Bizarre Show bei PSG "Woanders hätte Neymar mehr verdient"
04.08.2017, 15:11 Uhr
Love is in the air: Klubpräsident Nasser Al-Khelaifi freut sich über Neymars Ja-Wort.
(Foto: REUTERS)
Klingt nach Gehirnwäsche im Eiltempo: In Dauerschleife erklärt Superstar Neymar, dass sein Wechsel nach Paris ein Herzenswunsch sei. Ums Geld, empört er sich, sei es nie gegangen. Derweil relativiert sein Boss den Ablöse-Wahnsinn.
Hätte sich ein mutiger Sponsor gefunden, der das Wort "Herz" bei jeder Nennung mit fünf Euro vergütet hätte, Paris St. Germain hätte bei der offiziellen Präsentation seines neuen Superstars Neymar die Ablöse von 222 Millionen Euro fast schon gegenfinanziert. Mit jedem gesprochenen Satz begeistert, besser "erherzt" sich der schnieke gekleidete, akkordgrinsende brasilianische Fußball-Nationalspieler ein bisschen mehr für seinen neuen Arbeitgeber. Und der sich in gleicher Intensität für seinen Neuzugang vom FC Barcelona.
Bevor sich der 25-jährige Fußballer und Klubpräsident Nasser Al-Khelaifi vor den gut 100 Journalisten niederlassen und zum herzzerreißenden Schmalztalk ansetzen, flimmert erstmal eine eilig zusammengeschustere Protz-Maz in den Vereinsfarben über zwei große Leinwände. Die Botschaft: "Welcome to Paris, Neymar." Willkommen im neuen Kapitol des Weltfußballs. Dieses Projekt haben der potente Scheich und sein kickender Platzhalter ausgerufen. Dieses Projekt, diese Herausforderung sei es auch gewesen, warum "sich der beste Fußballer der Welt" (Khelaifi) für Paris entschieden habe.
Um das Projekt zu präzisieren braucht es übrigens kein üppiges Exposé. Es ist im Prinzip ganz simpel: "Wir wollen alles gewinnen, was es gibt", sagt der katarische Klubchef. Mit Neymar. "Danke, dass du da bist." Ein Lächeln, so verlegen, wie beim ersten Date. Gestört wird die Romantik nur kurz – von der Frage nach dem Geld. Denn verschiedenen Medienberichten zufolge umfasst der Transfer ein Volumen von bis zu 800 Millionen Euro – vermutlich ein Viertel davon geht direkt oder indirekt an den Spieler. Auch ein gutes Argument für den Wechsel?
"Geld war nie mein Motiv"
Kurze Empörung bei Neymar. "Die Leute wissen nichts über mich und über mein Leben. Geld war nie mein Motiv. Ich denke nur über das Glück nach. Über meines und das meiner Familie. Wenn ich dem Geld gefolgt wäre, wäre ich in einem anderen Land gelandet. PSG glaubt an mich und mein Potenzial. Es war eine Entscheidung für einen großartigen Klub. Mein Herz hat gesagt: Geh' nach Paris." Achja. Und nur damit es alle wissen: Aus Barcelona sei er auch nicht wegen seiner womöglich verkannten Starrolle hinter Lionel Messi geflüchtet. Es sei schließlich – kurze Erinnerung – eine Herzensentscheidung gewesen, wenn auch eine schwierige. Ob es für das "Herz" denn auch eine neue, noch astronomischere Ausstiegsklausel gebe, fragt ein englischer Kollege. Keine Antwort. Nachfrage. Wieder ignoriert.
Kaum weniger pikiert ob der monetären Miesmacherei zeigt sich der katarische Gönner. "Woanders könnte Neymar viel mehr Geld verdienen, als das, was wir ihm bezahlen können." Das sei, so stellt ein Journalist fest, dennoch eine ganze Menge. Und plötzlich wird's völlig bizarr: "Vielleicht scheint das heute teuer, in zwei drei Jahren ist das aber sicher nicht mehr teuer. Wir haben Neymar auch als Marke verpflichtet. Das war nicht teuer. Wir werden mit ihm mehr verdienen, als wir für ihn ausgegeben haben." Und wie steht's um das viel diskutierte Financial Fairplay? "Wir sind von Anfang an sehr transparent damit umgegangen. Wir stehen in engem Kontakt mit der Uefa und der Fifa. Der Deal ist mit den Regeln vereinbar. Machen sie sich keine Sorgen. Wir sind in guten Händen. Sie können Kaffeetrinken gehen" Details? Keine. So viel zur Transparenz.
Der neue brasilianische Hoffnungsträger war erst am Vormittag um 11 Uhr am Flughafen Paris-Bourget angekommen und anschließend direkt in einem schwarzen Van mit abgedunkelten Scheiben zum Hotel Royal Monceau in die Innenstadt gefahren worden. Gleich mehrere Reporter hatten den 25-Jährigen seit seiner Abfahrt begleitet, als er mit seiner Entourage und Vater Neymar da Silva Santos senior sein Haus in Barcelona verließ und zum Flughafen der Metropole gebracht wurde.
In der französischen Hauptstadt hatten die Fans des Klubs indes schon Stunden vor Öffnung des Fanshops am Champs Élysées in der Nähe des Arc de Triomphe ausgeharrt, um eines der ersten Neymar-Trikots mit der legendären Nummer zehn zu erhalten. Phasenweise war die Schlange über 100 Meter lang. Die Erwartungen an den neuen Superstar sind gewaltig, die Ablöse abartig astronomisch, der Druck, den der Spieler spürt dagegen verschwindend gering. "Ich bin hungrig auf Fußball. Ich will Titel gewinnen." Plötzlich ist Fußball wieder so einfach.
Quelle: ntv.de