Fußball

Noch Warten auf Eberl, aber ... Marco Rose weckt den "Punk" bei RB Leipzig

Marco Rose (l.) und RB-Boss Oliver Mintzlaff (2.v.l.) warten noch auf Max Eberl und dann wird sicher alles wieder gut.

Marco Rose (l.) und RB-Boss Oliver Mintzlaff (2.v.l.) warten noch auf Max Eberl und dann wird sicher alles wieder gut.

(Foto: IMAGO/Picture Point LE)

Verblüffende Verwandlung: Vor den Augen von Altmeister Ralf Rangnick berauscht sich RB Leipzig gegen den überforderten BVB plötzlich wieder an klassischem Red-Bull-Fußball. Eine Zutat, ein Vordenker, fehlt noch. Doch auch wenn sich die Ankunft verzögert, sieht der Pokalsieger in eine süße Zukunft.

Das Wiedersehen von Edin Terzic und seinem Nachfolger Marco Rose war ausgesprochen herzlich. Beide Trainer hatten ein Jahr bei Borussia Dortmund eng zusammengearbeitet, umarmten sich innig und wirkten auch nach Roses erstaunlichen 3:0 (2:0)-Erfolg bei dessen Premiere als neuer Trainer von RB Leipzig wie alte Freunde. Rose jubelte zwar euphorisch, aber man nahm es Rose ab, dass er nach dem Triumph "null Genugtuung" verspürte. "Ich habe in Dortmund Freunde gefunden in dem Jahr."

Nur als Roses Übersetzer mochte Terzic dann doch lieber nicht fungieren. Eine auf Englisch gestellte Frage mochte der seit heute 46-Jährige lieber auf Deutsch beantworten. "Mein Englisch ist okay, oder Edin kannst du auf Englisch? Du bist besser als ich", fragte Rose den Kollegen auf dem Podium neben ihn scherzhaft. Der antwortete: "Kann ich, ich habe nur keine Lust." Gelächter im Presseraum.

Für das, was sich in den 90 Minuten zuvor auf dem Spielfeld getan hatte, brauchte es ohnehin keinen Dolmetscher. RB Leipzig lief im ersten Spiel nach der Entlassung von Domenico Tedesco und der Amtsübernahme von Rose wie verwandelt auf. Leipzig spielte in der klassischen 4-2-3-1-Grundordnung - Tedesco hatte fast durchgängig auf Dreierkette gesetzt - mit einer solchen Wucht, wie man das seit den Tagen von Ralf Rangnick nicht mehr gesehen hatte. Der Altmeister, jetzt österreichischer Nationaltrainer, war genau wie Alexander Zorniger, der RB von der Regionalliga in die 2. Liga geführt hat, im Stadion. Man konnte meinen, man sei bei einem Klassentreffen der Pressing-Gegenpressing-Veteranen gelandet, bei dem die Red-Bull-Spielphilosophie in Reinform demonstriert wird.

Forsberg ist wieder Forsberg

Xaver Schlager und Konrad Laimer, auch Rangnicks Duo in Österreich, waren das Herzstück des neuen, alten RB-Fußballs. An diesem Gespann war durchs Zentrum kein Durchkommen für die ersatzgeschwächten, desolaten und ratlosen Dortmunder. 74 Bälle eroberten die Leipziger und schalteten blitzschnell über Emil Forsberg und Dominik Szoboszlai um, die Timo Werner suchten. Dem zurückgeholten Liebling gelang zwar wenig, doch aufgrund seines Tempos band er Gegenspieler und hatte plötzlich riesige Räume vor sich. Wäre Werner weniger indisponiert und verunsichert, hätte Rasenballsport noch zwei, drei Tore mehr erzielen können.

Emil Forsberg in Aktion.

Emil Forsberg in Aktion.

(Foto: IMAGO/Eibner)

Vor einigen Wochen hatte Alt-Schleifer Eduard Geyer Tedescos Ballbesitzfußball noch treffend mit einem langsamen Walzer verglichen. Unter dem neuen Dirigenten Rose zeigten die Leipziger, dass sie auch noch Punk beherrschen. Selbst Emil Forsberg, der wohl zuletzt in seiner ersten Bundesligasaison 2016/17 so viel Einsatz gezeigt hat, grätsche, kämpfte, eroberte Bälle, als gäbe es kein Morgen. Wie Rose diese Tugenden, die in Leipzig verschüttet waren, in nur drei Tagen freigelegt hat, ist verblüffend.

"Die Jungs haben das direkt in der ersten Ansprache vermittelt bekommen, da fragen wir nicht, sondern wir machen es so", erklärte Rose den Stilwechsel. "Ich habe bei den Jungs gespürt, dass es ihnen auf den Sack ging, dass sie keine Ergebnisse hatten. Wir stehen bei RB für eine bestimmte Art und Weise von Fußball, den haben sie im Tank, sie wissen, wie es geht, deswegen sind sie hier und so sind sie heute auch aufgetreten." Es war nur einigen offenbar nicht mehr bewusst, wie viel Spaß dieser gallige Fußball machen kann. Matchwinner Szoboszlai, der Willi Orban das 1:0 nach einer Ecke auflegte (6.), das 2:0 mit einem traumhaften Flatterschuss aus 23 Metern selbst erzielte (45.) und auch das 3:0 durch Amadou Haidara (84.) einleitete, sagte selbst verwundert: "Intensität, Mentalität und Energie sollten wir auf den Platz bringen, hat der Trainer gesagt. Wie wir das geschafft haben, war unglaublich."

Mit breiter Brust nach Madrid

Es scheint ganz so, als habe RB Leipzig bei der Suche nach der spielerischen Identität der vergangenen anderthalb Jahre mit dem gebürtigen Leipziger Rose nun genau den richtigen Trainer gefunden. Wenn nun in Kürze noch Max Eberl als Sportchef dazukäme, den mit dem Trainer aus Gladbacher Tagen eine Männerfreundschaft verbindet, wäre Leipzig in der sportlichen Führung so gut aufgestellt wie lange nicht. Eberl wäre der ideale Puffer zwischen Trainer und Klubführung und könnte RB wieder zu einer stringenten, zur Spielidee passenden Transferpolitik zurückführen.

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In der vergangenen Wechselperiode war der Klub davon abgekommen, als ausschließlich gestandene Profis wie Werner gekommen waren, keine Rohdiamanten wie zuvor Dani Olmo oder Josko Gvardiol. Mit seiner strategischen Expertise und sportlichen Autorität könnte Eberl im Gespann mit Rose dem Red-Bull-Klub wieder mehr Stimmigkeit und Geschlossenheit bei den Entscheidungen vermitteln, ein Klima schaffen, in dem Trainer nicht im Takt weniger Monate verschlissen werden - schlicht der kaufmännischen Perspektive der Leipziger mehr sportliche Kompetenz entgegensetzen.

Wenn RB am Mittwoch in der Champions League bei Real Madrid so auftritt wie gegen den BVB, dürfte das auch Toni Kroos und Luka Modrić stressen. Das Rezept ist einfach: "Genau das gleiche, was wir heute gemacht haben. Jetzt sind wir auf dem richtigen Weg", sagte Szoboszlai. Und Übersetzer gibt es in der "Königsklasse" auch.

(Dieser Artikel wurde am Sonntag, 11. September 2022 erstmals veröffentlicht.)

Quelle: ntv.de

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