Fußball

Vom Krisen-Team böse überraschtTobender Rösler versteht nicht, was seine Fußballer machen

21.12.2025, 08:00 Uhr
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Uwe Rösler war nicht einverstanden mit den Dingen, die seine Bochumer Spieler gegen Karlsruhe taten. (Foto: IMAGO/RHR-Foto)

Der VfL Bochum geht mit einem kleinen Frusterlebnis in die Winterpause. Im Heimspiel gegen den Krisenklub Karlsruher SC verpasst die Mannschaft von Uwe Rösler einen Sieg, auch weil sie Dinge tut, die der Trainer gar nicht versteht.

Als Bochums Torwart Timo Horn am Samstagnachmittag nach etwa 30 Minuten kurz im Strafraum sitzen blieb, um sich behandeln zu lassen, rief Trainer Uwe Rösler seine Spieler zusammen und verpasste ihnen einen amtlichen Rüffel. So sah es zumindest aus. Er redete lautstark und gestenreich auf sie ein. Rösler hatte offenbar jede Menge zu korrigieren bei seinem VfL, der gegen den Krisen-Klub Karlsruher SC am 17. Spieltag der 2. Fußball-Bundesliga nicht über ein 2:2 (1:0) hinauskam, trotz zweifacher Führung.

Die Ansagen des Trainers hatten sofort Wirkung. Drei Minuten, nachdem das Spiel wieder lief, drückte Francis Onyeka den Ball nach einer Ecke sehenswert ins Tor. Die Gäste hatten den 18-Jährigen einfach alleine gelassen. Was überraschend war. Denn in der ersten halben Stunde waren sie doch sehr bemüht gewesen, ihn aus dem Spiel zu nehmen. Onyeka, eine Leihe von Bayer Leverkusen, ist bei den Bochumern der offensive Schlüsselspieler. Ihn zu verteidigen, ist immer eine gute Idee. Und wie fatal das enden kann, wenn man ihn eben nicht ausreichend beachtet, pfefferte er den KSC-Verteidigern nun um die Ohren. Er erzielte sein fünftes Liga-Tor.

Zu früh zu besinnlich?

Und er legte nach. In der 69. Minute brachte er den VfL wieder in Führung. Eine Hereingabe von Maximilian Wittek drückte er per Kopf in das Gehäuse der Gäste. Vorweihnachtliche Stimmung legte sich über das Ruhrstadion. Eine turbulente Hinrunde war auf dem besten Weg mit einem schönen Erlebnis zu Ende zu gehen. Die besinnliche Atmosphäre war indes nicht gut für die Gastgeber, die an diesem Samstagnachmittag abermals den Fokus verloren. Die Karlsruher drückten und trafen. Joker Shio Fukuda war da, wo er sein sollte (86.). Bereits beim ersten Ausgleich war er gewinnbringend dabei. Er hatte Keeper Horn mit einem Kopfball zu einer Top-Parade gezwungen, der Abpraller landete dann bei Marvin Wanitzek, der viel wachsamer war, als alle Bochumer (46.).

Und so sah Rösler viel, was er beklagen konnte. "Wir waren vogelwild, haben Sachen gemacht, die in dieser Form nie besprochen waren. Geografisch haben wir nicht in einer Viererkette gespielt." Der Trainer hatte wieder und wieder an der Linie geschimpft, Positionen angemahnt, versucht, seine Spieler wach zu bekommen. "Wir bekommen nicht genug Druck auf den Gegner, werden dann nach hinten gedrückt, stehen eigentlich relativ gut, aber kommen nach Ballgewinnen nicht sauber raus. An so einem Tag musst du das Spiel dann über die Bühne bringen. Doch wie wir die Gegentore bekommen haben, das sind nicht wir."

Schockwellen in Karlsruhe

Die Karlsruher hatten mit dem Punktgewinn ihren Frieden nach turbulenten Wochen gemacht. Nach zuvor fünf Niederlagen in Serie zeigte die Mannschaft eine deutliche positive Tendenz. Ob das die Stimmung nachhaltig beruhigt, ist aber fraglich. Die Lage ist auch deshalb sehr angespannt, weil sich der Verein zuletzt von Christian Eichners langjährigem Assistenten und engen Vertrauten Zlatan Bajramovic getrennt hat. Die Spieler und Eichner zeigten sich schockiert von der überraschenden Freistellung.

Eine solche Unruhe kennen sie auch in Bochum. Als Uwe Rösler Anfang Oktober das Traineramt übernahm, war die Stadt in großer Panik. Nach dem Abstieg aus der Bundesliga drohte der ungebremste Absturz in Liga drei. Dieter Hecking hatte dem Team keine stabile Identität geben können. Auch unter Interimstrainer David Siebers ging es nur in kleinen Schritten voran. Die Defensive war anfällig, nach vorne gab es keine Idee. In der großen Panik wurde alles umgebaut, auch die sportliche Führung um Dirk Dufner flog aus dem Amt. Die Stimmung war so schlecht wie lange nicht. Der Kader wurde in Grund und Boden geschimpft. Nichts ging mehr.

In Bochum brennt wieder Feuer

Dann kam Rösler. Und plötzlich loderte da wieder Feuer, wo nur noch kalte Asche lag. Mit einer unbändigen Leidenschaft ging der VfL zu Werke. Zum Sinnbild für das wieder erweckte Malochertum in der Ruhrgebietsstadt wurde die kurze Hose des Trainers, der allen niedrigen Temperaturen trotzt. Abgehärtet durch seine Stationen in England, Dänemark, Schweden und Norwegen ist Rösler ohnehin anderes Wetter gewohnt. Sein Feuer nahm das Stadion mit und holte die Spieler ab. Besonders die Talente um Onyeka, Kjell Wätjen, Mats Pannewig und Farid Alfa-Ruprecht profitierten. Cajetan Lenz hatte sich zuvor schon in den Fokus gespielt.

Tief aus dem Tabellenkeller ging es Woche für Woche nach oben. Von neun Ligaspielen wurden fünf gewonnen, dreimal wurden die Punkte geteilt. Nur ein Spiel ging verloren. In dieser Zeit war nur eine Mannschaft noch besser: Tabellenführer Schalke 04. Dass die Bochumer aktuell Neunter sind, bei zwölf Punkten Rückstand auf Rang drei aber nichts mit dem Aufstieg zu tun haben, zeigt, aus welch desaströser Situation sie kamen. Und wie groß der Ärger von Rösler nun war, dass die Dinge nicht so liefen, wie er sich das vorgestellt hat, weist aus, wie ambitioniert der Klub dennoch ist. "Ich habe mich bei der Mannschaft und dem Staff bedankt. Das zeigt, wie weit wir gekommen sind, dass wir heute sehr enttäuscht in der Kabine gesessen haben über unsere Leistung."

Die war phasenweise nur schwer zu erklären. Viele Fußballer wirkten überspielt, nicht wachsam, manchmal leichtsinnig, bisweilen sogar leicht überheblich wie Alfa-Ruprecht mit provokanten Ballaktionen. Aber auch Leandro Morgalla, der ein großer Gewinner der Hinrunde war, war ein Sinnbild der Sorglosigkeit. Dem Rechtsverteidiger wollte kaum etwas gelingen, vor allem nicht im Passspiel. Das empfand Rösler bei der gesamten Mannschaft als "unterirdisch". Aber er zeigte in all seinem Ärger Milde im Urteil. Seine junge Mannschaft sei "auf der letzten Rille", auch wenn Fitness und Energie auf einem "anderen Niveau" seien als noch im Oktober. Pause.

Quelle: ntv.de, tno

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