Barças 17-jähriger "Beckenbauer" Wenn plötzlich ein Teenie-Phänomen Kylian Mbappé stoppt
10.04.2024, 15:13 Uhr
Pau Cubarsí gilt als das große Defensiv-Versprechen beim FC Barcelona.
(Foto: IMAGO/Pressinphoto)
Beim FC Barcelona soll er eine ganz Ära prägen: Pau Cubarsí ist erst seit zwei Monaten 17 Jahre alt und hat nur ein Dutzend Spiele für die Katalanen absolviert, doch er gilt bereits als große Hoffnung. Der Tischlersohn soll nun PSG stoppen - und den Avancen Pep Guardiolas widerstehen.
Was haben Sie, werte Leserin und werter Leser, mit 17 Jahren gemacht? Oder was wollen Sie dann vielleicht mal treiben? In einem Viertelfinale der Champions League gegen den wohl besten und definitiv explosivsten Stürmer der Welt verteidigen? Das wäre kein Novum mehr, denn Pau Cubarsí wird dieses schwere Unterfangen für seinen FC Barcelona am Abend gegen Paris Saint-Germain (21 Uhr/DAZN und im Liveticker auf ntv.de) angehen. Geboren ist der Innenverteidiger im Januar 2007 - und wird bei den Katalanen bereits als "neuer Beckenbauer" gehandelt.
Aufgewachsen als Sohn einer Tischlerfamilie in Estanyol einem kleinen Dorf mit nicht einmal 200 Einwohnern, das 10 Kilometer südlich von Girona liegt, was die meisten Deutschen wohl als Billigflieger-Flughafen von Barcelona kennen, gilt Cubarsí als ruhig, höflich und gelassen. Beschaulich ist das Leben des jungen Talents seit ein paar Monaten aber beileibe nicht mehr. Legte er doch einen kometenhaften Aufstieg hin. Nun soll der Tischlersohn, der bereits als der derzeit beste Innenverteidiger der Blaugrana angesehen wird, mal eben Wirbelwind Kylian Mbappé stoppen. Ningún problema.
Der FC Barcelona ist mächtig stolz. Auf sein neues Juwel, auf sein neues Phänomen. Auf dessen Entwicklung. Schließlich ist der Klub seit jeher für seine hervorragende Nachwuchsarbeit bekannt. Nun ist Cubarsí der neue Stern am Himmel von "La Masia", der Talentschmiede des Vereins, die sich mit der Ausbildungsarbeit von Lionel Messi, Xavi Hernández, Carles Puyol oder Pep Guardiola schmücken kann. Anfang des Jahres gab der Innenverteidiger als 16-Jähriger im Copa del Rey beim Sieg gegen Unionistas CF sein Debüt für das Profi-Team und lieferte gleich eine Vorlage. Von diesem Tag an avancierte er zur absoluten Stammkraft und absolvierte jedes Liga-Spiel, nun wartet in der Königsklasse seine größte Herausforderung.
Cubarsí neuer Puyol oder Piqué
Doch auch drei Vize-Weltmeister, PSG könnte mit Mbappé, Ousmane Dembélé und Randal Kolo Muani auflaufen, dürften den Youngster nicht erschrecken. Denn selbst wenn das Erfahrungsdefizit riesig sein wird, Cubarsí verblüfft in Spanien jede Begegnung aufs Neue durch seine Abgeklärtheit, weshalb er im März bereits für die spanische Nationalmannschaft debütierte. Bei seinem ersten und bisher einzigen Champions-League-Spiel, dem 3:1-Sieg gegen Neapel im Achtelfinal-Rückspiel, wurde der Abwehrmann gleich zum Spieler der Partie gewählt. Den SSC-Stürmer Victor Osimhen, einst das große Einkaufsziel des FC Bayern, schaltete Cubarsí eiskalt aus. Mit weiteren Juwelen wie Lamine Yamal, Gavi und Pedri gilt er als die Zukunft Barcelonas und Spaniens.
Cubarsí zeichnet sich durch eine seltene Kombination von spielerischen, koordinativen und mentalen Fähigkeiten aus, die angesichts seines jungen Alters und seiner geringen Erfahrung in höchsten Fußballklassen noch viel besser werden können. Obwohl der Teenager nicht der schnellste Spieler auf dem Platz ist, kompensiert er dies durch seine außergewöhnliche taktische Intelligenz und starkes Zweikampfverhalten. Weil er Situationen schnell erkennt, ist er meist rechtzeitig da, um seinem Teamkollegen zu helfen.
Sein Stellungsspiel und sein Mut werden in Spanien mit dem Puyols verglichen. Hinzu kommt vor allem ein bereits exquisit ausgebildetes Aufbauspiel über kurze und lange Wege - logo, er entstammt ja "La Masia" -, das ihn zu einem perfekten modernen Innenverteidiger machen könnte und viele Katalanen an Gerard Piqué erinnert. Nur eines seiner elf Liga-Spiele ging verloren, dazu gab es acht Siege und zwei Unentschieden.
Muss nicht gleich Beckenbauer sein
"Ich bin ruhig und versuche, weiterhin ich selbst zu sein, mit meiner Routine, so wie ich es immer getan habe", sagte der Youngster, der in den U13-, U15- und U17-Teams der Katalanen die Binde trug, jüngst dem spanischen Online-Portal "sport.es". Mit dem FC Barcelona wolle er sich "in der Champions League bis ins Finale kämpfen und sie uns gewinnen". Große Ziele für einen jungen Mann. Ansonsten lässt er aber lieber sein Spiel auf dem Platz sprechen.
Im Monat März war Cubarsí der Barcelona-Spieler mit den meisten erfolgreichen Pässen, 365 mit einer Passgenauigkeit von 92,4 Prozent. Obwohl der junge Verteidiger mit 184 Zentimetern nicht zu den größten auf seiner Position zählt, war er in den vergangenen Wochen dank seiner Antizipation sowohl am Boden (55,6 Prozent) als auch in der Luft (50 Prozent) ein zuverlässiger Zweikämpfer. Im gleichen Zeitraum absolvierte er 84 erfolgreiche Dribblings über fünf Meter, nur Nationalmannschaftskapitän İlkay Gündoğan (103) und Real Madrids Mittelfeldspieler Aurélien Tchouaméni (85) schafften mehr in LaLiga mehr.
In einem schwierigen Jahr für Barcelona ist Trainer Xavi stets ganz außer sich vor Freude, wenn er über Cubarsí sprechen darf, seinen "konzentrierten und verantwortungsbewussten Jungen". Nach dem 4:0-Ligasieg über Getafe (4:0) Ende Februar ging João Cancelo aber weiter mit dem Lob als jeder vor ihm. Der junge Spanier teilte ein Bild auf seinen sozialen Medien und der ehemalige Bayern-Star schrieb "Franz Beckenbauer Cubarsí" darunter, in Erinnerung an den am 7. Januar verstorbenen Kaiser. Agil, gute Antizipation, intelligente Spielweise: Ein wenig passt der Vergleich, wobei man in Barcelona wohl auch mit einer einfachen Weltklasse-Karriere zufrieden wäre, es muss ja nicht gleich eine Lichtgestalt sein.
Cubarsí zu Guardiola?
Hauptsache, man kann den Youngster, der im vergangenen Sommer seinen Vertrag bis 2026 verlängert hat und mit dem der Klub eine baldige Vertragsverlängerung vornehmen will, halten. Gerüchte über die Zukunft von Cubarsí sind bereits im Umlauf. Angeblich sind sowohl Manchester City als auch der FC Chelsea scharf auf seine Unterschrift, Pep Guardiola wollte ihn wohl schon zum englischen Meister lotsen, als er noch in den Jugendmannschaften spielte.
Bei Barça träumen sie ob seines Potenzials, seiner kontinuierlichen Fortschritte und seines Einsatzes bereits von einer großen Cubarsí-Ära. Doch der Junge ist erst vor gut zwei Monaten 17 Jahre alt geworden, er muss noch einige Entwicklungsprozesse durchlaufen, um sich etwa den Rang eines Puyol - seinem fußballerischen Idol - zu erarbeiten. Pau Cubarsí kann noch nicht einmal Auto fahren und wird auch nicht in der Lage sein, sein Wahlrecht bei den katalanischen Parlamentswahlen am 12. Mai auszuüben. Bartstoppeln schmücken sein Gesicht genauso wenig. Doch Kylian Mbappé in die Schranken weisen, das geht. Was manch einer mit 17 Jahren eben so treibt.
Quelle: ntv.de