Fußball

"Geschäftliche Notwendigkeit" Trump und Infantino zelebrieren Bromance mit Geldregen, Macht und Spielen

05.12.2025, 07:44 Uhr
imageVon Roland Peters, Washington
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US-Präsident Donald Trump nahm FIFA-Chef Gianni Infantino mit zum Gaza-Gipfel im Oktober im saudi-arabischen Sharm-el-Sheikh. (Foto: AP)

Wenn im Juni 2026 die Fußball-WM beginnt, wird US-Präsident Trump wohl mittendrin sein - und von FIFA-Chef Infantino umschwärmt. Die Ziele der beiden überschneiden sich. Das dürfte bei der heutigen Gruppenauslosung einmal mehr deutlich werden.

Während internationale Staatschefs 2017 noch mit dem Präsidentschaftswahlschock in Übersee rangen, klingelte beim frisch vereidigten US-Staatschef Donald Trump das Telefon. Am Apparat war FIFA-Präsident Gianni Infantino. Der neue Chef des Weltverbands machte dem Republikaner die Weltmeisterschaft mit einer Währung schmackhaft, der Trump schon seit Jahrzehnten verfallen ist: Aufmerksamkeit. Schließlich verspricht die FIFA-WM alle vier Jahre den wochenlangen Zugang zu einem globalen Fernsehpublikum. Fast ein Jahrzehnt später ist es bald so weit.

Der Fußball, der die Welt vereinen soll, bereitet sich auf das größte Turnier seiner Geschichte in einem Land vor, dessen Staatschef die Welt spaltet. Die beiden Mitausrichter Kanada und Mexiko sind angesichts der politischen Turbulenzen in Trumps bisheriger zweiter Amtszeit nur Nebensache, zudem wird das 5,5-Wochen-12-Gruppen-48-Mannschaften-104-Spiele-Monstrums die meisten Partien in den USA austragen. Am heutigen Freitag sind im Rahmen der Gruppenauslosung in Washington, D.C., vorab die Scheinwerfer der Fußballwelt auf die Vereinigten Staaten gerichtet.

Je nach Auslegung sind die Widersprüche oder die Gemeinsamkeiten der WM 2026 mit seinem großen Gastgeberland zahlreich. Die offensichtlichste ist neben der Beziehung zwischen Trump und Infantino selbst, was sich der US-Präsident und der Weltverband auf die Fahne schreiben und immer wieder betonen: den Willen nach Frieden von Trump, den der Völkerverständigung der FIFA. In ihren Motiven ist das vermeintlich ungleiche Paar womöglich ähnlicher als angenommen. Es geht um MAGA und Macht, um Geld und Spiele.

An die Spitze gearbeitet

Da ist einerseits der Republikaner, ohne Not aufgewachsen als Sohn eines erfolgreichen Immobilienunternehmers, der es bis ins Weiße Haus geschafft hat. Da ist Gianni Infantino, oder "Johnny", wie Trump ihn nennt, in der Schweiz sozialisiert, wurde mit 18 nach einem erfolgreichen Wahlkampf der Klubchef seines lokalen Amateurvereins, arbeitete sich in der UEFA ins Amt des Generalsekretärs und von dort an die Spitze des wohl mächtigsten Sportverbands der Welt, der gegen die medialen Folgen der Präsidentschaft Sepp Blatters kämpfte.

Infantino sollte aufräumen und die FIFA für seine kontinentalen und damit auch nationalen Mitgliedsverbände wieder zur möglichst reibungslosen arbeitenden Geldmaschine machen, die sie vor den Korruptionsskandalen gewesen war. Der Schweizer liefert. In den USA, Kanada und Mexiko wird der Weltverband voraussichtlich so viel wie nie einnehmen: Das teuerste Ticket für den kommenden Sommer wird das Fünffache der entsprechenden Karte bei der vergangenen WM 2022 in Katar kosten. Die Einnahmen fließen steuerfrei auf die Konten der FIFA, die es an ihre Mitgliedsorganisationen verteilt und sichern Infantinos Macht. Infantinos Freundschaft mit Trump sei deshalb "nicht nur eine persönliche Mission, sondern eine geschäftliche Notwendigkeit", schreibt der "Guardian".

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US-Präsident Donald Trump wollte bei der Siegerehrung der Klub-WM gar nicht mehr von der Bühne gehen. (Foto: AP)

Infantino, der wie Trump gute Beziehungen mit Saudi-Arabien pflegt, hat auch keine Skrupel davor, in die Vereinswelt einzugreifen. Für die diesjährige Klub-Weltmeisterschaft, ebenfalls ausgetragen in den USA, hatte das Land die TV-Rechte für eine immense Summe gekauft. Bei der Siegerzeremonie für den Gewinner FC Chelsea stand Trump mit auf der Bühne, konnte die Hand nicht von der Trophäe lassen, während die Fußballer um den Präsidenten tanzten. Danach bekamen die Saudis, die nicht für die Achtung der Menschenrechte bekannt sind, die WM 2034 zugesprochen. Es gab keinen Konkurrenten.

Auch Trump geht es ums Geld, um Deals, um Transaktionen. "Die korrupteste Regierung der Geschichte" ist in den sozialen Netzwerken ein üblicher Ausdruck, der die völlig von der Politik entgrenzten Geschäfte von Trump und seiner Familie an die Seite gestellt wird. Solange Trump die beiden Welten vermengt, hält ihm das Urteil des Supreme Court zur Immunität den Rücken frei.

Instinktiver Umgang

Inzwischen wissen viele Politiker, wie sie mit Trump reden müssen, um ihn nicht zu verprellen: Sie machen ihm Geschenke, sie schmeicheln, sie loben ihn öffentlich wie einen eitlen König. Infantino wusste das wohl instinktiv schon viel früher. Als der FIFA-Chef im August 2018, da war erst ein paar Wochen bekannt, dass Nordamerika den Zuschlag für die WM 2026 bekommen hatte, im Oval Office stand, gab er Trump eine Gelbe und eine Rote Karte in die Hand. "Falls Sie jemanden herausschmeißen wollen", riet er verbindlich, "könnte sie nützlich sein". Trump zeigte den anwesenden Journalisten die Rote Karte.

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Rote Karte: Infantino und Trump im August 2018. (Foto: AP)

Sieben Jahre später, im August, war Infantino erneut im Oval Office. Diesmal schenkte er ihm die Nachbildung des goldenen WM-Pokals - "nur für Gewinner", scherzte er. Die Trophäe steht hinter Trumps Schreibtisch. Seit seinem erneuten Amtsantritt hat Trump das Weiße Haus ohnehin massiv vergoldet. Infantino schmeichelt dem Präsidenten schon lange in aller Offenheit. Im Jahr 2020, beim Weltwirtschaftsforum in Davos, lobte er ihn überschwänglich. "Er sagt, was viele denken, aber noch wichtiger ist, dass er macht, was er sagt." Dies verwandle den Amerikanischen Traum in Realität - "was wir alle brauchen". Im Trump Tower in New York hat die FIFA inzwischen ein neues Büro eröffnet.

Seither, heißt es, telefonieren die beiden regelmäßig, spielen Golf miteinander, und Trump nimmt Infantino mit auf internationale Reisen. Im Mai war Infantino mit Trump bei dessen Reise durch den Nahen Osten unterwegs - und kam deshalb Stunden zu spät zur FIFA-Jahresversammlung in Paraguay. Im Oktober tauchte der FIFA-Chef neben Bundeskanzler Friedrich Merz und einer ganzen Reihe weiterer Staatschefs beim Gaza-Gipfel in Sharm-el-Sheikh auf, bei dem Trump mit viel Tamtam ein symbolisches Dokument über Friedensbemühungen im Gazastreifen unterschrieb. Von den Palästinensern oder Israelis war niemand anwesend.

Im September war Infantino Teil eines illustren Trios, das von der Denkfabrik "Atlantic Council" in Manhattan für ihre Verdienste um die Verbesserung der Welt ausgezeichnet wurde. Im Publikum befanden sich hochrangige Gäste wie US-Finanzminister Scott Bessent und der Chef der Investmentfirma Blackrock. "Wir leben traurigerweise in einer gespaltenen, aggressiven, komplizierten Welt", so Infantino. Fußball "vereine die Welt", so Infantino: "Wir wollen Brücken bauen."

Wie weit geht Neutralität?

Trump ist insbesondere mit seinen Anti-Migranten-Ausfällen alles andere als ein Versöhner, äußert sich so radikal über Ausländer wie kein US-Präsident seit einem Jahrhundert. Sie seien Terroristen, vergifteten "das Blut unseres Landes", zuletzt bezeichnete er Somalier als "Müll". Nach dem Angriff auf zwei Nationalgardisten verschärfte die Regierung für die Staatsbürger aus 19 Ländern pauschal die Einreisebedingungen, mindestens 10 weitere könnten folgen. Infantino nannte Trump im Januar rund um dessen Vereidigung - auch dazu war er eingeladen - einen "tollen Freund", mit dem sie "nicht nur Amerika wieder groß machen werden, sondern die ganze Welt, denn Fußball verbindet die Welt." Damit schlug Infantino die Brücke zwischen MAGA und der FIFA.

Kritiker des Kuschelkurses führen das politische Neutralitätsprinzip für FIFA-Vertreter an, das im Ethik-Code des Verbands festgeschrieben ist. Doch Infantino ist nicht der Erste, unter dem die hehren Ziele der Völkerverständigung mit der politischen Wirklichkeit kollidieren. Im Jahr 1934 gab es die WM im faschistischen Italien; 1978 in der argentinischen Militärdiktatur, wo bei manchen Partien in Hörweite politische Gegner gefoltert und getötet wurden; 2018 fand die WM im autokratischen Russland statt und 2022 in Katar, wo der Skandal um die sklavenähnlichen Arbeitsbedingungen und Tausende verstorbene Bauarbeiter die erste Wüsten-WM umwehte. Kurz vor dem Turnier in seiner Wahlheimat hielt Infantino eine flammende Rede, bei der er Kritikern aus Europa Überheblichkeit vorwarf.

Und in den USA? Fußball auch deshalb populärer als bei der vorherigen WM 1994, weil viele Latinos ihre Leidenschaft mitgebracht haben und deren Kinder kicken. Da ist die Sorge groß, dass Trumps Regierung mit ihrem Fokus auf Massenabschiebungen den Schatten der Großveranstaltung nutzt, um ihre Abschiebequoten zu erfüllen. Ethnische Profilerstellung ist vom Supreme Court abgesegnet worden, die Beamten der Migrationsbehörde ICE und der Grenzbehörde CBP können im wahrsten Sinne der Worte auf Sicht festnehmen, während die meisten anderen Augen auf den Ball gerichtet sind.

Der US-Präsident Donald Trump wird womöglich während des Turniers mittendrin sein, gewissenhaft umschwärmt von Infantino. Denn ihre Bromance ist am Ende transaktional. Trump bekommt seine Aufmerksamkeit und seine Geschäfte, Infantino sein Geld. Dafür braucht es nur die richtigen Bilder, die um die Welt getragen werden. So wie bei der heutigen Auslosung.

Quelle: ntv.de

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