Fußball

Keeper patzt, Hummels schimpft Haaland zerstört BVB-Traum mit Herzlichkeit

Haaland brach mit seinem artistischen Siegtor die Herzen der Borussia, doch das nahmen ihm die Ex-Kollegen wenig übel.

Haaland brach mit seinem artistischen Siegtor die Herzen der Borussia, doch das nahmen ihm die Ex-Kollegen wenig übel.

(Foto: IMAGO/NTB)

Lange arbeitet Borussia Dortmund bei Manchester City an einer Überraschung. Dann kommt Erling Haaland, springt höher als alle anderen. Nach seinem Traumtor spendet er seinen alten Team-Kollegen Trost. Trotz der Niederlage tankt der BVB Mut vor dem Derby gegen Schalke.

Am Ende dürfte es kaum ein Mitglied der Dortmunder Reisegruppe gegeben haben, das nicht von Erling Haaland umarmt, abgeklatscht oder aufgemuntert wurde. Seit Sommer ist der Angreifer bei Manchester City beschäftigt, und wie zu erwarten war, hatte er die entscheidende Rolle gespielt beim Treffen mit seinem ehemaligen Arbeitgeber in der Champions League. Haaland brach mit seinem artistischen Siegtor zum 2:1 in der 84. Minute die Herzen der Borussia, doch das nahmen ihm die Ex-Kollegen ebenso wenig übel wie den Umzug aus dem Ruhrgebiet in den englischen Nordwesten. Darauf jedenfalls deuteten die Bilder nach Abpfiff hin. Es waren Bilder der Herzlichkeit.

Haaland schloss nacheinander Mats Hummels, Jude Bellingham (den Schützen zum 1:0 des BVB) und Trainer Edin Terzić in die Arme. Er spendete Torwart Alexander Meyer Trost, der beim Ausgleich durch John Stones schlecht ausgesehen hatte, und unterhielt sich länger mit Thorgan Hazard. Auf dem Weg in die Umkleidekabine machte Haaland auch noch Halt bei Assistenztrainern und Mitarbeitern der Pressestelle, und alle Dortmunder schienen erfreut über das Wiedersehen mit dem Angreifer aus Norwegen, zumindest auf menschlicher Ebene.

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Sportlich war das natürlich anders. Haaland war der Hauptgrund dafür, dass die Dortmunder Delegation das Stadion von Manchester City mit einem Gefühl der Leere verließ. Der Bundesligist hatte gegen den englischen Meister und Champions-League-Favoriten eine Leistung geboten, wie sie nach der 0:3-Niederlage am Wochenenden bei RB Leipzig mit Ex-Trainer Marco Rose kaum jemand für möglich gehalten hätte. Es war eine Leistung, bei der die Abwehrarbeit im Vordergrund stand. Die Gäste zogen sich weit zurück, teilweise hatten sie acht, neun Spieler hinter dem Ball. Sie verteidigten diszipliniert und mit viel Leidenschaft. Gelungene Grätschen feierten die Defensivspieler des BVB fast so euphorisch wie ein eigenes Tor.

Erling Haaland ist ein sehr guter Stürmer.

Erling Haaland ist ein sehr guter Stürmer.

(Foto: Stringer/dpa)

Ein solches gab es dann tatsächlich auch zu bejubeln, als Bellingham den Ball in der 56. Minute nach einer scharfen Hereingabe von Marco Reus per Kopf ins City-Netz beförderte. Mit dem ersten Schuss aufs Ziel allerdings kamen die Gastgeber zum Ausgleich durch Stones in der 80. Minute. Kurz darauf nutzte Haaland die Flanke von João Cancelo mit einem eingesprungenen Kung-Fu-Tritt zum zweiten Tor für die himmelblaue Milliardentruppe. Trainer Pep Guardiola fühlte sich durch die Artistik des Ex-Dortmunders an Zlatan Ibrahimović oder Johan Cruyff erinnert, und sein BVB-Kollege Terzic musste gestehen: "Dieses Tor schießen nicht viele Spieler auf dieser Welt."

Hummels klagt

Die Dortmunder machten kein Geheimnis daraus, dass sie sich fühlten, als wären sie um den verdienten Lohn ihrer Arbeit gebracht worden mit dem späten Doppelschlag des favorisierten Gegners. "Es ist bitter, denn die Jungs hätten mindestens einen Punkt verdient gehabt", sagte Terzic. "Wir haben bis zur 80. Minute ein sehr, sehr gutes Spiel gemacht. Dann sind es Kleinigkeiten, die entscheiden", fand Sportchef Sebastian Kehl. Und der starke Mats Hummels klagte im DAZN-Interview: "Wir hatten City. Wir hatten sie genau da, wo wir sie haben wollten." Allerdings diagnostizierte er auch, dass sich die Mannschaft vor den Gegentreffern zu passiv verhalten habe, und genau das brachte die Besucher aus der Bundesliga um einen oder vielleicht sogar drei Punkte.

Manchester City kam kaum zu Chancen, nutzte am Ende aber gnadenlos die Dortmunder Ermüdungserscheinungen. Vor dem Ausgleich hatte John Stones wenige Meter vor der Strafraumgrenze zu viel Zeit für seinen Schuss, den Torwart Meyer falsch berechnete. Vor dem zweiten Treffer der Gastgeber operierte Emre Can passiv gegen Flankengeber Cancelo. Und dann, sagte Hummels, sei Haaland eben Haaland.

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Als "nicht zu verteidigen" stufte Hummels dessen Siegtor ein. Für den Stürmer war es im achten Spiel für Manchester City in Liga und Champions League schon der dreizehnte Treffer. Haaland personifiziert die Hoffnungen des Vereins, dass es in dieser Saison endlich, endlich mit dem Gewinn der Königsklasse klappt. Dortmunds Ziele sind bescheidener. Der BVB wäre schon froh über stabile Leistungen nach dem wechselhaften Saisonstart mit dem Sechs-Minuten-K.-o. beim 2:3 gegen Werder Bremen und zuletzt der Pleite gegen Leipzig.

Trotz der Niederlage macht der Vortrag bei Manchester City Mut vor dem Nachbarschaftsduell mit dem FC Schalke 04 am Samstag. "Wir können schon stolz sein auf unsere Leistung, aber damit geht auch ein Stück weit die Verpflichtung einher, im Derby eine richtig gute Leistung abzuliefern" - so formulierte es Sportchef Kehl und prophezeite: "Wenn die Mannschaft so auftritt wie heute, kann es nur einen Sieger geben am Wochenende." Wobei die Veranstaltung mit der Partie bei Manchester City nur wenig zu tun haben dürfte. Im eigenen Stadion gegen Aufsteiger Schalke wird der BVB das Spiel machen müssen. Anders als beim Wiedersehen mit Erling Haaland.

(Dieser Artikel wurde am Donnerstag, 15. September 2022 erstmals veröffentlicht.)

Quelle: ntv.de

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