Der heikle Fall Manuel Riemann Zerreißprobe für Bochum: Umstrittener Torwart kehrt zurück
18.11.2024, 07:30 Uhr
Manuel Riemann kehrt ins Teamtraining des VfL Bochum zurück.
(Foto: IMAGO/Jan Huebner)
Manuel Riemann war für den VfL Bochum oft ein Garant für Punkte in wichtigen Spielen. Doch ausgerechnet vor der Relegation im Mai kommt es zum Bruch zwischen Torwart und Klub. Riemann wird freigestellt, es geht vor Gericht. Vor dem entscheidenden Termin gibt es nun eine überraschende Wende.
Überraschende Wende am Sonntagabend: Der VfL Bochum und seine langjährige Nummer eins im Tor, Manuel Riemann, einigen sich im Streit um die Freistellung des 36-Jährigen doch noch außergerichtlich. Das berichten mehrere Medien. Auch ntv.de kann das bestätigen. Beide Parteien hätten sich sonst an diesem Dienstag vor dem Arbeitsgericht Bochum gegenüberstehen sollen. Der Termin ist nun hinfällig. Riemann wird demnach ins Training der Profimannschaft ab sofort wieder integriert. Am Montagmittag bestätigte der Klub offiziell die Entscheidung. Welche Rolle im Team der Torwart künftig übernehmen wird, das ist aber weiter völlig unklar.
"Es ging auch darum, in der aktuell sportlich schwierigen Phase, weitere Unruhe zu vermeiden, die ein öffentlicher Gerichtsprozess nach sich gezogen hätte", sagte VfL-Geschäftsführer Ilja Kaenzig in einer Mitteilung des Klubs. Die Bedingungen für die Reintegration seien gemeinsam besprochen worden. Rückblickend halte der VfL zudem "nochmals fest, dass es entgegen teilweise kursierender Gerüchte zu keinem Zeitpunkt zu Handgreiflichkeiten gekommen."
In den vergangenen Wochen war das Thema Rückkehr von Riemann stärker diskutiert worden. Vor allem nach der Trennung von Trainer Peter Zeidler und Sportdirektor Marc Lettau. Im Präsidium soll es allerdings laut "Bild"-Zeitung ein klares Votum gegen Riemann gegeben haben. Nun wurde der Widerstand aufgegeben, womöglich auch, um die unsichere Mannschaft, um die es nach dem Trainerwechsel zu Dieter Hecking gerade erst wieder ruhiger wird, nicht erneut einer Spaltung auszusetzen. Denn mehrere Spieler hätten vor Gericht aussagen müssen. Spieler aus den Lagern für und gegen Riemann. Da wären womöglich unangenehme Details aus der Zeit rund um die Freistellung ans Licht gekommen.
Schwere Vorwürfe gegen Riemann
Wie geht's nun also weiter? Es ist kaum vorstellbar, dass der umstrittene Torwart wieder zur Stammkraft wird. Zumindest vorerst nicht. Zu viel war passiert seit der höchst emotionalen Relegation gegen Fortuna Düsseldorf. Riemann war für die Duelle freigestellt worden, wegen "unüberbrückbaren unterschiedlicher Auffassungen zu teaminternen Themen." Was das genau bedeutet? Viel war spekuliert und berichtet worden, aber der Torwart soll sich mit der Mannschaft nicht mehr identifiziert, nicht mehr an die Rettung in dieser Konstellation geglaubt haben. Es gab sogar den Vorwurf einer körperlichen Attacke.
Er durfte seither nicht am Training der Profimannschaft teilnehmen. Der VfL bot ihm lediglich an, Einheiten mit der wieder eingeführten U21 oder individuell mit einem Torwarttrainer zu bestreiten. Dagegen ging Riemann, der in rund neun aufwühlenden Jahren 290 Pflichtspiele für den VfL bestritt, juristisch vor. Mit der nun eben überraschenden Wende, die der neue Trainer Dieter Hecking indes voll akzeptiert: "Das Thema habe ich geerbt", hatte er bereits vorab gesagt. Er wünsche sich die beste Lösung: "Wenn es da eine Lösung geben sollte, in die eine oder andere Richtung, werde ich sie mittragen. Das ist doch klar", erklärte er im Sport1-"Doppelpass".
Sportlich wäre Bedarf
Nun hat die Mannschaft nach der geglückten Last-Minute-Rettung ihr Gesicht verändert, aber einige Spieler aus dem Lager gegen Riemann sind noch dabei. Und auch in Fankreisen ist das Rückkehr-Thema alles andere als unumstritten. Nicht wegen des sportlichen Werts, den der 36-Jährigen noch haben könnte, vor allem in der Rückrunde, wenn er über das Training wieder Rhythmus aufbaut. Denn über die aktuelle Nummer eins, Patrick Drewes, wird nach einigen Wacklern und unglücklichen Aktionen schon diskutiert. Sein Herausforderer Timo Horn, einst Stammkraft beim 1. FC Köln, ist seit langem ohne Spielzeit. Sportlich wäre also durchaus Platz.
Aber Riemann hatte viele Fans gegen sich aufgebracht. Wegen der Umstände, die im Mai zur Freistellung geführt haben und weil er gegen den Verein juristisch vorging. Vor wenigen Wochen wurde in der Ostkurve ein Plakat hochgehalten, in dem Ultras ankündigten, gegen jeden zu kämpfen, der sein persönliches Wohl über das des Klubs stellt. An wen genau das gerichtet war, war unklar. An den Vorstand? Riemann könnte aber durchaus auch gemeint gewesen sein. Seine Rückkehr stellt den Klub auf jeden Fall vor eine Zerreißprobe.
Seit Jahren ist der Keeper eine polarisierende Persönlichkeit in Bochum. In vielen Spielen brachte er seine Gegner zur Verzweiflung, wuchs in Duellen gegen den FC Bayern und andere Topteams über sich hinaus, leistete sich aber immer auch wieder dicke Böcke. Seine Emotionen halfen der Mannschaften in vielen Spielen, aber seine Wut über Fehler sorgte vor allem in der vergangenen Saison für viel Unsicherheit und Missstimmung im Team. Neben Kapitän Anthony Losilla und Außenverteidiger Christian Gamboa gehört Riemann aber zu jenen Spielern, die den VfL Bochum leben und die größten Emotionen in den Verein hereingebracht haben.
Quelle: ntv.de, tno