Fußball

"Was ist, wenn Geimpfte klagen?" Watzke verliert Geduld und warnt vor Panik

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Die eskalierte Zuschauer-Debatte mit ihren erschreckenden Zahlen und Schuldzuweisungen springt von der EM auf die Bundesliga. Obwohl die Endrunde gerade als Superspreader-Event identifiziert und kritisiert wird, wollen die Klubchefs zur neuen Saison unbedingt Fans in den Stadien sehen.

Borussia Dortmunds Klub-Boss Hans-Joachim Watzke plädiert dafür, wieder Zuschauer in größerem Umfang in der neuen Saison in die Stadien der Fußball-Bundesliga zu lassen. "Diese permanente Panik, dass wir jetzt bei einer Inzidenz von fünf schon wieder so tun, als wenn die Welt untergeht", sagte Watzke bei der Vorstellung des neuen BVB-Coaches Marco Rose, angesprochen auf Corona-Infektionen während der paneuropäischen EM-Endrunde, "genau wie wir vor acht oder neun Monaten so getan haben, als wenn kein einziges Intensivbett in Deutschland mehr frei wäre. Ich warne davor, zu viel Panik zu verbreiten."

Watzke will das Westfalenstadion bei Heimspielen zumindest zu einem Drittel laut Vorlage der nordrhein-westfälischen Landesregierung füllen. Zudem weist er auf ein anderes Problem hin: "Was ist, wenn die ersten Geimpften klagen, warum sie nicht ins Stadion dürfen? Warum soll ein Stadion nur mit Geimpften nicht ausverkauft sein? Wenn wir nicht bereit sind, das irgendwann wieder zuzulassen, müssen wir sagen: 'Okay, wir ergeben uns, Covid-19.' Dann werden wir nie mehr unser altes Leben zurückkriegen. Oder glaubt irgendeiner von euch, dass die nächsten Jahre kein Covid-Fall mehr auftritt? Dann können wir auch glauben, dass es keine Grippe mehr gibt und was weiß ich. Vielleicht auch kein Weihnachten mehr. Das war's von mir dazu."

Nicht nur Watzke plädiert für eine Fan-Rückkehr. Rund sechs Wochen vor Saisonstart positionieren sich auch weitere Bundesligisten. "Ein zweites Jahr nur mit Geisterspielen bedroht all die Klubs in ihrer Existenz, die im Wesentlichen auf Eigenerlöse angewiesen sind", sagte Vorstandssprecher Axel Hellmann von Eintracht Frankfurt, der via "Sport Bild" die politisch Verantwortlichen unter Druck setzt: "Die Politik muss aus dem Dornröschenschlaf aufwachen, wir haben nicht mehr viel Zeit. Wir brauchen klare Ansagen innerhalb der nächsten vier Wochen, sonst können die Klubs überhaupt nicht planen."

18.000 Zuschauer beim Auftaktspiel?

Dass klare Vorgaben der Politik angesichts der dynamischen Entwicklung nur schwer möglich sind, müssten Hellmann und Watzke nach fast eineinhalb Jahren inmitten der Pandemie allerdings wissen. Wie die Verordnungen Mitte August aussehen werden, kann niemand realistisch einschätzen. Ganz sicher will kein Politiker riskieren, in ähnlicher Form wie derzeit die UEFA für einen Anstieg der Fallzahlen durch die Erlaubnis von zu vielen Besuchern in den Arenen verantwortlich gemacht zu werden.

Völlig offen ist auch, ob die Verhandlungen zwischen den Staatskanzleien des Bundes und der Länder tatsächlich zu einer bundesweit einheitlichen Regelung führen. Und so sind alle Planspiele der Bundesländer, die wie schon zu Beginn der vergangenen Spielzeit zu einem Flickenteppich führen könnten, mit dem Vermerk "Stand jetzt" versehen. So könnte das Auftaktspiel zwischen Borussia Mönchengladbach und Bayern München laut der aktuellen Regelungen vor 18.000 Zuschauern stattfinden. Denn in Nordrhein-Westfalen, wo am ersten Spieltag vier Partien steigen, darf ein Drittel der Stadionkapazität ausgeschöpft werden - wenn die Nachverfolgung der Besucher gewährleistet ist.

"Gehen von einer Steigerung nach und nach aus"

Deshalb rechnet auch Arminia Bielefeld mit knapp 9000 Zuschauern. "Anschließend gehen wir von einer Steigerung nach und nach aus", sagte Finanz-Geschäftsführer Markus Rejek dem "kicker". Warum sein Kollege Jan Lehmann vom FSV Mainz 05 zum Saisonstart auf den Einlass "aller 13.000 Dauerkartenbesitzer" hofft, ist allerdings sein Geheimnis. Derzeit sind in Rheinland-Pfalz 5000 Zuschauer im Freien erlaubt.

Noch wesentlich geringer ist die Zahl in Bayern. 1500 sind im Freistaat momentan zulässig. Dass 14.000 Besucher zu den EM Spielen in die Münchner Arena dürfen, beruht auf einer Ausnahmeregelung. Dennoch hofft der FC Augsburg zunächst auf 6000 Zuschauer. "Wirtschaftlich wäre es für uns und die bayerischen Vereine sehr wichtig, wenn mindestens ein Drittel zugelassen würden", äußerte FCA-Finanzboss Michael Ströll.

In Niedersachsen gibt es zwar positive Signale von der Politik, konkret wird aber auch Ministerpräsident Stephan Weil nicht. "Ob wir mit 20, 25 oder 30 Prozent starten werden, steht noch nicht fest", sagte der SPD-Politiker der Welt. Wenn es nicht konkreter wird, wird von den Vereinen bereits mit möglichen Klagen gedroht. "Wir beschäftigen uns auch mit der Frage", gab dann auch Frankfurts Hellmann zu Protokoll: "Es ist dabei weniger eine Frage des Klagen-Wollens als vielmehr des Klagen-Müssens."

Quelle: ntv.de, tno/sid/dpa

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