Nach Kritik an Schiri Zwayer Strafanzeige gegen Dortmunds Mittelfeld-Star
05.12.2021, 13:55 Uhr
Bellingham verstand die Welt nicht mehr.
(Foto: picture alliance/dpa)
BVB-Star Jude Bellingham droht nach seiner Äußerungen zu Schiedsrichter Felix Zwayer ein Nachspiel vor Gericht. Ein Schiedsrichterbeobachter hat Strafanzeige gegen den Engländer gestellt. Auch der DFB ermittelt gegen den Youngster, der von den BVB-Bossen verteidigt wird.
Das Bundesliga-Topspiel beschäftigt nun auch die Justiz. Ein Schiedsrichterbeobachter aus Niedersachsen hat Strafanzeige gegen den BVB-Profi Jude Bellingham und den ehemaligen Bundesliga-Schiedsrichter Manuel Gräfe gestellt. Es geht um die Strafbestände Beleidigung, üble Nachrede und Verleumdung. Im deutschen Strafgesetzbuch werden diese Strafbestände als absolute Antragsdelikte definiert. Sie können ohne Strafantrag nicht verfolgt werden. Antragsberechtigt ist in der Regel nur derjenige, der durch die Tat verletzt wird.
Der 18-jährige Bellingham hatte in einem Interview mit dem norwegischen Sender die Leistung des FIFA-Schiedsrichters Felix Zwayer kommentiert. In seinem Ärger nach dem 2:3 (1:2) gegen die Bayern griff der englische Nationalspieler tief ins Bundesliga-Archiv und sagte: "Man gibt einem Schiedsrichter, der schon mal Spiele verschoben hat, das größte Spiel in Deutschland. Was erwartest du?"
Damit erinnerte der englische Nationalspieler an einen der größten Bundesligaskandale der Geschichte, an den "Hoyzer"-Skandal von 2004. In den war den Akten zufolge auch Zwayer, der damalige Assistent von Robert Hoyzer involviert. Er soll 300 Euro von Hoyzer angenommen haben, meldete die ihm bekannten Spielmanipulationen von Hoyzer zunächst nicht und wurde damals für sechs Monate gesperrt. Das Urteil gegen ihn wurde vom DFB damals jedoch nicht veröffentlicht und erst 2014 öffentlich bekannt. Eine konkrete Manipulation war ihm allerdings nicht nachgewiesen worden.
Auch der DFB ermittelt
Der frühere Bundesliga-Schiedsrichter Gräfe hatte den Skandal 2005 mit aufgedeckt und sich in einem Interview im vergangenen Sommer auch zu Zwayer geäußert. "Wer einmal Geld angenommen und Hoyzers Manipulation ein halbes Jahr verschwiegen hat, sollte keinen Profifußball pfeifen", hatte Gräfe im "Zeit Magazin" gesagt. Gräfes Äußerungen zu Zwayer könnten ihm nun wiederum zum Verhängnis werden. Denn er sei beteiligt, schon allein deswegen, weil Bellingham "mutmaßlich bestimmte Informationen nur von Manuel Gräfe haben kann", teilte der Schiedsrichterbeobachter Marco Haase ntv.de in einem Statement mit. Der 50-Jährige arbeitet hauptberuflich als Pressesprecher des Hamburger Landesamtes für Verfassungsschutz. Der Fall Hoyzer und auch die Verwicklung Zwayers sind allerdings öffentlich gut dokumentiert.
Auch zum Dortmund-Profi äußerte sich Haase. "Diese Aussagen treffen alle Unparteiischen bis zur Basis auf Kreisebene, die Woche für Woche unterwegs sind und dafür sorgen, dass der Spielbetrieb aufrechterhalten wird und es fair auf unseren Sportplätzen zugeht", sagte Haase: "Ich frage mich, wie jemand selbst ticken muss, der anderen so etwas unterstellt."
Neben dem eher skurrilen Ärger rund um die Strafanzeige droht dem BVB-Profi auch eine Sperre seitens des DFB, der bereits Ermittlungen gegen Bellingham eingeleitet hat. "Der Kontrollausschuss wird die Äußerung des Dortmunder Spielers Jude Bellingham auf ihre sportstrafrechtliche Relevanz prüfen", sagte der Kontrollausschussvorsitzende Anton Nachreiner.
Für Christoph Schickhardt, der seit langen Jahren Anwalt im Fußball ist, müssten diese Ermittlungen eingestellt werden. "Es ist nicht zu verfolgen, was Bellingham gesagt hat", sagte er dem "Kicker": "Seine Aussage ist unanständig, aber nicht zu beanstanden, sie ist ganz klar vom Recht auf freie Meinungsäußerung gedeckt. Sie ist legal, aber nicht legitim. Wer so etwas wie Zwayer angestellt hat, muss damit leben. Der DFB kann aus meiner Sicht nicht gegen Bellingham vorgehen."
Watzke verteidigt Bellingham
Unterdessen erhält der BVB-Youngster Unterstützung der BVB-Vereinsführung. "Sein Satz ist nicht falsch, auch wenn er ihn nicht sagen muss. Aber das ist dann auch der Emotionalität geschuldet, die man einem 18-Jährigen zugestehen muss", sagte Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke dem "Kicker": "Jude hat niemanden beleidigt, sondern ein Faktum geschildert. Ich kann mir nicht vorstellen, dass ihm daraus irgendwelche Nachteile entstehen."
Auch Sportdirektor Michael Zorc verteidigte seinen Spieler in einem Gespräch mit der Nachrichtenagentur SID. "Der Junge ist 18, spricht nach einem hitzigen, emotionalen Spiel. Er benennt alte Fakten, das muss man nicht machen. Er ist eben ein Heißsporn", sagte Zorc und ergänzte: "Die Dinger sind jetzt in der Welt, aber wir stehen da zu ihm. Strafrechtlich sehe ich da nichts Problematisches."
Anders sah es Oliver Kahn. Der Vorstandsvorsitzende des FC Bayern München sagte bei Sky90: "Ich bin der Letzte, der kein Verständnis hat für Spieler. Da sagt man auch Dinge, die man hinterher bereut. Nur, das geht natürlich einen Schritt zu weit. Einen gewaltigen Schritt." Auch er wunderte sich darüber, dass Bellingham mit seinen 18 Jahren bereits so gut über die Ligageschichte informiert ist. "Ich kann mich nicht erinnern, dass irgendein Spieler schon mal was in der Art von sich gegeben hat. Ich weiß nicht, wo er das herhat, wie er auf die Idee kommt, so eine Aussage zu machen." Allerdings reicht, um auf die Fakten aus Zwayers Werdegang zu stoßen, schon eine simple Google-Suche.
Quelle: ntv.de, sue/tsi