"Nie so einen Druck gespürt" Völler spricht über seine größte Herausforderung
16.04.2022, 12:00 Uhr
Rudi Völler erinnert sich an ein hartes Jahr 2002.
(Foto: dpa)
Für Rudi Völler ist die größte Herausforderung seines Fußball-Lebens bereits 20 Jahre her - auch musikalisch. Über den Druck in der WM-Relegation spricht er genauso wie über seinen Spitznamen und um welche zwei Dinge er die heutigen Profis beneidet.
Deutschlands Fußball-Legende Rudi Völler muss heute mit Blick auf zunehmende Diskriminierungen in der Alltagssprache umdenken. "Jede Dekade ist halt anders, die Welt dreht sich weiter. Gewisse Dinge, die wir früher wie selbstverständlich gesagt haben, sagt man heute nicht mehr. Schnitzel mit Zigeunersauce, das ist vorbei", sagte der Weltmeister von 1990 in einem Interview der "Süddeutschen Zeitung".
Seine Kinder würden ihn manchmal ermahnen. "Papa, das darfst du nicht sagen", erzählte Völler. "Man muss nicht alles mitmachen, nur weil es gerade angesagt ist, aber man muss gedanklich beweglich bleiben: Es ist ja ein schmaler Grat zwischen traditionell und altmodisch", sagte der 62-Jährige, der 90 Länderspiele für die DFB-Auswahl bestritten hat. Völler, der als Spieler Weltmeister wurde und mit Olympique Marseille 1993 die Champions League gewann, hört nach dieser Saison als Geschäftsführer des Bundesligisten Bayer Leverkusen auf.
Sein Spitzname "Tante Käthe" habe ihn nie genervt, versicherte Völler. "Das war kein Problem. Aber dieses Lied "Es gibt nur ein' Rudi Völler" war schon hart. 2002 nach unserem zweiten Platz bei der WM war es am schlimmsten", sagte der Hanauer. Bei den vielen Einladungen habe er deshalb immer gesagt: "Okay, ich komme. Aber bitte nicht dieses Lied spielen."
Überhaupt sei 2002 ein ganz besonders forderndes Jahr gewesen. Die größte Herausforderung: "Die Relegationsspiele gegen die Ukraine zur WM 2002. Nie in meinem Leben vorher und nachher habe ich so einen Druck gespürt wie in diesen Wochen vor den Spielen." Er erzählte weiter: Als wir beim Hinspiel in Kiew in den ersten zwanzig Minuten kaum über die Mittellinie gekommen sind, habe ich zu Michael Skibbe gesagt: Könnte sein, dass wir auswandern müssen, ich geh' nach Melbourne."
Neidisch auf die heutige Rasenqualität
Auf eine Frage zur Verwicklung Franz Beckenbauers in die Millionenaffäre rund um die Fußball-WM 2006 sagte Völler: "Ich bin natürlich parteiisch. Aber egal, was da vielleicht gewesen ist: Es gibt keinen Verantwortlichen, dem der deutsche Fußball so viel zu verdanken hat wie Franz Beckenbauer." Er sei sich sicher: "Das Wort Lichtgestalt ist nur für ihn kreiert worden."
Als er einmal gefragt wurde, was er nach seiner Zeit bei Bayer Leverkusen unternehmen wolle, habe er gesagt: "Ich mach' vielleicht was Verrücktes und werde Präsident bei den Kickers. Sofort hatte ich zig Anrufe. Mal schauen."
In der heutigen Zeit würde er nicht lieber Fußballprofi sein wollen als zu seiner aktiven Zeit: "Es gibt nur zwei Dinge, um die ich die Spieler heute beneide: Nicht um das Geld, sondern um den Rasen, auf dem sie spielen dürfen. Auf was für Äckern wir damals gekickt haben." Und dann ist da noch die Sache mit der Zweikampfhärte: "Sie glauben gar nicht, wie ich früher getreten worden bin. Als ich angefangen habe als Spieler in der zweiten Liga - meine erste Freundin musste mir nach jedem Spiel und sogar nach dem Training die Eisbeutel auf die Knie, die Knöchel und die Schienbeine legen. Die Schiedsrichter haben alles laufen lassen."
Quelle: ntv.de, ara/dpa