Fußball

Flick hat "darüber nachgedacht" Warum die DFB-Elf nicht in der EM-Quali antritt

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Für Mario Götze und Hansi Flick dauert es noch 15 Monate bis zum nächsten Pflichtspiel mit der deutschen Nationalmannschaft.

(Foto: dpa)

Nach drei miesen Turnieren startet die deutsche Fußball-Nationalmannschaft gegen Peru ins Länderspieljahr 2023. Parallel beginnt die Quali zur EM 2024 in Deutschland. Die DFB-Elf ist zwar sicher dabei, hätte es aber wie Frankreich 2016 machen können. Doch Bundestrainer Hansi Flick hat andere Pläne.

Bis zum Eröffnungsspiel dauert es zwar noch knapp 15 Monate, trotzdem lenkt der europäische Fußball spätestens ab heute seinen Blick auf die Europameisterschaft 2024. Die Qualifikation für das Kontinentalturnier in Deutschland startet und gleich zum Auftakt empfängt Titelverteidiger Italien mit England seinen Finalgegner zur Neuauflage des Endspiels von vor zwei Jahren. Die Auswahl des Deutschen Fußball-Bundes startet am Samstag in Mainz gegen Peru (20.45 Uhr/ZDF und im Liveticker bei ntv.de) ins Länderspieljahr, es ist der erste Auftritt seit dem desaströsen Vorrundenaus bei der Weltmeisterschaft in Katar.

Der Gegner aus Südamerika lässt es bereits vermuten: Für die DFB-Elf geht es nicht um die Qualifikation fürs Großturnier, als Gastgeber ist Deutschland automatisch qualifiziert. Das eröffnet gleichermaßen eine Chance und ein Problem. Die Chance, sich abseits von rein ergebnisorientiertem Fußball im eigenen Tempo auf die EM vorbereiten zu können - und das Problem, bis zum Turnierbeginn kein einziges Pflichtspiel mehr absolvieren zu können. "Es ist wichtig", sagte Bundestrainer Hansi Flick, bis zur "Heim-EM einen guten Kader präsentieren" zu können: "Dafür brauchen wir Alternativen. Diese müssen wir suchen und müssen ihnen auch Zeit geben zum Fördern."

Der Deutsche Fußball-Bund hat das Angebot der Europäischen Fußball-Union (UEFA) ausgeschlagen, als automatisch qualifizierter Gastgeber trotzdem an der Qualifikationsrunde teilzunehmen. "Dadurch haben wir bei der Gestaltung der Länderspielphasen die größtmögliche Flexibilität", hatte noch vor dem WM-Debakel der inzwischen geschasste Oliver Bierhoff erklärt. Stattdessen wolle man auf "mehrere spielstarke Testspielgegner" setzen. Auf den Test gegen Peru folgt am Dienstag in Köln gegen Belgien (20.45 Uhr/RTL) das Duell mit der neuen Mannschaft von Domenico Tedesco, der über Aue, Schalke, Moskau und Leipzig den Weg zu den Roten Teufeln gefunden hat.

Flick sortiert etablierte Kräfte erstmal aus

Dafür wählt die deutsche Nationalmannschaft einen Weg abseits der europäischen Quali-Spiele, die historisch gesehen keine andere Landesauswahl so erfolgreich bestritten hat wie "Die Mannschaft", die nach drei verkorksten Großturnieren eine neue Identität sucht. Die ewigen Tabellen der WM-Quali und EM-Quali weisen für die DFB-Elf jeweils den höchsten Schnitt aller Teams aus, bemerkenswerte 2,58 Punkte pro Spiel auf dem Weg zum Weltturnier und kaum weniger eindrucksvolle 2,34 Punkte pro Spiel auf dem Weg zur Kontinentalmeisterschaft. Die 208 Quali-Auftritte waren oftmals wegweisend für ein erfolgreiches Abschneiden, auch wenn die Aura der Turniermannschaft in den vergangenen Jahren merklich gelitten hat.

Diese Aura möchte der neue Nationalmannschaftsdirektor Rudi Völler neu erschaffen, um die EM 2024 zu einem "unvergesslichen Erlebnis" zu machen - im positiven Sinne, als Kontrast zu den desaströsen WM-Turnieren 2018 und 2022 und der ebenso wenig überzeugenden EM 2021. Klarer Zielpunkt dieser Entwicklung ist das Finale im Berliner Olympiastadion, in dem am 14. Juli 2024 der neue Europameister ermittelt wird. Die Herausforderung für die DFB-Elf bis dahin: Eine konkurrenzfähige Mannschaft auszubilden, ohne in den verbleibenden 16 Monaten ein einziges Pflichtspiel absolvieren zu können.

Gleich sechs Neulinge hat Flick für die Partien gegen Peru und Belgien nominiert, dafür etablierte Kräfte wie Thomas Müller, Antonio Rüdiger oder İlkay Gündoğan nicht berücksichtigt. "Ich war überrascht, dass der eine oder andere nicht dabei ist", sagte der designierte neue Kapitän Joshua Kimmich, auch Emre Can wunderte sich über die Zusammenstellung, erklärte aber auch: "Der Trainer hat eine Idee." Flick wiederum sprach von "neuen Einflüssen", die unverzichtbar seien dafür, dass "eine Mannschaft lebt und sich entwickelt." Ganz "bewusst" habe er in der ausgerufenen Experimentierphase auf etablierte Nationalspieler verzichtet. Die Herausforderungen in dieser Entwicklung wählt der DFB nun selbst aus, statt außer Wertung in einer der Quali-Gruppen mitzuspielen.

Chance auf zwei Pflichtspiele im Sommer aus der Hand gegeben

"Wir haben darüber nachgedacht", sagte Flick dem "Kicker" über die Teilnahme an der EM-Quali, "aber es hätte die Gefahr gegeben, dass unsere Gegner nicht immer mit ihrer ersten Elf angetreten wären." Gegen B-Mannschaften aufzulaufen, soll mit den Testspielen verhindert werden, bisher sind jedoch nur die beiden März-Termine bestätigt. Für Juni sind Medienberichten zufolge drei Tests vorgesehen, im Oktober eine zwei Partien umfassende Reise in die USA.

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Um Zählbares wird es dabei jedoch nicht gehen, was Flick bemängelte, aber auch mitzuverantworten hat. Denn im Sommer, wenn die DFB-Elf voraussichtlich auf die ukrainische Auswahl trifft, findet in den Niederlanden das Finalturnier der Nations League statt. Die Qualifikation dafür hatte Flicks Mannschaft nach dem 5:2-Erfolg über Europameister Italien im Juni 2022 selbst in der Hand, verspielte sie jedoch im September durch eine 0:1-Heimpleite gegen Ungarn und ein 3:3-Unentschieden nach 2:0-Führung gegen England in London. Stattdessen ermittelt Italien gemeinsam mit Spanien, Kroatien und den Niederlanden den dritten Nations-League-Sieger nach Portugal und Frankreich.

Die Franzosen hatten 2016 übrigens die vom DFB ausgeschlagene Option gewählt und außer Wertung die EM-Qualifikation gespielt und je zwei Tests gegen Portugal, Albanien, Dänemark, Serbien und Armenien bestritten. Durchaus mit Erfolg, beim Turnier im eigenen Land gewann die Équipe Tricolore ihre Vorrundengruppe, schaltete auf dem Weg ins Endspiel erst England, dann Island und schließlich durch zwei Halbfinaltore von Antoine Griezmann auch die DFB-Elf aus, verlor dann aber im Finale nach Verlängerung mit 0:1 gegen Portugal. Seit jener EM hat die deutsche Auswahl übrigens kein K.-o.-Spiel mehr bei einem großen Turnier gewonnen. Eine Serie, die Völler und Flick im kommenden Jahr in jedem Fall beenden werden wollen.

Quelle: ntv.de

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