Fußball

El Mala macht alle verrücktFür dieses Supertalent bricht Nagelsmann mit seiner Überzeugung

11.11.2025, 20:35 Uhr
imageVon Tobias Nordmann
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Bundestrainer Julian Nagelsmann begrüßt Said El Mala bei der Nationalmannschaft. (Foto: IMAGO/Beautiful Sports)

Bundestrainer Julian Nagelsmann ist kein Freund davon, junge Spieler zu schnell zu "hypen". Beim Kölner Top-Talent Said El Mala macht er allerdings eine Ausnahme. Der 19-Jährige legt einen erstaunlichen Weg hin, selbst beim FC Bayern ist man beeindruckt.

Der Fußballverein Borussia Mönchengladbach hat in den vergangenen Jahren viele Fehler gemacht. Der größte liegt vielleicht schon gut vier Jahre zurück, offenbart sich indes erst jetzt. Die Nachwuchstrainer der Fohlen sahen damals in Said El Mala nichts, was sich weiter auszubilden lohnen würde. Er verließ den Klub, ging nach Meerbusch. Die Karriere des jungen Fußballers bog ins Nirwana ab. Nun, im November dieses Jahres, kickt Said El Mala nicht mehr im Nirwana. Er steckt plötzlich mittendrin im deutschen WM-Casting.

Für die finalen Spiele in der Qualifikation für das gigantische Turnier in den USA, in Mexiko und Kanada im kommenden Jahr hat der Bundestrainer den 19-Jährigen ins Aufgebot geholt. Nach 465 Minuten Profifußball für den 1. FC Köln. Diese 465 Minuten waren aber so mitreißend, dass Julian Nagelsmann den Linksaußen unbedingt "mal sehen" wollte. In der Bundesliga hat das Offensiv-Talent vier Tore geschossen und zwei vorbereitet. Die Art und Weise, wie er das tut, verzückt indes nicht nur den Effzeh und Nagelsmann.

Auch Bayern Münchens Trainer Vincent Kompany kann mit seiner Begeisterung für den 19-Jährigen kaum an sich halten. Vor dem Pokalspiel der Münchner in Köln vor wenigen Tagen sagte er: "Er hat die erste Beschleunigung - und dann nochmal eine zweite. Das überrascht viele Verteidiger. Und er kann aus dieser Hochgeschwindigkeit immer zum Schießen kommen." Und wie er schießt. Volle Lotte drauf, frech, ungewöhnlich. So wie am 31. März 2024, als es um Said El Mala erstmals lauter wurde.

El Mala jubelt: "Sieht geil aus"

Der damals 17-Jährige steht zum ersten Mal in der Startelf von Fußball-Drittligist Viktoria Köln. In der 66. Minute kommt er über die linke Seite, lässt seinen Gegnerspieler vom VfB Lübeck stehen und knallt den Ball aus spitzem Winkel hoch ins Tor. "Sieht geil aus", befand er selbst. Trainer Olaf Janßen pflichtete bei. "Unglaublich" habe dieser Treffer von draußen ausgesehen. In Köln ahnten sie schnell, dass da etwas Großes vor ihnen steht. Nicht nur in Zentimetern (187), sondern vor allem in der Klasse am Ball.

El Mala, so berichtet es die "Süddeutsche Zeitung", habe in seiner Verzweiflung im Meerbuscher Nirwarna ein schlecht produziertes Video mit seinen besten Szenen an größere Klubs in der Umgebung herumgeschickt, um den Traum von der Profikarriere am Leben zu halten. Parallel dazu spielte er ständig auf dem Bolzplatz, holte sich das Zocker-Gen der Straße. Lediglich die Viktoria sprang auf das Video demnach an. Und landete den ganz großen Coup, der ihnen allerdings kaum etwas einbrachte. Denn schnell machte sich der große Effzeh ran, Said El Mala und seinen Bruder Malek, unter Vertrag zu bekommen. Für Said wurden gerade 300.000 Euro fällig. Eine heute lächerliche Summe. Im Besitz des mächtigen Stadtrivalen durften beide noch ein Jahr in der 3. Liga reifen.

Innerhalb dieses Jahres ist sein Marktwert um 17 Millionen Euro nach oben geschossen. Von einer Millionen Anfang Januar über drei Millionen beim endgültigen Wechsel in diesem Sommer auf nun 18 Millionen Euro. Längst überschlagen sich die Gerüchte, wer den Kerl alles haben will. Auf der Seite transfermarkt.de werden folgende Vereine gelistet: FC Bayern, Borussia Dortmund, Inter Mailand, PSG, FC Chelsea, Manchester City. Fast alles, was in Europa einen klangvollen Namen hat, ist angeblich schockverliebt.

Ein gigantischer Hype bricht los

Es ist ein absurder Hype, der um El Mala nach 465 Profiminuten ausgebrochen ist. Vom "Juwel" und "Wunderkind" ist die Rede, vom baldigen wird gemunkelt, natürlich zig Millionen schwer. Säcke voller Gold winken dem Effzeh. Die großen Vergleiche überschlagen sich. In Köln sehen sie schon einen neuen Lukas Podolski aufdribbeln. Einen größeren Ritterschlag gibt's am Rhein nicht. Der "Prinz" ist die Fußball-Ikone der Stadt. Einst unbekümmert, wild, frech, mit einem gigantischen Abschluss. El Mala trägt das alles in sich. Und Podolski selbst singt im Chor der Begeisterten für diesen "Straßenfußballer" mit.

Nagelsmann interessiert sich sehr für all das. Dennoch halte er, betonte der Bundestrainer, an seiner Aussage fest, dass "ein Hypen" der Talente "nicht gesund" sei. Er sei "kein Freund vom extrem frühen Hochpushen". Den Jungen wie jetzt El Mala müsse bewusst sein, dass sie mit der ersten Nominierung nicht gleich ein "gestandener A-Nationalspieler" seien: "Ein Spieler muss klar verstehen, was seine Aufgabe ist." Die könnte indes schneller größer werden, als allen Beteiligten lieb ist. Ist sie eh schon. Noch im Oktober warnte Nagelsmann vor einem Aktionismus. "Wenn ich mal El Mala nehme - der ist ein super Spieler und wird sicherlich auch ein Top-Spieler", aber: "Er hat noch Schritte zu gehen." Für alle Jungen gelte: "Du musst klar besser sein" als die Arrivierten.

Nagelsmann bekam für die Blitz-Nominierung nun tüchtig Gegenwind. Der notorisch kritische Dietmar Hamann hält das alles für zu früh, ebenso der öffentlich wieder sehr präsente Oliver Kahn. Anders sieht es dagegen Kölns Coach Lukas Kwasniok. Der Shootingstar habe sich "exorbitant schnell" entwickelt, sagt der über den 19-Jährigen: "Jetzt wird philosophiert, ob es nicht zu früh ist. Der Junge hat geliefert, Julian hat Bock auf einen Spezialisten. Ich finde es absolut konsequent, zu sagen: 'Wir wollen mutigen Fußball spielen, so viele Dribbler haben wir nicht, ich will ihn mal kennenlernen.'"

"Haben davon nicht allzu viele"

Die Nominierung von El Mala ist indes auch ein wenig aus der Not heraus geboren. Auf den offensiven Außenbahnen hat der DFB-Coach dringenden Handlungsbedarf, was sich auch in der Rückholaktion von Leroy Sané ausdrückt, mit dessen Leistungen in der Türkei, bei Galatasaray, Nagelsmann "nicht 100 Prozent" zufrieden ist. Wäre die Lage so üppig, wie im zentralen Mittelfeld, wäre Sané wohl nicht dabei und El Mala erstmal wie Bayerns Juwel Lennart Karl nur bei der U21 vorstellig geworden. Aber die Not ist eben groß. Nagelsmann sagt es lieber so: "Beide (Karl und El Mala, Anmerk. d. Red.) verkörpern Profile, die wir nicht allzu viele haben.

Der Bundestrainer dreht das Erwartungsmanagement an El Mala und all die anderen Talente wie den nachnominierten Assan Ouédraogo von RB Leipzig, oder eben Lennart Karl aber vorerst tüchtig runter. Er müsse "spüren", wie sich die Youngster, zu denen auch "bewegen" und ob sie "für das Turnier in Frage kommen", sagte Nagelsmann und bekannte: "Es ist sehr, sehr früh, einen Spieler mit den (wenigen) Bundesliga-Minuten einzuladen." Er tat es trotzdem.

Am Wochenende, im ersten Spiel nach der Nominierung, gab es für El Mala übrigens einen ersten großen sportlichen Dämpfer. Sein Trainer Lukas Kwasniok wechselte ihn nach einer ganz schwachen ersten Halbzeit zur Pause aus und wurde danach deutlich: "Er war nicht gut, deswegen habe ich ihn rausgenommen. So einfach ist es." Der Gegner war übrigens: Borussia Mönchengladbach.

Quelle: ntv.de

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