Dopingexperte erhält kein Visum Russland lässt Seppelt nicht zur WM
11.05.2018, 17:32 Uhr
Hajo Seppelt berichtet seit 2009 für die ARD über Doping.
(Foto: imago/Laci Perenyi)
ARD-Journalist Hajo Seppelt darf nicht zur Fußball-WM nach Russland reisen. Der Sender teilt mit, das für ihn beantragte Visum sei für ungültig erklärt worden. Er stehe auf einer Liste "unerwünschter Personen". Seppelt deckte 2016 das russische Dopingsystem mit auf.
Russland verweigert dem ARD-Journalisten Hajo Seppelt das Visum für die Fußball-Weltmeisterschaft. Das vom SWR für ihn beantragte Visum für die Titelkämpfe vom 14. Juni bis 15. Juli sei für ungültig erklärt worden, teilte der öffentlich-rechtliche TV-Sender mit. Seppelt stehe auf einer Liste der in Russland "unerwünschten Personen" und könne daher nicht in die Russische Föderation einreisen. Nähere Angaben zu den Hintergründen seien nicht gemacht worden, teilte der Sender mit.
"Offenkundig hat die Aufdeckung des Staatsdoping-Systems so große Tragweite, dass Russland glaubt, solche Maßnahmen ergreifen zu müssen. Das spricht für sich. Man darf gespannt sein, ob die Fifa, die den Zugang zu ungehinderter Berichterstattung über ihr Turnier gewährleisten muss, sich dieser Sache annehmen wird", sagte Seppelt. "Die ARD betrachtet dies als einen einmaligen Vorgang in der Geschichte des ARD-Sportjournalismus und im Hinblick auf die Berichterstattung über Großereignisse wie die Fußball-WM als beispiellosen Eingriff in die Pressefreiheit", heißt es in der ARD-Mitteilung. Bei Sportgroßereignissen wie der Fußball-WM oder den Olympischen Spielen sei der freie Zugang für Medienvertreter aus aller Welt üblicherweise selbstverständlich und gehöre auch zu den Voraussetzungen für die Vergabe an Ausrichterländer.
Harsche Kritik kam auch von den Grünen. "Das unterstreicht, in welchem Land die WM stattfindet", erklärte die Parteivorsitzende Annalena Baerbock. "Sport ist immer auch Politik. Der DFB darf dazu nicht schweigen." Die Organisation Reporter ohne Grenzen (ROG) zeigte sich empört. "Vor dem Hintergrund von Hajo Seppelts kritischen Russland-Recherchen müssen wir davon ausgehen, dass es sich um eine politische Entscheidung handelt." Der Vorfall zeige, dass sich Sport und Politik nicht trennen ließen. "Die Fifa muss die Entscheidung Russlands anprangern und sich dafür einsetzen, dass Hajo Seppelt zur WM-Berichterstattung nach Russland einreisen kann", so ROG-Geschäftsführer Christian Mihr.
Zahlreiche Preise für den Investigativjournalisten
Seppelt ist durch seine Beiträge zum Thema Doping bekannt geworden, die seit 2009 im Ersten ausgestrahlt werden. Er trug damit maßgeblich dazu bei, das russische Dopingsystem aufzudecken. Arbeitsschwerpunkte des 55-jährigen Berliners sind die Themen Doping, Sportpolitik und Olympia. Zuletzt sorgte er vor den Olympischen Winterspielen in Südkorea im Februar mit Beiträgen über das mutmaßliche Staatsdoping in Russland und die Manipulationsmöglichkeiten an Dopingprobenbehältern für Aufsehen.
Im März verlängerte die ARD den Vertrag mit dem Autoren. Der vielfach ausgezeichnete Journalist hat 2016 den Hanns-Joachim-Friedrichs-Preis bekommen, weil er nach Auffassung der Jury "Licht ins Dunkel mächtiger internationaler Dopingnetzwerke" bringt und "heftigen Widerstand von internationalen Sportorganisationen, Funktionären und Verkäufern glitzernder Großereignisse" provoziert. Für seine Sportsendungen "Geheimsache Doping. Im Schattenreich der Leichtathletik" und "Wie Russland seine Sieger macht" war Seppelt zuvor bereits der Deutsche Fernsehpreis (Kategorie Sportsendung) zuerkannt worden.
"Mit großem Unverständnis habe ich zur Kenntnis genommen, dass Hajo Seppelt die Einreise zur Fußball-WM nach Russland verweigert werden soll", sagte ARD-Programmdirektor Volker Herres. "Das ist für mich kein Zeichen von Respekt vor der Tätigkeit eines investigativen Journalisten, sondern eher dafür, dass man unangenehmen Themen gegenüber lieber die Augen verschließt. Ich kann nur hoffen, dass die politischen Verantwortlichen ihre Entscheidung noch einmal überdenken werden", sagte Herres.
Quelle: ntv.de, ara/dpa/sid