Baumann muss weiter warten Nagelsmann trifft überraschende Torwart-Entscheidung
09.10.2024, 16:56 Uhr
Alexander Nübel (l.) darf sich gegen Bosnien im DFB-Tor beweisen.
(Foto: dpa)
Alexander Nübel debütiert in Bosnien, Oliver Baumann gegen die Niederlande. Einen echten "Zukunftskeeper" mit langfristiger Perspektive als Konkurrenten für Marc-André ter Stegen will der Bundestrainer nicht aufbauen. Auch, weil es (noch) an Optionen mangelt.
Die Überraschung kam am frühen Nachmittag. Julian Nagelsmann und, huch!, auch Alexander Nübel wird am Donnerstagabend vor dem Nations-League-Spiel gegen Bosnien und Herzegowina auf der Pressekonferenz der Nationalmannschaft sprechen. Damit lag die kurz darauf bestätigte Vermutung nahe: Nübel wird am Freitag (20.45 Uhr/RTL und im Liveticker bei ntv.de) in Zenica debütieren - und nicht Oliver Baumann, wie die meisten Beobachter aus den bisherigen Aussagen des Bundestrainers gelesen hatten.
Baumann, auch das ist nunmehr offensichtlich, bekommt stattdessen das zweite Spiel am Montag in München gegen die Niederlande. Schließlich hatte Nagelsmann bei der Nominierung in der vergangenen Woche betont, auch der 34-Jährige habe sich sein Debüt nach jahrelanger Wartezeit jetzt "verdient". Allerdings: Keiner der beiden Debütanten sollte sich ernsthafte Hoffnungen darauf machen, den verletzten Stammtorhüter Marc-André ter Stegen dauerhaft vertreten zu dürfen.
Nagelsmann hat sich auf den Schlussmann des FC Barcelona als Nummer 1 für die WM 2026 festgelegt - und diesen Status nach dessen schwerer Knieblessur bestätigt. Einen echten "Zukunftskeeper" mit langfristiger Perspektive als Konkurrenten für ter Stegen will er nicht aufbauen, auch deshalb das "Jobsharing" zwischen Baumann und Nübel. Und für den Stuttgarter ist das Bestätigung seines langen Wegs: "Natürlich ist es immer eine Belohnung, zur Nationalmannschaft zu reisen. Ich habe die letzten drei Jahre relativ viele Spiele bekommen, angefangen in Monaco. Dort eine sehr, sehr gute Leihe gehabt und dort zwei Jahre international gespielt. Dann zurück nach Deutschland in Stuttgart hat es direkt sehr, sehr gut gefunkt", sagte er zu RTL/ntv und weiter: "Ich glaube für jedes Kind ist es ein Traum, in der Nationalmannschaft zu spielen."
Andreas Köpke macht sich Sorgen
Es sagt viel über die Lage der Torhüter-Nation, dass nach dem Drama um ter Stegen sofort Rufe nach einer möglichen Rückkehr von Manuel Neuer laut wurden - der mit immerhin 38 Jahren gerade erst zurückgetreten ist. Der Weltmeister von 2014 winkte dankend ab - und warb um "Vertrauen" für seine Erben, darunter auch Kevin Trapp und Bernd Leno.
Nübel, Baumann, der ebenfalls nominierte Janis Blaswich, Trapp, Leno - keiner aus diesem Quintett ist jünger als 28. Dahinter fehlen ganze Jahrgänge. Andreas Köpke, Europameister von 1996 und langjähriger DFB-Torwartcoach, mahnte im vergangenen Jahr, er blicke "mit großer Sorge" auf die Zeit nach der Generation Neuer/ter Stegen. "Wir werden ein Problem kriegen", prophezeite Köpke, "ich wüsste gerade keinen Namen, bei dem ich sagen würde, er könne in diese Fußstapfen treten."
Der Verband hat die Notlage längst erkannt und versucht, gegenzusteuern. Er hat den früheren Bundesliga-Keeper Marc Ziegler als Torwartkoordinator angestellt, der 48-Jährige kümmert sich seit 2017 um die Juniorenteams und die Ausbildung der Torwarttrainer. Im Projekt "N28" sucht er eine Antwort auf die Frage, wer in vier Jahren das deutsche Tor hüten soll.
Torwart-Talente spielen - aber in Liga zwei
Der DFB hat eine eigene "Torwart-DNA" entwickelt, mit "zehn Genen", die einen modernen Klassekeeper ausmachen sollen: Er soll ein guter Techniker sein, immer "online", dabei Organisator, Persönlichkeit, Raumverteidiger und erster Offensivspieler. "Wir haben die Talente", sagte Ziegler kürzlich, "vielleicht nicht mehr sechs Stück wie in den Topjahrgängen in der Vergangenheit, aber wir haben sie."
Tatsächlich stehen im aktuellen Kader der U21 mit Noah Atubolu (SC Freiburg), Tjark Ernst (Hertha BSC) und Jonas Urbig (1. FC Köln) drei Torhüter, die bei ihren Klubs schon die Nummer 1 sind - das war nicht immer so. In der 2. Liga hüten bei 17 von 18 Vereinen Deutsche das Tor. Im Oberhaus aber greifen nur noch 10 Klubs auf deutsche Stammkeeper zurück - vor zehn Jahren waren es noch 14. Unter den 30 wertvollsten Torhütern der Welt listet Transfermarkt.de noch einen einzigen Deutschen: ter Stegen. Nübel steht auf Platz 48, Baumann belegt Rang 196.
Quelle: ntv.de, tno/sid