Nach erfolgreicher Relegation Was wird nun aus Bruno Labbadia?
22.05.2018, 12:54 Uhr
Läuft! Bruno Labbadia hat den Klub auf der letzten Rille in der 1. Bundesliga gehalten.
(Foto: dpa)
Der VfL Wolfsburg löst den Hamburger SV als Relegationsspezialist ab. Zum zweiten Mal in Folge erspielt sich der Fußball-Bundesligist über die Saisonverlängerung den Klassenerhalt. Ob der Erfolg aber auch den Retter rettet?
So leer wie er sagte, war Bruno Labbadia nicht. Eher voller verbalem Tatendrang. Nach dem zupackenden Erziehungstipp für seinen Kieler Kollegen Markus Anfang, feuerte der Trainer des gerade erst erneut über die Relegation zur 1. Fußball-Bundesliga geretteten VfL Wolfsburg in alle Richtungen. Mit dem Ergebnis: Diese Mission, die Rettung des millionenschweren VW-Werksklubs war eigentlich nicht möglich, aber geschafft habe er sie trotzdem. "Es war der schwierigste Job, den ich bisher im Fußball hatte", erklärte Labbadia so dann auch bei Eurosport nach dem 1:0 (0:0)-Erfolg im Rückspiel. Das Hinspiel hatten die Wolfsburger mit 3:1 gewonnen - gegen den traurigen und frustrierten Zweitligisten Holstein Kiel.
Holstein Kiel: Kronholm - Patrick Herrmann (80. Peitz), Schmidt, Czichos, van den Bergh - Kinsombi - Schindler, Weilandt (76. Janzer), Mühling, Seydel - Ducksch. - Trainer: Anfang
VfL Wolfsburg: Casteels - William, Knoche, Brooks, Uduokhai - Guilavogui - Malli (76. Camacho), Arnold - Steffen, Brekalo (90.+2 Blaszczykowski) - Origi (84. Dimata). - Trainer: Labbadia
Tore: 0:1 Robin Knoche (75.)
Schiedsrichter: Siebert (Berlin)
Zuschauer: 12.000 (ausverkauft)
Mit Leidenschaft, mit Seriösität und phasenweise auch mit gutem Fußball, hatten die Niedersachsen die drohende Peinlichkeit last minute abgewendet. Und das nach einer Saison, in der Wolfsburg vornehmlich dadurch aufgefallen war Leidenschaft, Seriösität und guten Fußball zu ignorieren. Kombiniert mit einem amtlichen Führungschaos. "Ich habe in den letzten Wochen viel die Faust in der Tasche geballt", outete sich Labbadia. "Da sind einfach so viele Dinge zusammengekommen. Es war wichtig, immer die Ruhe zu bewahren." Doch nicht immer wirkte es so, als habe der Coach alles im Griff. In elf Ligaspielen gab's nur zwei Siege und oft maues Gekicke. Auf Rang 14 bei der Amtsübernahme folgte, der dann erfolgreich absolvierte Umweg über die Relegation, begleitet von bösen Schmähgesängen und Berichten über Missstimmungen in der Mannschaft.
Labbadias Plädoyer für sich selbst
Die sind nun mit einem überzeugenden Saisonendspurt überwunden, nicht aber vergessen. "Ich weiß, was hinter uns liegt. Ich bin sehr zufrieden, das kann ich sagen", sagte Labbadia. Aber er sagt auch: "Jetzt fängt die Arbeit an. Wir haben jetzt ein oder zwei Tage, in denen wir kurz runterfahren. Dann werden wir anfangen. Ich habe den Kram nicht angefangen, um es jetzt den Anderen zu überlassen." Der 52-Jährige hat nun noch einmal den Fehdehandschuh vor die Füße derer geworfen, die den Wolfsburgern bereits eine sportliche Zukunft ohne den erfahrenen Relegationsretter konstruieren wollen. Tatsächlich aber ist die Frage nach der weiteren Zusammenarbeit trotz Vertrags bis 2019 offen. Und viel wird aller Voraussicht nach an der Analyse von Jörg Schmadtke hängen.
Schmadtke wird zur neuer Geschäftsführer Sport am Mittellandkanal. Das jedenfalls berichten mehrere Medien übereinstimmend. Eine offizielle Bestätigung des Klubs steht indes noch aus. Schmadtke, der sowohl Alemannia Aachen, als auch Hannover 96 und den 1. FC Köln als Sportdirektor in den vergangenen Jahren in den Europapokal geführt hatte, erwartet eine knackige Aufgabe. Denn er muss eine Mannschaft umbauen, die in den vergangenen zwei Jahren ohne Plan von einem Champions-League-Teilnehmer zum doppelten Beinahe-Absteiger herabgewirtschaftet wurde.
Der radikale Bruch im Kader
Aus dem Team, das am 6. April 2016 Real Madrid im Viertelfinal-Hinspiel mit 2:0 besiegte (das Rückspiel endete dann 0:3), stehen am 21. Mai 2018 nur noch Joshua Guilavogui und Maximilian Arnold in der Startelf. Hinzukommen noch die damaligen Ersatzspieler Robin Knoche und Koen Casteels. Der Rest? Weg. Verkauft. Ein Mario Gomez (kam allerdings erst im August 2016) beispielsweise ebenso ohne Not wie der Schalke nun überragende Naldo. Eine Identität mit dem Klub ? Bestensfalls sporadisch ausgeprägt. Eine Spielidee? Eine? Viele! Fünf Trainer gab's seit dem Madrid-Sieg (später folgte noch der Pokaltriumph).
Und nun? "Die letzten zwei Jahre waren nicht der Anspruch des VfL Wolfsburg", sagt Arnold. "Das muss man klar ansprechen und ändern. Ich hoffe, dass der gesamte Verein die richtigen Lehren daraus ziehen wird." Auch Labbadia hat immer wieder angedeutet, das es im Verein ganz dringend Reformen braucht. Konkret wurde er aber zumindest öffentlich nicht. So erklärte er am Montagabend nochmal: "Das kannst du jetzt nicht auch noch angehen." Da war das Tagesgeschäft erstmal wichtiger." Abgearbeitet. Pause. Dann wird Schmadtke kommen. Und mit ihm das Gerücht um Hannes Wolf. Ein Trainer mit Perspektive. Ein Spielerentwickler. Ein Mann, dem Experten eine klare Spielidee nachsagen. Mit der konnte Labbadia zuletzt kaum mehr überzeugen. Es kann sein, dass die erfolgreiche Relegation den Retter nicht rettet.
Quelle: ntv.de