zum neuen Trainer?
Das ist noch nicht wirklich vorhanden, kann es aber auch gar nicht. Im Moment spielt das keine Rolle in der Fanszene, dafür ist Tuchel noch nicht lange genug in Dortmund. Hinzu kommt, dass er eher introvertiert ist - im Gegensatz zu Klopp, der von Anfang an auf die Fans zugegangen ist und sich vor die Südtribüne gestellt hat. Das macht Tuchel anders, hatte das aber auch so angekündigt. Für uns kein Problem, wir nähern uns mit der Zeit an. Und wenn der Erfolg bleibt, werden wir Fans irgendwann fordern, dass Tuchel sich vor der Südtribüne zeigen soll.
Ist es wichtig, dass Tuchel ein ganz anderer Typ ist als Klopp?
Wenn man einen Charismatiker hatte wie Klopp, der in sieben Jahren eine Ära geprägt hat, ist es für alle einfacher, wenn eine andere Persönlichkeit dort steht, die Mannschaft anders führt und bei null anfangen kann. Auch, weil dann weniger verglichen wird. Darum hatte Klopp ja gebeten. Das klappt im Moment ganz gut, weil Tuchel wirklich ein anderer Trainertyp ist.
Nach zehn wilden Jahren mit dem BVB - wohin führt der Weg in dieser Saison?
Ich verspüre ein wenig den Geist von 2010 - aber man kann nach den ersten Spielen nicht wirklich sagen, wo es hingeht. Die Qualifikation für die Champions League ist auf jeden Fall das Ziel ist, das wäre für uns Fans natürlich schön, weil uns die Königsklasse in den vergangenen Jahre sehr schöne Erinnerungen beschert hat. Aber Ambitionen in Richtung Meisterschaft sehe ich da nicht. Der Pokalsieg wäre auch eine prima Geschichte – in Berlin sind wir mittlerweile ja Dauergast. Aber da macht man sich keinen Druck. Wenn es so weiterläuft, ist der BVB am Ende definitiv in der Lage, unter die ersten Drei zu kommen.
Kann die Borussia nicht doch dem FC Bayern Konkurrenz machen?
Es ist kein Thema, weil wir wissen, gegen wen wir gespielt haben. Zehn Pflichtspielsiege in Folge, das klingt natürlich gut. Aber der einzig wirkliche Gradmesser war Mönchengladbach am ersten Spieltag der Bundesliga - auch wenn die letztlich ein wenig unglücklich in die Saison gestartet sind. Ansonsten hatten wir noch nicht den Gegner, der uns auf so hohem Niveau gefordert hat, dass er als Topteam durchgeht. Das wird an diesem Sonntag im Westfalenstadion gegen Leverkusen sicherlich der Fall sein. Bayer ist eine andere Hausnummer als zum Beispiel Krasnodar. Was den FC Bayern betrifft: Im Moment sieht das natürlich gut aus, die Münchner werden schon Respekt vor uns in der derzeitigen Verfassung haben. Nach dem Spiel gegen die Leverkusener kann man da mehr sagen. Wenn wir Leverkusen als direkten Konkurrenten um die Champions-League-Plätze an die Wand spielen sollten, wäre das ein klares Zeichen.
Mit Tim Gräsing sprach Stefan Giannakoulis
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Quelle: ntv.de