Fußball

WM-Countdown (76) Russlands Antwort auf Christian Lindner

Tschertschessow nach dem Freundschafts-, Verzeihung: Kontrollspiel der russischen Nationalmannschaft.

Tschertschessow nach dem Freundschafts-, Verzeihung: Kontrollspiel der russischen Nationalmannschaft.

(Foto: imago/ITAR-TASS)

Was verbindet FDP-Chef Lindner und Russlands Nationaltrainer Stanislaw Tschertschessow? Beide reden nur höchst ungern von "Problemen". Die russische Fußball-Nationalmannschaft hat aktuell also bloß ein paar dornige Chancen.

Mit 0:3 gegen Brasilien verloren, mit 1:3 gegen Frankreich. Die jüngsten beiden Freundschaftsspiele haben gezeigt, warum es für die russische Nationalmannschaft bis zur WM noch einiges zu tun gibt.

Dieser letzte Satz muss bitte unter uns bleiben, vor allem Stanislaw Tschertschessow darf ihn nicht zu Gesicht bekommen. Russlands Nationaltrainer hat nämlich drei Worte, die er so gar nicht leiden kann - und sie kommen alle in diesem einen Satz vor. "Es gibt keine Probleme, lasst uns dieses Wort verbieten. Es gibt nur Schwierigkeiten, die wir lösen müssen", so liest es sich im Protokoll der Pressekonferenz nach dem Brasilien-Spiel. Wer weiß, vielleicht sind es ja nicht mal Schwierigkeiten, sondern Chancen? Dornige gar? Stanislaw Tschertschessow, der Christian Lindner des russischen Fußballs, das wäre doch was.

Es ist nicht das erste Mal, dass Tschertschessow einen auf Sprachpolizei macht. Die Redaktion von Sports.ru hat dokumentiert, auf welche beiden Wörter er sonst noch allergisch reagiert: "Warum" und "Freundschaftsspiel". 2016, da war er noch Trainer bei Legia Warschau, gab Tschertschessow demnach folgende Perle von sich: "Warum fragen immer alle 'warum'? Als wäre ich ein Pionier, so eine Scheiße! Vielleicht können Sie mir ja sagen, warum?"

Unsere Kolumnistin

Katrin Scheib ist Journalistin, Schalke-Fan und kommt aus dem Rheinland. Als die deutsche Mannschaft 2014 in Brasilien Fußball-Weltmeister wurde, war sie gerade nach Moskau gezogen. Seitdem bloggt sie unter kscheib.de über ihren Alltag und informiert mit ihrem "Russball"-Newsletter jede Woche über den Fußball und die WM-Vorbereitungen in Russland. Und nun schreibt sie für n-tv.de den Countdown, bis das Turnier am 14. Juni beginnt.

Nach dem Warum von "warum" zu fragen, das gibt auf der Ironie-Skala schon mal gute 100 Punkte. Was Tschertschessow auch nicht mag: Das Wort "Freundschaftsspiel" - wahrscheinlich klingt es ihm zu soft. "Wir werden keine Freundschaftsspiele haben", beschrieb er also die russische WM-Vorbereitung. "Nur Kontrollspiele, Testspiele - aber keine Freundschaftsspiele. Verstehen Sie den Unterschied?" Ja, danke. Durchaus.

Wer den Nationaltrainer nicht unnötig entflammen will, hält sich also zurück mit "Problem", mit "warum", mit "Freundschaftsspiel". Noch einmal zu den Kollegen von Sports.ru: Die haben die perfekte, Tschertschessow-kompatible Frage formuliert. Nicht "Warum gibt es Probleme bei den Freundschaftsspielen?", oh nein: "Weshalb gibt es Schwierigkeiten bei den Kontrollspielen?" So muss das klingen.

Deutsche Journalisten, die zur WM in Russland fahren, können sich also für die Pressekonferenz nach dem Eröffnungsspiel schon mal notieren: "Wieso hatte Ihre Mannschaft so viele dornige Chancen gegen Saudi-Arabien? Lag es daran, dass es kein Kontrollspiel war?"

Alle Folgen des WM-Countdowns finden Sie hier

Quelle: ntv.de

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