Klare Folgen der TV-Rekordjagd Wütender Klopp "frisst" entsetzten Journalisten auf
07.12.2023, 11:34 Uhr
Hier weiß Klopp noch nichts von dem bald anstehenden Wutinterview.
(Foto: IMAGO/PA Images)
Nach dem 2:0 bei Sheffield United ist Jürgen Klopp alles andere als zu Späßen aufgelegt. Verteidiger Joel Matip fällt lange verletzt aus und ein TV-Moderator nervt zudem mit "Witzen". Da wird er wütend. Sein Ausbruch ist auch eine Folge der Unterhaltungsmaschine Fußball, die in England perfektioniert wird.
Jürgen Klopp hat sich mal wieder mit einem TV-Reporter gestritten und dabei den Finger in die geldtropfende Wunde des englischen Fußballs gelegt. Von dieser profitiert auch die Trainer-Ikone des FC Liverpool. Aber der Reihe nach. Eigentlich war am Mittwoch-Abend alles in Ordnung nach diesem 2:0 bei Sheffield United.
Die Reds hatten sich erneut an Tabellenführer Arsenal herangepirscht und konnten sich wenig später gleich noch einmal freuen: Das 0:1 von Manchester City bei Aston Villa manifestierte die Ergebniskrise des Dauerrivalen Pep Guardiola, der nun mit seinen Skyblues seit vier Spielen ohne Sieg ist und vorerst den Anschluss an die Spitze verloren hat.
Doch Klopp war keineswegs zu Späßen aufgelegt, als er nach dem Spiel am Tisch von Amazon stand und mit Moderator Marcus Buckland ins Gespräch ging. Sie plauderten, Buckland sprach von all den Wettbewerben, in denen Liverpool noch mitmischt und ging auf das kommende Spiel gegen Crystal Palace ein. Das findet bereits am Samstag um 13:30 Uhr MEZ statt, also um 12:30 Uhr lokaler Zeit.
"Jürgen, ich bitte um Entschuldigung"
Das Mittagsspiel steht auf Klopps Beliebtheitsskala am untersten Ende. Er hat sich in der Vergangenheit oft darüber beschwert und so zuckte es ihn ihm, denn das Gespräch ging in eine ungute Richtung. Das sei doch Klopps "beliebteste Anstoßzeit", witzelte Buckland und traf damit den für den ehemaligen Mainzer komplett falschen Ton. "Es ist wirklich mutig von Ihnen, darüber einen Witz zu machen", schimpfte er: "Mir ist klar, dass Sie es nicht so gut verstehen und im Fußball arbeiten, also warum sollte ich es noch einmal erklären? Wenn Sie daraus einen Witz machen, sind Sie ignorant."
Auch Bucklands Versuche, Klopp zu beschwichtigen, liefen ins Leere. "Ich wollte nicht respektlos sein", sagte der Moderator. "Das waren Sie bereits", kläffte Klopp zurück. "Jürgen, ich bitte um Entschuldigung", hallte es zurück, doch die Antwort war wenig versöhnlich: "Aber alles gut. Sie können sagen, was Sie wollen. Ich kann nicht sagen, was ich will - denn das wäre wirklich etwas anderes."
Warum spielt England überhaupt um 12:30 Uhr?
So weit, so Klopp. Der 56-Jährige hat in manchen Momenten kein Interesse daran, sein Unverständnis zurückzuhalten. Dann bekommt es sein Gegenüber zu spüren. Das ist in Deutschland immer wieder passiert, man erinnere nur sein Interview mit ZDF-Mann Jochen Breyer nach einer BVB-Niederlage bei Real Madrid im Frühjahr 2014. Und das ist auch in England keine Neuigkeit: Klopp kann genauso dünnhäutig wie erfolgreich sein. Diesmal rührte es wohl auch aus der Verletzung des ehemaligen Schalkers Joel Matip, der sich im Spiel bei Sheffield United einen Kreuzbandriss zugezogen hatte und womöglich für den Rest der Saison ausfallen wird.
Der von Klopp seit Jahren mit Vehemenz kritisierte Termin am Samstag ist eines der Verkaufsargumente für die TV-Rechte der Premier League. Er existiert, um den samstäglichen TV-Blackout für den Fußball zwischen 14:45 Uhr und 17:15 Uhr lokaler Zeit zu umgehen. Er existiert aber auch, um die Liga für die asiatischen TV-Schlüsselmärkte wie China, Hongkong oder Singapur aufzuhübschen.
Den Preis, den die Vereine zahlen
Die Premier League hat viele unterschiedliche Slots für unterschiedliche Märkte. Sie erzielt international und national Erlöse, von denen andere Ligen längst nicht mehr träumen können. Erst in dieser Woche feierte sie einen neuen nationalen Rekorddeal. Der höchstdotierte TV-Vertrag, der bislang in Europa abgeschlossen wurde, bringt der Liga ab 2025/2026 über eine Dauer von vier Jahren beinahe acht Milliarden Euro ein oder eben rund zwei Milliarden Euro pro Jahr. Dazu kommt jährlich in etwa die gleiche Summe von ungefähr zwei Milliarden Euro aus der Auslandsvermarktung. Die englische Liga ist auch deswegen den anderen Ligen in Europa enteilt.
Der Preis der Vereine dafür ist die Zersplitterung der Spieltage für die unterschiedlichen TV-Märkte. Sie geben dafür ein Stück ihrer Selbstbestimmung ab. Wer wann spielt, das entscheiden - im Rahmen einiger gesteckter Grenzen - die TV-Anbieter und nicht die Klubs. Der Preis der Vereine dafür ist auch der Ausverkauf alter Traditionen. Selbst der TV-Blackout, der Zuschauer in die Stadien treiben soll, ist längst nicht mehr in Stein gemeißelt, sondern vielmehr nur noch eine weitere stille Reserve für den nächste Rechtepoker sind.
Am Ende profitieren von all diesen gigantischen Summen die Akteure im Spiel Fußball, das von Klopp in seinem Wut-Gespräch mit Buckland vollkommen zurecht als "Entertainment" eingeordnet wurde. Doch manchmal zerreißt es die Liverpool-Ikone und er überzieht mit seinem Entertainment. Dann gibt es wieder was zu berichten. Die Maschine muss laufen.
Quelle: ntv.de, sue