TV-Experte als Chefkritiker Scholl attackiert die "Laptop-Trainer"
05.09.2015, 16:18 Uhr
Der ewige Experte Mehmet Scholl will irgendwann wieder als Fußballcoach arbeiten.
(Foto: dpa)
Als Fußballer ist Mehmet Scholl ein Fan- und Medienliebling. Als Coach agiert er glücklos und widmet sich schließlich dem TV-Expertentum. Nun lässt er wissen, wieder auf den Trainerjob zu brennen - und übt vernichtende Kritik an der aktuellen Generation.
Der ehemalige Fußball-Nationalspieler Mehmet Scholl hat harsche Kritik an der Trainerausbildung in Deutschland geübt und die Taktik-Hörigkeit gegeißelt. "Je mehr ich die Kandidaten beobachtet habe, die mit Bestnoten abschließen, die dieses typische Kursbestergesicht haben und die Kursinhalte aufgesogen haben, desto mehr sträubten sich bei mir die Nackenhaare. Bei denen ist Taktik oberstes Gebot, das sind Laptop-Trainer", sagte der ehemalige Starspieler von Bayern München im "Spiegel".
Der früher für die Reservemannschaft des FC Bayern zuständige Scholl sieht eine Fehlentwicklung: "Im Moment kommt eine Schwemme von Trainern auf den Markt, immer der gleiche Typus, der alles anders macht, als ich es machen würde." Weiter führte er aus: "Die haben nie selbst oben gespielt und auch keine Ahnung, wie ein Profi auf höchstem Niveau tickt. Sie denken an Spitzenfußball, haben ihn aber selber nie erlebt."
Überhitzte Systemdiskussion
Die Diskussion über Spielsysteme sei, so Scholl, total überhitzt: "Die Profis werden doch viel zu sehr in diesen Systemen herumgeschoben. Warum sollte ein Spieler drei verschiedene Positionen beherrschen? Normalerweise besteht eine Mannschaft aus elf Spezialisten." Der Blick für das Wesentliche gehe verloren.
Zurzeit arbeitet Scholl als Experte für die ARD. Erst kürzlich hatte er seinen Vertrag im Ersten bis 2018 verlängert, allerdings mit einer Ausstiegsoption. "Ja, der Vertrag könnte bei einem möglichen Interessenkonflikt mit einem Trainerjob beendet werden", erklärte der 44-jährige Scholl.
Er habe Respekt davor, "wie sehr das Trainerdasein ins Leben eingreift", meinte der ehemalige Profi. "Man hat dann nicht mehr, wie ich, drei Kinder, sondern 26, und geht mit den Sorgen ins Bett." Trotzdem ist für Scholl klar, "dass ich spätestens nach Ende der TV-Tätigkeit meiner Leidenschaft als Trainer nachgehen werde. Auf welchem Niveau auch immer."
Quelle: ntv.de, cwo/sid/dpa