Fußball

WM-Countdown (72) Touristenpolizei soll WM-Reisenden helfen

Russlands Innenministerium will während der WM besondere Polizisten losschicken, die sich um Fußballfans kümmern. Bemerkenswert ist daran nicht nur, wie dieser Plan verkündet wurde, sondern auch seine Vorgeschichte.

Sie müssen sich allmählich ein wenig unterrepräsentiert gefühlt haben, die Jungs und Mädels vom russischen Innenministerium. Immer nur die Konkurrenz vom Außenministerium abends in den Fernsehnachrichten. Auf den Zeitungstitelseiten nur Bilder von Außenminister Lawrow, nie von ... hier, Dings … wie hieß noch mal Russlands Innenminister? Ach ja, genau, Wladimir Kolokolzew. Das muss sich ändern, beschlossen sie also wohl eines Mittags in der Innenministeriumskantine und besannen sich auf zwei Kernkompetenzen: Polizei und Timing.

Polizei, weil das ein populäres Thema ist. Also, bitte nicht missverstehen: Polizisten selbst sind hier eher unpopulär, zu viele Menschen haben Abzocke und Schikane erlebt. Eine russische Bekannte, seit einigen Jahren Rentnerin, erzählte neulich von einer Redensart, die in der Zeit entstand, als die Polizei noch Miliz hieß: Wenn bei einer Party plötzlich im ganzen Raum eine kurze Stille herrscht, so sagt man als traurige Begründung für diese Quasi-Schweigeminute: "Rodilsja Milizionär" - da wurde wohl gerade ein Polizist geboren.

Also: Nicht die Polizisten sind beliebt, sondern Meldungen über sie, erst recht, wenn Verbesserungen versprochen werden. Und was die zweite Kernkompetenz, das Timing, angeht: Die Mitarbeiter da im Innenministerium haben mit der Veröffentlichung ihrer Neuigkeiten klugerweise abgewartet, bis nicht mehr 1. April ist. Sonst hätte (jedenfalls im westlichen Ausland, wo man diese Art von Inszenierung nicht so gewohnt ist) wohl kaum jemand geglaubt, dass folgendes Video ernst gemeint ist.

Die Uniform, die Power-Augenbrauen, die Livebilder vom Moskauer Morgenstau im Hintergrund. Für westliche Sehgewohnheiten ist diese ganze Inszenierung irgendwo zwischen Karneval und  Deutsche Welle Polen in Farbe und bunt. Dennoch ist das, was da verkündet wird, ernst gemeint: Während der WM soll es spezielle Polizeieinheiten geben, die rund um die Uhr bereitstehen, um Fußballfans zu helfen. Sie sollen an Fan-Unterkünften patrouillieren, eventuelle Anzeigen der Fans entgegennehmen oder einfach helfen, wenn jemand den Weg zum Stadion oder zu den Sehenswürdigkeiten nicht findet.

Unsere Kolumnistin

Katrin Scheib ist Journalistin, Schalke-Fan und kommt aus dem Rheinland. Als die deutsche Mannschaft 2014 in Brasilien Fußball-Weltmeister wurde, war sie gerade nach Moskau gezogen. Seitdem bloggt sie unter kscheib.de über ihren Alltag und informiert mit ihrem "Russball"-Newsletter jede Woche über den Fußball und die WM-Vorbereitungen in Russland. Und nun schreibt sie für n-tv.de den Countdown, bis das Turnier am 14. Juni beginnt.

Erkennen kann man diese "Touristenpolizisten", die auch Fremdsprachen sprechen sollen, an speziellen Armbändern. In Sotschi, St. Petersburg und Kasan sollen eigene Einheiten schon Anfang Mai geschaffen werden, in Jekaterinburg, Kaliningrad, Nischni Nowgorod, Rostow am Don, Samara, Saransk und Wolgograd von Ende Mai bis Ende Juli.

Und in Moskau? Nun ja: Die Stadt soll solch eine Touristenpolizei bereits haben, schon seit den Olympischen Winterspielen in Sotschi. Doch man kann nur hoffen, dass die Mitarbeiter diesmal leichter auffindbar sind, als sie es 2014 waren. Damals hat eine Reporterin der "Moscow Times" versucht, Polizisten zu finden, die ihr auf Englisch weiterhelfen können. So viel vorneweg: Es war nicht die Sorte von Auftritt, mit der das Innenministerium gerne in den Abendnachrichten auftauchen möchte.

Alle Folgen des WM-Countdowns finden Sie hier

Quelle: ntv.de

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