Dortmund zeigt zwei Gesichter Warum der BVB in der CL erfolgreicher ist als in der Bundesliga
01.06.2024, 09:35 Uhr
Mats Hummels und der BVB treten in der Champions League ganz anders auf als in der Bundesliga.
(Foto: IMAGO/RHR-Foto)
Die Fußball-Bundesliga beendet Borussia Dortmund nur auf Rang fünf, doch international träumen alle BVB-Anhänger noch vom Allergrößten: dem Champions-League-Sieg. Die Datenanalyse zeigt, was die Dortmunder international deutlich besser machen.
An diesem Samstagabend will Borussia Dortmund den zweiten Champions-League-Triumph seiner Geschichte einfahren: In Wembley geht es gegen Rekordsieger Real Madrid (21 Uhr/ZDF, DAZN und im Liveticker bei ntv.de), der zuletzt achtmal in Folge auch den Titel holte, wenn er ins Finale einzog. Die Dortmunder gelten als klarer Außenseiter, doch damit kennen sich die Schwarz-Gelben in dieser Saison aus: Bereits die Gruppenphase mit der AC Mailand, Newcastle United und Paris Saint-Germain hatte es in sich.
Entgegen vieler Erwartungen meisterte der BVB die vermeintliche Todesgruppe jedoch souverän und zog sogar als Gruppenerster ins Achtelfinale ein. Hier bezwang die Borussia die PSV Eindhoven (1:1/2:0). Im Viertelfinale verloren die Dortmunder zwar das Hinspiel gegen Atlético Madrid mit 1:2, aber mit einem furiosen 4:2 im Rückspiel zogen sie ins Halbfinale ein. Hier hieß der Gegner erneut Paris Saint-Germain. Anders als in der Gruppenphase (0:2 in Paris und 1:1 in Dortmund) konnte der BVB beide Spiele (1:0/1:0) gewinnen und zum dritten Mal nach 1997 und 2013 ins Endspiel einziehen.
Im Gegensatz zur Champions League sah der BVB währenddessen gegen die nationale Konkurrenz gar nicht gut aus: Sechs Niederlagen hagelte es gegen die Top 7 der Liga - bei einem Torverhältnis von 19:24. Die Bundesliga beendete Borussia Dortmund nur auf dem fünften Platz. Dank der Champions-League-Reform reicht dieser aber immerhin für die erneute Teilnahme an der Königsklasse - und mit einem Erfolg gegen Real würden die Schwarzgelben sogar noch dem sechsten, Eintracht Frankfurt, die CL-Teilnahme bescheren.
Doch warum lief es für den BVB in der Champions League so viel besser? Eine Antwort könnte die Erwartungshaltung sein. In der Bundesliga waren die Dortmunder als Vorjahres-Fast-Meister meist automatisch in der Favoritenrolle. International wurden sie jedoch häufig als Underdog eingeschätzt. In der Gruppe wurde das Aus befürchtet, in den drei K.-o.-Duellen waren sie nur im Achtelfinale gegen Eindhoven höher eingeschätzt. Die verkehrten Rollen spiegeln sich in den Ballbesitzzahlen deutlich wider: 58,1 Prozent in der Bundesliga und nur 45,6 Prozent in der Champions League.
Doch der BVB agierte in der Königsklasse keinesfalls passiv. Im Gegenteil: Alle Defensivstatistiken sind international etwas besser als national. Die Dortmunder fingen mehr Bälle des Gegners ab, attackierten diesen häufiger und gewannen sowohl am Boden als auch in der Luft mehr Zweikämpfe. Vor allem Mats Hummels zeigte sich international in Topform und konnte mehr als 72 Prozent der Zweikämpfe für sich entscheiden (Bundesliga-Wert: 59 Prozent). So kassierten die Borussen in zwölf CL-Spielen nur neun Gegentore und hielten sechsmal die Null.
Der beste Dortmunder stand allerdings zwischen den Pfosten. In der Bundesliga zeigte Gregor Kobel ebenfalls gute Leistungen, doch in der Champions League sind seine Werte noch besser: 85 Prozent der Torschüsse konnte er abwehren - in der Bundesliga waren es 75 Prozent. Auch Ersatzkeeper Alexander Meyer machte beim 1:1 im Hinspiel gegen Eindhoven ein gutes Spiel.
Die herausragenden Torwartleistungen waren absolut notwendig. Denn trotz der klaren Defensivstrategie kamen die Gegner zu zahlreichen gefährlichen Abschlüssen. Laut der "post shot expected Goals"-Statistik - die alle Schüsse umfasst, die tatsächlich aufs Tor gegangen sind - hätte der BVB eigentlich 15,2 Gegentore (Elfmeter nicht mitgezählt) kassieren müssen. Doch Kobel und Meyer verhinderten zusammen 7,2 Tore mehr als statistisch erwartet. Sie mussten also achtmal aus dem laufenden Spiel heraus hinter sich greifen, dazu kommt ein Handelfmeter im ersten Gruppenspiel bei PSG.
Und da, wo die beiden nicht mehr eingreifen konnten, hatte der BVB dieses Jahr auch das nötige Spiel- bzw. Aluglück. In Erinnerung bleiben natürlich die sechs Pariser Alutreffer im Halbfinale.
Die Defensivtaktik sorgte allerdings auch für weniger Torgefahr in der Offensive. Die Borussen erspielten sich international weniger Torchancen und schossen seltener aufs Tor. Auch die Qualität der Abschlüsse war viel niedriger.
Kurioserweise lag der "expected goals"-Wert in keinem Champions-League-Spiel über dem des Gegners. Die Gegner hätten also eigentlich jeweils mehr Tore schießen müssen, zumindest dieser Statistik nach. Dass die Dortmunder trotzdem siebenmal als Sieger (bei drei Unentschieden und zwei Niederlagen) hervorgingen, zeigt die enorme Effizienz des BVB.
Ob die Dortmunder auch im Finale überraschen können, wird sich am Samstagabend zeigen.
Der Matchplan dürfte jedoch klar sein: Hinten um jeden Preis die Null halten und vorne eiskalt zuschlagen, sobald sich die Möglichkeit dazu bietet.
Quelle: ntv.de