Vergeigen sie diesen Vorsprung noch? Schalke riskiert alles gegen Inter
13.04.2011, 10:51 UhrManager Horst Heldt warnt, Trainer Ralf Rangnick stapelt tief. Was sollen sie auch machen, die Schalker? Schließlich haben sie das irrwitzige Hinspiel bei Inter Mailand mit 5:2 gewonnen. Heute nun entscheidet sich in Gelsenkirchen, wer ins Halbfinale der Champions League einzieht. Es wird denkwürdig.
"Wir müssen uns zu hundert Prozent konzentrieren, sonst werden wir ausscheiden." Horst Heldt schaut ernst, sein FC Schalke 04 befindet sich schließlich in einer schwierigen Situation. Das Viertelfinal-Rückspiel gegen Champions-League-Sieger Inter Mailand, heute ab 20.45 Uhr im n-tv.de Liveticker, steht an und in Gelsenkirchen wissen sie offenbar nicht so recht, wie sie die Partie richtig angehen sollen. Das irrwitzige Hinspiel vor einer Woche im San Siro hat Spuren hinterlassen. Also verdeutlicht Heldt den Ernst der Lage lieber noch mal: "Wenn wir in der Lage sind, fünf Tore in Mailand zu machen, sind sie genauso in der Lage vier Tore bei uns zu machen."
Vorsicht ist also das erste Gebot, Inters Offensive ist immerhin mit Weltklasseleuten besetzt: Im Sturm werden in Gelsenkirchen wieder Samuel Eto'o und Diego Milito auflaufen, die jeweils zwei Treffer in Champions-League-Endspielen im Lebenslauf stehen haben. Dahinter wird der niederländische Vize-Weltmeister Wesley Sneijder das Spiel machen, unterstützt von Ausnahmekönnern wie Goran Pandev und Blitztraumtorschütze Dejan Stankovic. Außerdem hat Eto'o gesagt: "Wir haben eine Mannschaft, die ein großes Spiel zeigen und weiterkommen kann."
Slapstickeinlagen statt Abwehrriegel
Kleiner Schönheitsfehler: Die Inter-Abwehr spielt auch wieder mit. Oder zumindest das, was Trainer Leonardo für eine Abwehr hält. Wer gesehen hat, wie Inter Mailand im Hinspiel gegen Schalke konsequent nicht verteidigte, den erfasste spontan Mitleid mit Helenio Herrera, obwohl der schon 1997 verstorben ist. Der argentinische Trainer hatte sich mit Inter in den 1960er Jahren zu drei Meisterschaften und zwei Triumphen im Landesmeisterpokal gemauert. Der Catenacchio ist seine Erfindung und Inters Triple-Trainer aus dem Vorjahr, Jose Mourinho, war sein Wiedergänger.
Doch nun boten die Herren in Schwarzblau plötzlich Slapstickeinlagen, wo eigentlich ein undurchdringlicher Abwehrriegel eisenhart kämpfen und grätschen sollte, kassierten fünf Tore im eigenen Stadion und provozierten Schlagzeilen, in denen die Wörter "Selbstmord", "Desaster" und "Alptraum" Hauptrollen spielen. Wie bitteschön soll diese Abwehr - auch wenn Chef Lucio wieder dabei ist - auf Schalke zu Null spielen, wenn vorn gleichzeitig vier Tore her müssen?
Schalkes Coach Ralf Rangnick hat die Rolle des freundlichen Tiefstaplers und Restzweiflers nach dem 5:2-Wunder von Mailand Klubmanager Horst Heldt überlassen, der deshalb bemüht ernst in die Zukunft schaut. Rangnick schaut optimistisch, ohne überheblich und siegessicher zu wirken. Er fordert von seinem Team "eine ähnlich intensive Leistung" wie in Mailand. Er will die offenkundigen Schwächen des Gegners erneut offensiv ausnutzen, auch wenn mit Jefferson Farfan ein wichtiger Baustein im Angriff fehlt: "Wir werden auf Sieg spielen. Inter ist hinten verwundbar und muss volles Risiko gehen. Das wird uns Räume geben." Rangnick, der das von Vorgänger Felix Magath konditionell gestählte Team in Mailand taktisch hervorragend eingestellt hatte, glaubt einfach nicht daran, dass Inter in einer Woche das Verteidigen wiedererfunden hat. Er will im Rückspiel Geschichte schreiben, die richtige.
Ein denkwürdiger Abend wird es so oder so
Ein denkwürdiger Abend wird es in Gelsenkirchen auf jeden Fall. Entweder, weil Rangnick und sein Team eine historische Schmach erleiden werden, woran sie bei Inter angeblich ganz fest glauben. Oder, weil Schalke zum ersten Mal überhaupt ins Halbfinale der Champions League einziehen wird, wo Manchester United wartet.
Die Gelsenkirchener wären nicht die erste Mannschaft, die in einem Europacup-Rückspiel noch das Weiterkommen verspielt, nachdem sie das Hinspiel auswärts mit drei Toren Unterschied gewonnen hat. Schalke wäre die zweite. Nach Slovan Liberec. Doch statt in einer ruhmlosen Reihe mit den Tschechen will der S04 beim Abpfiff auf Augenhöhe mit dem FC Bayern stehen, und mit Borussia Dortmund, Bayer Leverkusen. Den bisher einzigen deutschen Klubs, die in der Champions League das Halbfinale erreicht haben. Nur 5:2 beim Titelverteidiger hatte von denen keiner sein Viertelfinal-Hinspiel gewonnen.
Quelle: ntv.de