Redelings Nachspielzeit

Skandal um Manuel Riemann Wie der VfL Bochum die Kontrolle über seinen Keeper verlor

Der Streit zwischen Manuel Riemann und dem VfL Bochum war nicht mehr zu kitten.

Der Streit zwischen Manuel Riemann und dem VfL Bochum war nicht mehr zu kitten.

(Foto: IMAGO/kolbert-press)

Am Montag eskaliert der Streit zwischen Manuel Riemann und seinem VfL Bochum. Die Relegationsspiele zur Fußball-Bundesliga wird der Klub ohne seinen Stammtorhüter bestreiten. Die Nachricht sorgt unter den Fans für Aufsehen - und die Gerüchteküche kann die Gemüter nicht beruhigen.

In Windeseile verbreitete sich gestern Mittag unter den Fans des VfL Bochum das Gerücht, dass es dieses Mal nicht nur bei verbalen Querschlägen des langjährigen Stammkeepers Manuel Riemann gegenüber seinen Mitspielern geblieben sein soll. Offiziell bestätigt wurden die Mutmaßungen seitens des Vereins natürlich nicht. Ganz im Gegenteil. Die offizielle Pressemitteilung des VfL Bochum las sich eher wie eine Mitteilung eines Schrebergartenvereins, der sich mit einem Mitglied nicht darüber einig werden konnte, ob auch in Zukunft die Karnickelhaltung erlaubt sein soll oder nicht ("unüberbrückbare unterschiedliche Auffassungen", so der Wortlaut des VfL). Sprich: Die Mitteilung des Klubs von der Castroper Straße war inhaltlich weitgehend nichtssagend, äußerst vage und vor allem, angesichts der Dimension und der Tragweite der Entscheidung, verwirrend harmlos.

Doch dass es beim Relegationsteilnehmer hinter verschlossenen Türen offensichtlich nicht um eine Bagatelle ging, zeigte sich an der unmittelbaren Reaktion des Torhüters. Denn Manuel Riemann räumte nach der Unterredung mit verschiedenen Vereinsvertretern unverzüglich seinen Spind in der Kabine. Vermutlich zum letzten Mal. Denn mit höchster Wahrscheinlichkeit wird der impulsive, langjährige Keeper des VfL Bochum seine Habseligkeiten dort auch nie wieder einräumen. Zu groß scheinen die Differenzen, die sich nun in einem beispiellosen Akt nur wenige Tage vor den zwei entscheidenden Partien gegen Fortuna Düsseldorf einer völlig verrückten und verkorksten Saison für den VfL entluden.

Damit hat der Klub eine Situation geschaffen, die am Ende nur noch zwei Optionen zulässt. Entweder setzt der temporäre Verzicht auf Manuel Riemann ("Der VfL stellt klar, dass es sich nicht um eine Suspendierung oder Bestrafung handelt") neue Kräfte innerhalb des Vereins und der Mannschaft frei oder der Klub scheitert krachend mit seiner Strategie der Kaderfreistellung seines ersten Torhüters für die letzten beiden Spiele der Saison. Wie auch immer die Situation am Ende auch ausgehen mag - sie passt so frappierend zu einer Spielzeit, die schon jetzt zu einer der größten Achterbahnfahrten in der Vereinsgeschichte gezählt werden darf. Und dabei ist die Saison auch insbesondere in der Causa Riemann noch lange nicht vorbei, wie der Klub selbst in seiner Pressemitteilung ankündigte: "Der VfL und Manuel Riemann werden diese Situation nach Saisonende aufarbeiten." Doch was genau ist eigentlich passiert?

Butscher lobte Riemann

Schon länger ist der Stammkeeper des VfL Bochum durch seine heftigen Verbalattacken - die nicht nur der neutrale Beobachter, sondern offensichtlich auch die Mannschaft selbst als wenig förderlich, weil negativ geprägt, empfunden hat - auf dem Spielfeld aufgefallen. Und immer wieder hat man von Seiten des Vereins versucht, Riemann auf unterschiedliche Art und Weise in diesem Punkt einzufangen. Zuletzt hatte Trainer Heiko Butscher sogar seinen äußerst unkonventionellen Ansatz in Bezug auf Riemanns ausgeprägtes Mitteilungsbedürfnis öffentlich angesprochen, als er sagte: "Wir nutzen alle Kanäle, um gut zu sein und auf bestimmte Situationen reagieren zu können. Wir haben darüber auch mit Manuel Riemann gesprochen und haben einen Kanal für den Austausch gefunden. Das ist ein Weg, um alle Ressourcen zu nutzen. Wir haben Trainer auf der Tribüne und wir haben mit Manuel Riemann einen Torwart auf dem Platz, der ein Spiel sehr gut lesen kann. Das nutzen wir für uns aus." Doch auch dieser Plan ist ganz offensichtlich gescheitert.

Denn die Ausraster - in welcher Form auch immer - des Torhüters rund um den 34. Spieltag und der finalen Niederlage des VfL Bochum in Bremen haben gezeigt, dass eine wichtige Sache offenbar nun auch nicht mehr funktionierte, die Butscher als zentral für das gemeinsame Miteinander angesehen hatte: "Nach dem Spiel können wir uns, und das ist ganz wichtig, immer in die Augen schauen. Der Respekt voreinander ist komplett da."

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Doch so simpel die Kader-Ausbootung des Keepers im Grunde auch erscheinen mag, sie enthüllt im Kern einen erschreckenden Blick ins Innere der Mannschaft des VfL Bochum. Denn Coach Butscher sagte ebenfalls vor ein Tagen noch: "Manuel Riemann will Spiele gewinnen. Das hat er mit uns, dem Trainerteam gemeinsam. Und diesen Siegeswillen versuchen wir auf die Mannschaft zu übertragen." Und genau darin liegt das aktuelle Problem des Klubs. Denn in einem Team, das sich seit Wochen in fortschreitender Auflösung befindet, war Riemann ganz ohne Frage noch jemand, der den Verein und die Mannschaft vor Schlimmerem bewahren wollte.

Totale Resignation bei Riemann

All das, was sich da um die Partie in Bremen herum abgespielt haben mag, war offensichtlich auch ein Ausdruck der totalen Resignation bei Riemann. Er sah wohl schlicht und ergreifend keine Mannschaft mehr vor sich, die bedingungslos alles für den Klub und seine Fans tun wollte. Und das hat den häufig von Ehrgeiz zerfressenden Torhüter emotional komplett aus der Bahn geworfen. Möglicherweise sogar so stark, dass er sich zu Taten hat hinreißen lassen, die weit über das Akzeptable hinausgehen.

Beim VfL Bochum werden sie nun alles in ihrer Macht Stehende versuchen, die negativen Ereignisse der letzten Tage in positive Energien umzuwandeln - und vor allem endlich wieder die Kontrolle über die Geschehnisse zu bekommen. Man darf gespannt sein, ob und wie das gelingt. Die leidgeprüften Fans des Klubs werden auf jeden Fall am Donnerstagabend um 20.30 Uhr hinter ihrer Mannschaft stehen und sie nach vorn peitschen. Man kann nur hoffen, dass sich die elf Spieler auf dem Rasen der besonderen Situation bewusst sind. Denn das Schlimmste für den Verein und seine Fans wäre es, wenn Manuel Riemann mit seiner "unterschiedlichen Auffassung" am Ende Recht behalten sollte.

Quelle: ntv.de

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