"Niederlage hält uns nicht auf" Pleite und Häme nagen an RB Leipzig
11.12.2016, 17:05 Uhr
(Foto: imago/Jan Huebner)
Erste Saisonniederlage, vom Schlusslicht von der Spitze gestürzt, Häme der Konkurrenz: All das sorgt für Tristesse bei den erstmals entschlüsselten Überfliegern von RB Leipzig. Einzig Vize-Kapitän Willi Orban verbreitet medial Optimismus.
Die Atmosphäre war trist auf dem Trainingsgelände von RB Leipzig. Es stürmte und nieselte, der Himmel war grau verhangen über dem Elsterflutbecken im Leipziger Westen. Die Spieler schrieben den etwa 30 wartenden Fans ein paar Autogramme, verschwanden dann aber wortlos zum Ausradeln in der Akademie. Trainer Ralph Hasenhüttl ließ sich gar nicht blicken. Sportdirektor Ralf Rangnick saß im Büro an seinem Schreibtisch und spähte durch die Jalousien nach draußen. Nur drei Ersatzspieler und das Torwartduo mussten raus in den unwirtlichen Adventssonntag.
Doch freilich lag die Tristesse nicht nur am Wetter. RB Leipzig hatte schließlich am Samstagnachmittag durch das 0:1 beim FC Ingolstadt seine erste Niederlage in der Bundesliga überhaupt hinnehmen müssen. Nach 13 Spielen ohne Niederlage, zuletzt acht Siegen hintereinander.
Flashback in die 2. Liga
Es dauerte schließlich gut zwei Stunden, ehe sich Vize-Kapitän Willi Orban den Fragen der Reporter stellte. Orban, wie gewohnt ruhig, aber klar und selbstkritisch in der Analyse, bekannte unmissverständlich: "Wir haben über 90 Minuten hinweg kein gutes Spiel gemacht, hatten keinen Punkt verdient." Kein Akteur sei bei 100 Prozent gewesen. Der 24-Jährige bezeichnete das Spiel nach vorn in den ersten 45 Minuten als "mutlos". Der gebürtige Pfälzer analysierte: "Wir haben uns sehr früh auf das Kick'n'Rush der Ingolstädter eingelassen. Das ist nicht unser Spiel, wir müssen kombinieren, den Ball auf dem Boden halten, flach spielen. Das haben wir nicht gut gemacht, deswegen hatten wir keinen Zugriff."
Dass es gerade dem Tabellenschlusslicht Ingolstadt gelingen würde, den Tabellenführer zu stürzen, überraschte zwar, ist aber logisch zu erklären. Für RB war der Ausflug in das kleine, nur 15.200 Zuschauer fassende Stadion eine Art Flashback in die 2. Liga. Der destruktive, aber höchst konsequente und aggressive Ingolstädter Fußball versetzte den Spitzenreiter in die Situation, selbst das Spiel gestalten zu müssen, was anders als etwa in Darmstadt diesmal nicht gelang.
Zwar hätten schon einige Gegner in dieser Saison versucht, "uns frühzeitig anzulaufen", sagte Orban. "Da haben wir es aber besser gelöst." In Ingolstadt jedoch habe Rasenballsport "nicht gut von hinten heraus gespielt, wir hatten keine optimale Positionierung im Spiel mit dem Ball". Emil Forsberg hatte direkt nach der Begegnung in den Stadionkatakomben treffend gesagt: "Ingolstadt wollte heute nicht Fußball spielen, aber das haben sie sehr gut gemacht."
RB-Code erstmals geknackt
Wenn man so will, hat es Ingolstadt nun als erstes Team geschafft, den RB-Code zu knacken. Schlüssel war dabei, dass die "Schanzer" nicht für sich in Anspruch nahmen, selbst das Spiel gestalten zu wollen, sich spielerisch gegen den RB-Fußball zu wehren. Wie in der erfolgreichen Vorsaison unter Hasenhüttl besann sich der FCI darauf, den Gegner zu stören und war sich dabei nicht zu schade, die Leipziger 95 Minuten hinweg zu bedrängen und zu bekämpfen.
In der Statistik der kurzen, intensiven Läufe – Hoheitsgebiet von RBL – hatte Ingolstadt die besseren Werte. "Es war nicht einfach, weil Ingolstadt clever verteidigt und immer versucht hat, unseren Rhythmus zu brechen", sagte Orban. So war Rasenballsport in der zweiten Hälfte zwar die bessere Mannschaft und spielte sich auch drei gefährliche Torchancen heraus – die größte vergab Forsberg kurz vor Schluss (87.). Doch ein Powerplay über einen längeren Zeitraum brachte der Liganeuling anders als in den vergangenen Partien nicht zustande.
Dass es nach der ersten Bundesligapleite der Klubgeschichte Häme von der Gegnerschaft geben würde, war klar. Ingolstadt twitterte kurz nach Spielende: "Gern geschehen, liebe Bundesliga." Und Karl-Heinz Rummenigge kündigte zum Dank an, eine "Wagenladung Weißwürste und Weißbier" zum bayrischen Nachbarn schicken zu wollen.
Doch Willi Orban ist abgeklärt genug, um auf Nachfragen dazu nicht näher einzugehen. Dass RB die Tabellenführung zwei Spiele vor Weihnachten eingebüßt habe, beschere ihm "kein positives oder negatives Gefühl". Orban sagte dazu nur: "Ich bin unheimlich stolz auf die Punkte, die wir schon gesammelt haben. Natürlich tut die Niederlage sehr weh, gerade weil die Art und Weise sehr ärgerlich ist. "Aber wir haben uns aufgebaut, sind positiv."
Erfolgstrainer Hasenhüttl hatte bereits vor Wochen seine Sicht auf eine Niederlage verraten: "Es gibt für mich keine Niederlagen. Es gibt Spiele, die wir gewinnen - oder welche, aus denen wir lernen." Das ist nun auch die Taktik für die kommende Trainingswoche: lernen, und es im Spitzenspiel gegen Hertha BSC am kommenden Samstag besser machen. Über die Ansprache des Trainers berichtete die Mannschaft: "Er hat uns gesagt, dass wir Reaktion zeigen müssen – schon im nächsten Heimspiel gegen Hertha." Und: "Ich denke nicht, dass uns die Niederlage auf unserem Weg aufhalten wird. Ich freue mich schon auf das nächste Spiel."
Quelle: ntv.de