MLS-Finale gegen MessiThomas Müllers "wichtigstes Spiel meines Lebens" - aber wen interessiert's?
Was für ein klangvolles MLS-Finale. Thomas Müller und die Vancouver Whitecaps gegen Lionel Messi und Inter Miami. Hype gibt es in Nordamerika dennoch kaum. Dafür dürfen sich die weltweiten Fußball-Fans freuen. Das Spiel wird kostenlos in mehr als 100 Länder übertragen - unter einer Bedingung.
Thomas Müller weiß genau, wie man die Werbetrommel rührt. Der 36-Jährige hat zwar in seiner langen Karriere 35 Titel gewonnen. Er ist Weltmeister, Champions-League-Sieger, sowie unzählige Male Deutscher Meister und DFB-Pokalsieger geworden. Müller war dabei, als Milliarden Menschen rund um den Globus zuguckten, er hat in den bedeutendsten Arenen dieser Welt gespielt - und Erfolg gehabt.
Und dennoch sagte er auf der Pressekonferenz vor dem heutigen Finale der Major League Soccer zwischen seinen Vancouver Whitecaps und Gastgeber Inter Miami, dass dies für ihn "jetzt das wichtigste Spiel meines Lebens" sei. Er sagte es allerdings in typischer Müller-Manier. "Das ist eine gute Schlagzeile, oder?", fragte er umgehend den Journalisten mit einem Lächeln, der zuvor von ihm wissen wollte, wo Müller dieses Endspiel in seiner Karriere einordne? Alle im Raum schmunzelten nach Müllers Antwort.
"Wichtigstes Finale der 30-jährigen MLS-Geschichte"
Doch der Bayer meint es tatsächlich ernst. All die Titel, Trophäen und Triumphe der Vergangenheit seien eben nun mal genau das: Vergangenheit. Und sie hätten nichts mit dem Finale zu tun. Ein Finale wiederum, das für die Liga kein Besseres hätte sein können. Denn Thomas Müller gegen Lionel Andres Messi, mehr geht nicht, mehr war noch nie - auch nicht als ein David Beckham auf dem Rasen stand. Die "Sports Illustrated" schreibt vom "wichtigsten Finale in der 30-jährigen MLS-Geschichte."
Müller gegen Messi: beide sind Weltmeister, beide haben die Champions League gewonnen - und zwar beide mehrmals. Beide sind Idole, Identifikationsfiguren. Und sie sind überall auf den Plakaten, Postern und Social-Media-Ankündigungen für dieses Endspiel zu sehen. Müller hatte zwar gleich in seinem ersten Interview nach dem 3:1-Halbfinalsieg beim San Diego FC mit Blick auf das Finale betont, dass es "nicht um Messi gegen Müller" gehe, sondern "um Miami gegen die Whitecaps."
Suarez, Busquets und Alba ebenfalls dabei
Doch er weiß natürlich auch, dass die beiden Leuchttürme die Schlagzeilen prägen. Von "zwei Legenden" schreibt die "Sports Illustrated". "Ein Traum-Finale. Lionel Messi und Thomas Müller sehen sich wieder - elf Jahre nach ihrem WM-Showdown", heißt es bei Yahoo!Sports. Das Wirtschaftsmagazin "Forbes" nennt es ein Finale mit "Starbesetzung" - und spielt damit auch auf Miami's uruguayischen Stürmer Luis Suarez sowie die beiden Spanier Sergio Busquets und Jordi Alba an, wenngleich dieses Trio in allen Medien immer erst nach Müller und Messi erwähnt wird.
Messi, dessen pinkes Miami-Jersey mit der Rückennummer 10 laut "The Athletic" das "meist verkaufte Trikot weltweit" ist, spricht von "einem sehr, sehr besonderen Endspiel." Zum elften Mal trifft er auf Müller. Der hat mit der Nationalmannschaft und dem FC Bayern München sieben der bisherigen zehn Aufeinandertreffen gewonnen. Der wichtigste Sieg war natürlich der 1:0-Triumph nach Verlängerung im WM-Finale 2014.
Großes Finale in kleinem Stadion
4164 Tage nach jenem Duell im Maracana von Rio de Janeiro stehen sich beide nun zum zweiten Mal in einem Endspiel gegenüber - allerdings auf einer weitaus kleineren Bühne. Denn die Heimspielstätte von Inter Miami in Fort Lauderdale bietet nur 21.500 Fans Platz. Messi und Co. haben Heimrecht, weil Miami die Punktrunde als Dritter, und somit zwei Ränge vor Vancouver, beendet hat. Und im MLS-Endspiel entscheidet die Platzierung nach jener Punktrunde darüber, wer Gastgeber und wer Gast ist. In Vancouver hätten knapp 54.000 Fans ins Stadion gepasst.
Aufgrund der geringen Kapazität und der gleichzeitigen großen Nachfrage wird dieses Finale für die Fans so teuer wie noch nie. Die Tageszeitung "Miami Herald" berichtet von einem durchschnittlichen Ticketpreis von 565 US-Dollar. Das sind 64 Dollar mehr als die bisherige Bestmarke vom Endspiel 2022 zwischen dem Los Angeles FC und der Philadelphia Union. Zur Wochenmitte wurden für das günstigste Ticket "um die 320 Dollar" verlangt. Karten in der ersten Reihe kosten bis zu 3000 Dollar.
MLS-Spiele seit Messi-Wechsel hinter Bezahlschranke
Klingt alles nach viel Hype, nach großer Vorfreude und einem Feiertag für Soccer in Nordamerika. Doch dem ist nur bedingt so. Messi gegen Müller mag in Europa und Südamerika die Fußball-Fans verzücken, doch in den USA und Kanada dominieren auch derzeit die National Football League, College Football, Basketball und Eishockey die großen Sportseiten. Und wenn es um Soccer geht, dann, durchaus nachvollziehbar, um die gestrige Gruppen-Auslosung der WM.
Dass die MLS nicht präsenter ist, liegt auch an Messi. Der mag zwar der beste Spieler der Fußballgeschichte sein, aber seitdem er im Sommer 2023 nach Miami kam, gibt es die MLS-Spiele nur noch hinter der Bezahlschranke. Wer Messi - und seit August auch Müller - spielen sehen will, braucht einen MLS-Saisonpass - 14,99 Dollar pro Monat oder 99 Dollar pro Saison - oder ein Apple-TV-Abo für monatlich 12,99 Dollar. Messi verdient an jedem verkauften Abo mit. Doch wie viele dieser Abos tatsächlich verkauft wurden, ist unklar, da Apple keine Daten veröffentlicht.
Übertragung zur besten Sendezeit in Europa
Und deshalb sind auch die Zuschauerzahlen der Endspiele der vergangenen Jahre nur schwer einzuordnen. 2022 hatten noch 2,16 Millionen Fans das Finale verfolgt - im frei empfangbaren Fernsehen. Im Vorjahr waren es dort nur noch 486.000 Zuschauende. Auch diesmal wird das Endspiel in den USA und Kanada im frei empfangbaren TV übertragen. Der MLS-Fan wird garantiert einschalten, ebenso die Soccer-Anhänger, die für gewöhnlich eher die mexikanische Liga oder die Premier League verfolgten. Doch ob sich der allgemeine Sportfan vor den Fernseher setzen wird, der sich das ganze Jahr über nicht mit Fußball befasst? Zumal parallel im nationalen TV die Vorberichterstattung zum College-Finalspiel der Southeastern Conference (SEC) im American Football zwischen Georgia und Alabama übertragen wird. Vor zwölf Monaten hatte das SEC-Finale in Spitzenzeiten 19,7 Millionen Menschen vor die Empfangsgeräte gelockt.
Müller glaubt trotzdem an reichlich Fußball-Fans vor den Fernsehern. "Wenn du eine Paarung wie diese hast, gucken mehr Leute zu. Dadurch wird so ein Finale für alle bedeutender. Und das ist perfekt", sagt er - und könnte damit sogar Recht haben. Denn selbst wenn dieses MLS-Finale in Nordamerika Niemanden außerhalb der Soccer-Blase sonderlich interessieren sollte, bietet es dennoch eine große Chance - für die Liga und die Fußball-Fans weltweit. Anstoß ist um 14:30 Uhr Ortszeit. In Argentinien wird es dann 16:30 Uhr, in England 19:30 Uhr und in Deutschland, Spanien oder Frankreich 20:30 Uhr sein. Beste Sendezeit also in den großen Fußball-Nationen. Und: Müller gegen Messi wird sogar kostenlos übertragen, in mehr als 100 Länder. Unter einer Bedingung: die Fans brauchen Apple TV.
